Ketten der Liebe
Fluß hinauf nach Madinat al-Zahra brachte. Sie hatte keine Gelegenheit gehabt, die Stadt wirklich zu sehen.
Wo auch immer sie hinkamen, blühte der Handel. Die Stadt war berühmt für ihre Lederarbeiten, Silberwaren und Seidenstickereien. Menschen aus allen Ländern der bekannten Welt gingen durch die Straßen Cordobas. Die unterschiedlichen Gesichter und Kleidungen faszinierten Zaynab. Der Kalif gab ein Drittel seines Staatsbudgets, mehr als sechs Millionen Dinare pro Jahr, für den Bau und die Instandhaltung der Aquädukte, der Kanalisation und der öffentlichen Bauten aus, unterrichtete Naja sie stolz. »Cordoba«, versi cherte er ihnen, »ist die schönste Stadt der ganzen Welt, und noch dazu die reichste.«
»Wie findest du die Stadt?« fragte der Kalif Zaynab, als sie am Nachmittag zum Alcazarpalast zurückkehrten.
»Es ist wundervoll«, sagte sie, »aber viel zu groß, als daß ich dort wohnen könnte, Herr. Im Vergleich dazu wirkt Madinat al-Zahra klein. Ich habe noch nie so viele unterschiedliche Leute gesehen!«
Am nächsten Tag reisten sie nach al-Rusafa weiter. Es war einst der Sommerpalast der Herrscher von al-Andalus gewesen, aber nach der Errichtung Madinat al-Zahras war er außer Mode gekommen. Der Palast lag romantisch mitten in den wunderbaren Gärten am Fluß. Er war vom ersten Abd-al Rahman erbaut worden und war eine Nachbildung des ursprünglichen al-Rusafa, das der Kalif Hischam an den Ufern des Euphrat vor den Toren Bagdads errichtet hatte. Die Gärten wurden vom Fluß bewässert, genau wie die ursprünglichen Gärten. Zaynab fand alles bezaubernd.
Sie richtete sich in dem kleinen Marmorhaus in der Mitte des Gartens ein, das an einem kleinen See stand, der künstlich geschaffen war. Im Zentrum des Sees stand ein prächtiges Sommerhaus. Der Kalif versprach ihr, daß sie es eines Tages besuchen würden. Sie liebte ihr neues Haus. Es hatte einen geräumigen, hellen Tagesraum, wo sie sich die Zeit damit vertreiben konnten, Schach zu spielen oder zusammen zu singen, während sie auf ihrem Rebec musizierte. Es gab ein Schlafgemach für sie mit einem angrenzenden Bad, zwei kleinere Kammern für Sheila und Naja und einen Raum, in dem Naja die Mahlzeiten zubereiten konnte. Zaynab klatschte vor Freude in die Hände, als sie es sah.
»Ich muß nichts davon mit irgendwem teilen!« lachte sie.
»Mißfällt der Harem dir so sehr?« fragte er sie. Seine Hand fuhr über ihr helles Haar. »Magst du die Gesellschaft anderer Frauen nicht?«
»Herr, wenn Ihr wüßtet, wie ich aufgewachsen bin, dann würdet Ihr mich verstehen«, erklärte Zaynab.
»Außer zwei Dienerinnen waren meine Mutter, meine Schwester und ich die einzigen Frauen in Ben MacDui. Meine Mutter bevorzugte meine Schwester, also verbrachte ich mehr Zeit alleine als mit ihnen zusammen. Sheila ist die erste richtige Freundin, die ich je hatte. Ich bin mir gar nicht so sicher, ob ich Frauen überhaupt mag. Sie tratschen zuviel und sie können so grausam sein. Ich finde die Welt um mich herum viel aufregender, als mich stundenlang zu verschönern. Die Haremsfrauen sind größtenteils ein faules Pack. Meine Welt vor al-Andalus war so begrenzt, Herr. Es gibt hier so viel zu sehen und zu lernen! Ich wurde zur Liebessklavin ausgebildet. Ich sollte mich um nichts kümmern, als Vergnügen zu geben und zu empfangen, aber das ist nun für mich ein unnatürliches Leben, da meine Augen den Wundern der Welt geöffnet worden sind! Ich hoffe, ich enttäusche Euch nicht, mein Gebieter, denn das möchte ich wirklich nicht.« Sie schmiegte sich in seinen Arm. »Ihr seid so gut zu mir.«
Sie ist ein Wunder, dachte er, als er neben ihr im Bett lag. Es hatte damit begonnen, daß sie die sinnlichste Frau gewesen war, die er je gekannt hatte. Es gab immer noch nichts, was er sich körperlich von ihr wünschte und was sie ihm nicht schenkte. Aber diese Kindfrau in seinem Besitz hatte ihm soviel mehr zu bieten. Kein Tag verging, an dem sie ihn nicht erstaunte und entzückte. Daß sie erst jetzt, in seinen späten Tagen, zu ihm gekommen war, war ein Jammer. Hätten sie sich doch nur in seiner Jugend getroffen - sie hätten ein Geschlecht von Riesen gezeugt!
»Du wirst mich nie enttäuschen, Zaynab«, sagte er ihr aufrichtig. »Ich habe von einem Spiel gehört, das man Liebessklavinnen beibringt. Man nennt es die Gefangene Rose. Hat Karim al Malina dir diese Form der Unterhaltung beigebracht, meine Schöne?« Seine tiefblauen Augen blickten sie direkt an.
Zaynab
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