Key of Valor 03 - Zeit Des Gluecks
»Dann bis Weihnachten.«
»Zoe«, sagte Crystal, als sie sich zur Tür wandte. Zögernd trat sie auf ihre Tochter zu und umarmte sie verlegen. »Du warst schon immer ein seltsames Kind«, wiederholte sie. Dann wandte sie sich wieder zu ihrer Küchentheke und begann, ihre Arbeitsutensilien vorzubereiten.
Als die Sommertür hinter ihr zufiel, traten Zoe die Tränen in die Augen. »Wiedersehen, Mama«, murmelte sie und lief erneut zum Wald.
Sie wusste nicht, ob sie mit dieser Reise in die Vergangenheit wirklich etwas erreicht hatte. Aber es fühlte sich richtig an, genau wie die verlegene, kurze Umarmung ihrer Mutter. Es war möglicherweise ein Ansatz, um eine persönliche Wunde zu heilen und den Schlüssel zu finden.
Sie musste sich bestimmt erst selbst verstehen, bevor sie etwas anderes verstand. Sie musste verstehen, warum sie ihre Entscheidungen getroffen hatte und wohin sie sie geführt hatten. Erst dann würde sie begreifen, welche Entscheidung sie treffen musste, um den Schlüssel zu finden.
Eilig lief sie den Weg entlang. Jetzt würde sie nach Morgantown fahren, sich noch einmal die Zimmer anschauen, die sie damals gemietet hatte, am Salon und dem Laden, in dem sie gearbeitet hatte, vorbeifahren und an dem Krankenhaus, in dem Simon zur Welt gekommen war. War dort ebenfalls etwas unerledigt geblieben? Etwas, das sie lösen und sehen musste? Sie hatte dort beinahe sechs Jahre gewohnt, die ersten sechs Jahre im Leben ihres Sohnes. Aber sie hatte keine bleibenden Freundschaften geknüpft. Warum eigentlich nicht? Sie war mit ihren Arbeitskollegen gut ausgekommen und hatte sich mit den Nachbarn und ein paar anderen jungen Müttern ab und zu getroffen.
Während sie dort lebte, hatte sie zudem Beziehungen zu zwei Männern gehabt. Es waren nette Männer gewesen, aber trotzdem waren es nur flüchtige Begegnungen geblieben.
Morgantown war eben nie der richtige Ort für sie gewesen, wurde ihr klar. Er war kein Ziel, sondern lediglich ein Rastplatz.
Damals hatte sie es nicht mal geahnt, aber ihr Ziel war das Valley gewesen. Malory und Dana. Der Peak, der Schlüssel.
Gehörte Bradley dazu und war er ebenso unverzichtbar für ihr Leben wie die anderen?
Geh weiter, sagte sie sich. Geh weiter und warte ab.
Sie blickte auf die Uhr und überlegte, wie viel Zeit ihr noch blieb, um nach Morgantown und von dort wieder nach Hause zu fahren.
Sie müsste es eigentlich schaffen, wieder zu Hause zu sein, bevor Simon aus der Schule kam. Aber vielleicht sollte sie doch besser anrufen und Dana und Malory informieren, dass sie heute nicht zur Arbeit kam.
Dafür würde sie morgen besonders früh ins Haus fahren, und heute Abend konnte sie schon die Überzüge für das Sofa fertig nähen. Vielleicht würde sie morgen Zeit haben, rasch bei HomeMakers vorbeizufahren, um die Regale, die sie benötigte, zu kaufen. Dann könnte sie sie zusammenbauen, und wenn die nächste Produktlieferung pünktlich käme, könnte sie …
Auf einmal blieb sie stehen und schaute sich um.
Sie war vom Weg abgekommen. Das geschah ihr recht. Sie war unaufmerksam und gedankenverloren gewesen. Das Gehölz war dichter geworden und voller Dornen, die ihr Hose und Jackett ruinieren würden, wenn sie nicht aufpasste.
Zoe spähte zum Himmel und versuchte, am Stand der Sonne die richtige Richtung abzuschätzen, aber es waren Wolken aufgezogen, und sie konnte nichts erkennen.
Sie würde auf demselben Weg zurückgehen, beschloss sie. Es war ja eigentlich egal, zumal der Wald hier nicht größer als ein Fußballfeld war, ein Keil zwischen dem Feld und dem Wohnwagengelände.
Verärgert steckte sie die Hände in die Taschen und machte sich auf den Rückweg. Es war kühler geworden, und die Luft roch auf einmal nach Schnee. Sie schritt tüchtig aus, um rasch zu ihrem Auto zu gelangen, aber gleichzeitig, um sich warm zu halten.
Die Bäume waren größer geworden und standen dichter zusammen. Die Schatten waren für diese Tageszeit viel zu lang. Kein Laut war zu hören. Der Wald war still wie ein Grab.
Wieder blieb sie stehen, verwirrt darüber, dass sie sich hier, wo sie schon als Kind gespielt hatte, verirrt haben sollte. Natürlich veränderten sich die Dinge, alles veränderte sich. Aber gerade der Wald war doch nicht viel anders geworden.
Ihr Magen krampfte sich zusammen, als sie bemerkte, dass die Schatten auf dem Pfad zunehmend länger wurden. Wieso gab es Schatten, wenn die Sonne doch gar nicht schien?
Als die ersten Flocken fielen, hörte sie plötzlich
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