Ketten der Liebe
Garten anschauen.«
Draußen fanden sie einen kleinen, viereckigen Garten vor, in dessen Mitte ein runder Marmorteich war. Eine Bronzelilie erhob sich darin und versprühte feinen Wasserdunst in die Luft. Es gab keine Pflanzen irgendeiner Art, obwohl man Beete dafür gegraben hatte.
»Rosen, Lilien und Tabakpflanzen«, sagte Zaynab. »Und auch süße Kräuter. Ich glaube, im Teich sollten echte Wasserlilien wachsen. Was meinst du, Sheila? Und wir werden das Wasser parfümieren, um den Effekt noch zu verstärken.«
Die Reinemachefrau traf ein, und kurze Zeit später waren die beiden Zimmer völlig sauber.
Walladah kehrte zurück und gab ihre Zustimmung zu ihren Bemühungen. »Welche Möbel werdet Ihr benötigen, Herrin?«
»Sheila kennt meine Wünsche und wird Euch begleiten, um sie auszusuchen«, erwiderte Zaynab süßlich. »Und wo sind die Eunuchen, von denen ich mir einen aussuchen kann?«
»Sie warten vor der Tür auf Euch, Herrin. Soll ich sie hereinrufen?« antwortete Walladah. Ein kleines Lächeln huschte über ihre Mundwinkel. Sie hatte schon mit Zahra gesprochen. Sie hatten die Eunuchen persönlich ausgewählt. Nur einer von ihnen war wirklich geeignet. Die anderen waren unbedeutend. In ihrem jugendlichen Stolz würde diese Zaynab sicherlich den wählen, den sie aussuchen sollte. Walladah öffnete die Türen und befahl den sechs Eunuchen einzutreten. »Hier sind die Kandidaten, die ich für Euch ausgewählt habe, Herrin«, sagte sie. »Welchen davon werdet Ihr nehmen?«
Zaynab betrachtete die Eunuchen, die vor ihr standen. Zwei davon waren schon alt. Einer war mittleren Alters, sah aber dümmlich aus. Einer war sehr jung. Ein weiterer war enorm dick und wirkte völlig verschlafen. Der sechste war ein würdevoller dunkelhäutiger Mann. Fünf von ihnen waren so ausgesprochen untauglich, daß Zaynab sofort wußte, welchen davon sie anstellen sollte. Ohne Zweifel war er Walladahs Spion. Sie schaute sich die sechs kritisch an. Der hellhäutige Junge mit dunklem Haar sah nervös und zugleich sehr unglücklich aus. Sie zeigte bestimmend auf ihn.
»Ich nehme den da«, sagte sie mit einer Stimme, die keinen Einspruch duldete.
»Herrin«, protestierte Walladah, »für eine solche Verantwortung ist er viel zu jung! Wählt doch jemand anderen.«
»Wollt Ihr mir etwa sagen, daß Ihr mir einen unbrauchbaren Kandidaten vorgestellt habt?« wollte Zaynab wissen. »Ich wähle diesen jungen Eunuchen, weil er sich leichter einfügen wird als die anderen.« Sie wandte sich dem Jungen zu. »Wie heißt du?«
»Naja, Herrin«, antwortete der Junge.
»Aber er hat unter den anderen Eunuchen keinen Einfluß«, widersprach Walladah. »Er wird Euch überhaupt nichts nützen, Zaynab.«
»Es ist nicht nötig, daß er Einfluß hat«, sagte Zaynab nüchtern. »Wenn ich die Gunst unseres Herrn, des Kalifen, gewinne, dann wird Naja durch mich einflußreich werden, Walladah. Wenn Ihr nun mit Sheila gehen würdet und ihr gestattet, meine Möbel auszusuchen ...«
Die Herrin der Frauen zog sich geschlagen zurück und nahm die fünf abgelehnten Eunuchen mit sich.
Sheila grinste und zwinkerte ihrer Herrin an. Dann folgte sie Walladah.
Als sie allein waren, wandte sich Zaynab an Naja. »Du kannst mir ruhig vertrauen, wenn ich dir sage, daß ich die Favoritin des Kalifen werde. Ich bin nicht nur irgendeine Konkubine, sondern eine Liebessklavin. Kennst du den Unterschied?«
»Ja, Herrin«, sagte der Junge.
»Walladah wollte, daß ich den großen, dunkelhäutigen Mann wählte, der mit Sicherheit ihr Spion ist.
Ich habe statt dessen dich gewählt, weil ich von dir uneingeschränkte Loyalität erwarte, Naja. Sollte ich jemals entdecken, daß du mich hintergehst, werde ich dafür sorgen, daß du eines furchtbaren Todes stirbst, und niemand wird dich vor meinem Zorn schützen können. Glaubst du mir das?«
»Ja, Herrin«, erwiderte der Junge. »Nasr, der, den Ihr wählen solltet, spioniert für Zahra und nicht für Walladah, obwohl er auch in ihrer Schuld steht.«
Zaynab nickte. Die Lieblingsfrau des Kalifen wußte also bereits von ihr. Sie würde eine Gegnerin abgeben, die man nicht unterschätzen durfte. Aber vielleicht mußte es ja nicht so kommen. Sie würden sich möglicherweise nie anfreunden, aber sie mußten auch keine Feindinnen sein. »Zahra verschwendet ihre Zeit, wenn sie mich ausspionieren will«, erklärte Zaynab daraufhin Naja. »Ich will ihr die Zuneigung des Kalifen nicht nehmen. Ja, ich könnte es gar nicht. Eine Frau
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