Kesseltreiben
Wir haben überlegt, welchen Kuchen du backen sollst, weil Sonntag doch die Kinder gekommen sind.«
Schnittges mochte es gar nicht glauben, dass er endlich einen Treffer gelandet zu haben schien.
»Um wie viel Uhr am Samstag?«, fragte er.
»Könnte so kurz nach eins gewesen sein.« Willemsen überlegte gründlich. »Wir essen um zwölf, bis wir fertig sind und gespült haben … dann das Stück bis zum Friedhof … Ich würde schätzen, so Viertel nach eins, ja.«
»War der Mann allein?«
»Ja, außer uns war da keiner.«
»Was hat er gemacht?«
»Sich die Grabsteine angeguckt.«
»Haben Sie mit ihm gesprochen?«
»Nein«, antwortete die Frau. »Der sah nicht so aus, als wollte er gestört werden. Und das tut man ja auch nicht, auf einem Friedhof, gehört sich nicht.«
»Hatte der Mann irgendetwas bei sich?«
»Ich habe nichts gesehen.«
»Doch«, meinte Willemsen, »der hatte so eine dünne schwarze Aktentasche dabei.«
»Am Samstag auch?«
»Am Samstag auch.«
»Finkensieper hat bei van Beek gewohnt. Haben Sie …«
»Der soll bei van Beek gewohnt haben? Das kann ich nicht glauben. Die vermieten doch schon lange keine Zimmer mehr.«
Gegen Mittag setzte sich das Team kurz zusammen. Van Appeldorn hatte in einer Bäckerei für alle belegte Brötchen besorgt.
»Ich wollt’ schon dat Pizzataxi kommen lassen«, sagte Ackermann, »aber wenn Norbert die Spendierhosen anhat, umso besser.«
Cox meldete sich als Letzter zu Wort. »Die Kollegen in Radevormwald bemühen sich redlich, aber sie haben Finkensiepers Eltern immer noch nicht erreicht. Und der Tote ist offiziell noch nicht identifiziert. Wir sollten Wehmeyer bitten.«
»Lass uns noch ein, zwei Tage warten«, entgegnete van Appeldorn. »Irgendwann müssen die Eltern doch wieder in der Zivilisation auftauchen.«
»Wie du meinst«, sagte Cox. »Dann also weiter im Text: Ich habe mit Arnsberg gesprochen. Die neue Auskiesungsfläche liegt zwischen der Niers und Graefenthal.« Er ging zur Tafel, an der er eine Karte von Kessel und Umgebung aufgehängt hatte. »Genau hier. Das Grundstück gehört Kurt Goossens, der auch liebend gern verkaufen würde. Leider gibt es Probleme mit der Abbaugenehmigung, weil der neue Besitzer von Graefenthal, ein gewisser Hubert Grantner, dagegen geklagt hat.«
»Was ist denn das, Graefenthal?«, fragte Penny.
»Ein altes Kloster in Kessel«, antwortete van Appeldorn.
»Da haste aber Sand dran«, widersprach Ackermann, »dat liegt schon auf Asperdener Grund.«
Van Appeldorn ließ sich nicht beirren. »Was früher zu Kessel gehört hat. Es ist ein Kloster aus dem dreizehnten Jahrhundert, gegründet von Graf Otto III. von Geldern für Zisterzienserinnen.«
»Meine Fresse, has’ du ‘n Geschichtsbuch gefrühstückt?«
Van Appeldorn lächelte müde. »Ich war vor ein paar Wochen mal sonntags mit meiner Familie dort. Graefenthal war einmal eine wohlhabende Abtei mit eigenen Bauernhöfen, Wassermühlen, Ackerland und Wald. Die Nonnen haben sich um gefallene Mädchen gekümmert. In der Zeit der Säkularisierung ist es dann geräumt worden, die Klosterkirche wurde abgerissen, der Rest ist zweihundert Jahre lang verfallen. Jetzt hat es dieser Grantner gekauft und will es wieder instand setzen.«
»Wat will der?«, rief Ackermann. »Dat is’ ‘n knallharter Geschäftsmann, ‘n Eventmanager, wie ich gehört hab. Der will da ‘n Hotel draus machen oder irgendwat für Großveranstaltungen. Instand setzen, dat ich nich’ lache! Der hätte fast dat Grab von diesem Otto von Geldern plattgemacht, aber Gott sei Dank is’ ihm der Denkmalschutz auf die Schliche gekommen.«
»Das mag ja alles sein«, sagte Cox kühl. »Auf alle Fälle wehrt sich der Mann vehement dagegen, dass sein Kloster demnächst mitten im Wasser steht. Und so, wie ich es bei den Arnsbergern herausgehört habe, handelt es sich bei Grantner um einen unangenehmen Zeitgenossen.«
»Dann sollten wir uns den Kerl mal zur Brust nehmen«, meinte Schnittges. »Wohnt er da auf dem Anwesen?«
»Ja«, antwortete van Appeldorn, »ich habe mich damals kurz mit ihm unterhalten.« Er schaute sie der Reihe nach an. »Wenn ihr nichts dagegen habt, dann würde ich ihn mir gern vornehmen, in Ordnung? Und vielleicht hast du Lust mitzukommen, Penny. Der alte Kreuzgang ist wirklich schön.«
»Ich habe nichts gegen ein bisschen Sightseeing«, nickte Penny.
»Und wir zwei, Bernie, gehen weiter Klinken putzen«, sagte Ackermann munter.
Penny war entzückt, als sie
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