Killashandra
wurde.
Denn jemand, der so aktiv wie Killashandra gelebt hatte, empfand die erzwungene Muße als schlimme Strafe. Um sich die Zeit zu vertreiben, hatte sie die Broschüre genommen und durchgelesen und versucht, etwas aus diesem Vielzweckbaum herauszuholen. Sie hatte schon bemerkt, daß viele Nebenstämme der Bäume gekappt waren. Das Handbuch verriet ihr, daß man sie wegen des weichen Kerns oder des weichen nahrhaften Marks schnitt. War diese Störung der >Natur< durch die Inselbewohner ein Grund für die Disziplinierung durch die Bewohner des Festlandes?
Wie weit war das Festland überhaupt entfernt? Sie konnte nicht einmal raten, wie lange sie bewußtlos gewesen war. Auf jeden Fall länger als einen Tag. Sie wünschte, sie hätte die optherianische Geographie gründlicher studiert, denn sie hatte keine Ahnung, wo auf der Planetenoberfläche sich ihre Insel befand. In den ersten Tagen hatte sie mehrmals voller Unruhe die Insel umrundet, denn es gab Nachbarinseln, die, obwohl ebenso klein wie ihre, quälend nahe schienen. Auf ihrer Insel gab es wenigstens eine sprudeine Quelle, die auf der Erhebung aus den Felsen entsprang und in die Lagune mündete. Und wenn sie ihren Augen trauen konnte, war ihre Insel die größte in dieser Gruppe.
Bevor sie mit dem Studium des Brotbaums begonnen hatte, war sie zur nächstgelegenen Insel geschwommen.
Jede Menge Brotbäume, aber kein Wasser. Und hinter dieser Insel waren noch weitere zahllose Inselchen im klaren blaugrünen Meer verstreut — einige gerade groß genug, um eine einzige Gruppe von Brotbäumen zu tragen. Also war sie zu ihrer Insel zurückgekehrt, die unter vielen schlechten immer noch die beste war.
Obwohl sie sich mit ihrer Hände Arbeit einen etwas ungewöhnlichen Speiseplan zusammenstellen mußte, blieb Killashandra genug Zeit, endlos über ihre Situation zu spekulieren. Sie war aus einem bestimmten Grund gekidnappt worden — um eine Überprüfung der restriktiven optherianischen Gesetze zu erzwingen. Die FSP, ganz zu schweigen von ihrer eigenen Gilde, würde ein solches Vergehen keinesfalls tolerieren. Wenn —
und hier ließ sie ihr spärliches Wissen über die Optherianer im Stich — wenn die Optherianer der FSP und der Heptitergilde gegenüber zugaben, daß sie entführt worden war.
Dennoch, die Ältesten brauchten zum Sommerfestival eine funktionierende Orgel, und dazu benötigten sie einen Kristallsänger, der die Installation vornehmen konnte. Die Kristalle hatten sie jetzt, aber sie würden eine so komplizierte Arbeit sicher nicht selbst versuchen. Ach, so kompliziert war sie eigentlich nicht, wie Killashandra wußte, aber die Kristalle würden sich als schwieriges Material erweisen, wenn man sie nicht ordentlich behandelte. Angenommen also, die Optherianer suchten nach ihr — würden sie dann auch an die Inseln denken? Würden die Inselbewohner mit dem herrschenden Ältesten Kontakt aufnehmen und über die Bedingungen für ihre Freilassung verhandeln —
und wenn ja, würde der Handel auch erfolgreich verlaufen?
Wahrscheinlich nicht, dachte Killashandra, solange die Ältesten noch Hoffnung hatten, sie innerhalb der nächsten zwei Monate zu finden. Natürlich würde das ihren Zeitplan durcheinanderbringen. Wenn sie ein anderes Gildenmitglied als Ersatz anforderten, würden mindestens drei Monate vergehen, bevor ihr Kollege Optheria erreichte; selbst wenn die Optherianer zugaben, daß sie bereits ein Gildenmitglied verloren hatten.
Was sie selbst anging, würde sie mit Sicherheit durch-drehen, wenn sie noch einige Monate auf der Insel verbringen mußte. Und wenn die Optherianer einen zweiten Sänger anforderten, der den verdammten weißen Kristall installieren konnte, dann würde man die Suche nach ihr aufgeben.
Nach vielem Überlegen, teils im stillen, teils laut, kam Killashandra darauf, daß es am klügsten war, wenn sie sich selbst um ihre Rettung kümmerte. Ihr Entführer hatte einige Details übersehen, und das wichtigste war wohl, daß sie eine ausgezeichnete Schwimmerin war, die durch das Singen in der Oper und das Kristallsingen gut entwik-kelte Lungen besaß. Körperlich war sie sehr gut in Form.
Sie konnte von Insel zu Insel schwimmen, bis sie eine bewohnte fand, von der man sie abholen konnte. Es sei denn, alle Inselbewohner waren in diesen gemeinen Entführungsplan eingeweiht.
Sie mußte dabei nur zwei Gefahren bedenken: Was-sermangel war die eine, aber sie glaubte, daß sie sich auch mit Hilfe der Brotbaumfrucht erfrischen
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