KGI: Blutiges Spiel (German Edition)
verabscheuungswürdig, aber nicht hierfür.
Mit gehetztem Blick schaute Sarah Garrett an, und er konnte erkennen, wie sie sich innerlich zurückzog. Rasend schnell baute sie eine Schutzmauer auf, als wollte sie sich gegen seine Zurückweisung wappnen.
Aber er näherte sich ihr, Zentimeter für Zentimeter, und ließ seine Hand schützend über ihre gleiten. »Du wirst es zurückbekommen.«
»Er hat mich vergewaltigt«, stieß sie hervor. »Ich habe ihm vertraut, und er hat mich vergewaltigt.«
Er wünschte, er wäre einer derjenigen, die für jede Gelegenheit die passenden Worte fanden, aber das war er nun mal nicht. Er war nicht einfühlsam, er war nicht sensibel, er konnte nicht mit Worten umgehen. Er handelte. Das konnte er.
Zärtlich hob er ihr Kinn, bis sich ihre Blicke wieder trafen. Ihre wunderschönen Augen schimmerten feucht, und er erinnerte sich, dass sie zuvor stets so tapfer gewesen war, stets die Tränen unterdrückt hatte. Hatte sie je um ihretwegen geweint? Oder hatte sie den Kummer über ihr eigenes Schicksal immer verdrängt?
»Süße, du hast ihm vertraut, und er hat dein Vertrauen missbraucht. Das ist seine Schuld. Nicht deine. Niemals. Am liebsten würde ich diesem Dreckskerl die Eier abschneiden, aber ich weiß, dass dir das auch nicht weiterhilft.«
Sie lachte kurz auf, und eine einzelne Träne lief ihr über die Wange. Er fing sie mit dem Daumen auf und wischte sie weg, hörte jedoch nicht auf, sie zu streicheln.
»Er ist tot«, flüsterte sie. »Marcus hat ihn umgebracht.«
»Ich weiß«, antwortete er leise. »Aber es war doch ein nettes Szenario, oder?«
Diesmal musste sie herzhaft lachen, ihre Augen wurden wieder ein wenig lebhafter. Wie gern hätte er sie jetzt in die Arme genommen und ihr gesagt, alles werde wieder gut! Aber wie sollte er das wissen? Es waren bloß Worte, und Plattitüden halfen ihr jetzt auch nicht weiter.
Schlagartig war die Verzweiflung wieder da. Sie entzog ihm die Hand und wischte sich über die Augen. »Großer Gott, ich lache, und dabei ist wegen mir ein Mensch gestorben. Weil ich nicht selbst für mich eingetreten bin.«
»Er hat den Tod verdient«, erwiderte Garrett scharf. »Jeder Mann, der Jagd auf Frauen macht, verdient einen langsamen, qualvollen Tod. Deine Schuldgefühle verdient er hingegen nicht.«
»Es geht nicht nur um ihn. Mein Bruder hat für mich getötet. Als er herausfand, was Cross mir angetan hatte, konnte er seine Wut nicht mehr zügeln. Ich hätte es ihm niemals erzählen dürfen. Aber er wusste es ohnehin. Er wusste, dass etwas Schreckliches passiert war.«
Sie sprach immer schneller, die Worte überschlugen sich fast, aber er hörte schweigend zu, damit sie sich alles von der Seele reden konnte.
»Ich war am Boden zerstört. Ich konnte nicht einmal mehr meine Wohnung verlassen. Ist das nicht lächerlich? Ich hatte Angst rauszugehen, weil ich dann die Tür hätte aufsperren müssen. Ich wollte ihm auf keinen Fall begegnen. Dabei lagen die Chancen, dass sich unsere Wege kreuzen würden, nachdem ich bei ihm gekündigt hatte, praktisch bei null. Ich bin nicht zur Polizei gegangen, weil ich die ganze Zeit Allens Worte im Ohr hatte, dass mir kein Mensch glauben würde. Ich war so dumm. Wieso habe ich es zugelassen, dass er mich so lange kontrolliert?«
»Nein, du warst nicht dumm.«
Ihre Augen wurden glasig, sie war in ihrer Vergangenheit gefangen und durchlebte jede Sekunde neu. Er hatte sie gebeten, ihm zu vertrauen, aber er hatte keine Ahnung gehabt, welche Überwindung sie das kosten würde. Und wie schmerzhaft es für ihn sein würde, es aus ihrem Mund zu hören, auch wenn es nur seine Vermutung bestätigt hatte.
»Marcus kommt nicht zu Besuch. Ich meine, nicht oft. Aber du weißt bestimmt, dass er …« Sie schüttelte den Kopf. »Er verbringt nicht viel Zeit in den USA. Aber wir schicken uns regelmäßig E-Mails. Er sorgt sich ständig um mich und will immer wissen, ob ich etwas brauche. Er hatte damals ständig versucht, mich zu erreichen, und als ich nicht reagiert habe, ist er in meine Wohnung gekommen. Es war schon Monate her. Monate . Aber für mich war es, als wäre es erst vor einer Woche gewesen. Anfangs habe ich mich geweigert, Marcus zu erzählen, was los war. Aber er ließ nicht locker. Er war sehr beunruhigt und wollte mich zu einem Arzt bringen. Er dachte, ich wäre krank. Als ich es ihm schließlich erzählte, drehte er durch. Ich habe gedacht, das wäre bloß Gerede. In der Hitze des Gefechts sagen die Leute
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