Killer im Kopf
Zwielichts hielten den Garten besetzt, krochen aus ihren Verstecken hervor und spannen ihre Netze. Sie waren da, sie lauerten, sie wollten den Tod, sie wollten die Folter und die Qual.
Wohin jetzt?
Ihre Gedanken drehten sich. Für sie stand fest, daß sie die Nacht nicht allein in ihrem Haus verbringen würde und auch nicht konnte. Es war einfach zu viel für sie. Die Leere würde ihre Angst noch verstärken und dem Killer in ihrem Kopf neue Nahrung geben. Darauf wartete er nur.
Vielleicht wollte er sie weichkochen, um dann zuzuschlagen.
Sheila war, ohne es eigentlich zu merken, in das gemeinsame Schlafzimmer gegangen. Beide Betthälften lagen leer vor ihr. Eine würde leer bleiben in dieser Nacht.
Und die andere?
Die Frau schüttelte den Kopf, als sie daran dachte. Es wollte ihr einfach nicht in den Sinn, daß ihr Leben einen derartigen Ruck bekommen hatte.
Sie war aus der Normalität herausgerissen worden, und dabei hatte sie nichts getan. Nichts Unrechtes. Sie hatte immer nur versucht, die Menschen auch menschlich zu behandeln. Weshalb dann diese grauenhafte Strafe?
Es war nicht zu begreifen. Auch wenn sie es drehte und wendete, damit kam sie nicht zurecht, und sie hörte sich selbst stöhnen, als sie auf den Kleiderschrank zuging. Sie wollte andere Sachen anziehen, trockene vor allen Dingen, denn einige Stellen waren doch naß geworden. Sie öffnete die Türen. Teilnahmslos ließ sie ihre Blicke über die Kleidung hinweggleiten. Da konnte hängen, was wollte. Da konnten die Kleider noch so einen Chic aufweisen, es interessierte sie nicht mehr. Ihre Gedanken hatten sich aus dem normalen Leben verabschiedet. Als sie nach einem dünnen Pullover griff, sah es so aus, als würde es ein Zombie tun.
Sheila Conolly schaffte es nicht mehr, den Pullover aus dem Schrank zu ziehen, denn plötzlich explodierte etwas mit vehementer Wucht in ihrem Kopf, dem sie nicht ausweichen konnte.
Sie riß den Mund auf.
Gellende Schreie jagten durch den Raum. Wobei sie nicht mal genau wußte, ob sie geschrieen hatte oder jemand anderer. Sie bekam noch mit, wie sie sich rückwärts in Bewegung setzte und dabei ging, als wäre sie eine Maschine.
Das Bett.
Sie stieß dagegen. Sie fiel.
Und das Grauen ging weiter…
***
Der Machetenmann hatte die Bar betreten, und niemand hatte versucht, ihn daran zu hindern. Nicht der Typ hinter dem Eingang, der ziemlich verdeckt in einer Nische hockte und jeden Gast begutachtete, und auch nicht die Puppe mit der Silberhaarperücke und den rot gefärbten Brustwarzen, die so etwas wie ein lächelndes Garderobengirl spielte.
Jetzt war der Mann da.
Den Aufpasser hatte er nur angeschaut, als dieser Anstalten traf, sich zu erheben. Ein Blick aus den Metallaugen hatte ausgereicht, und der Mann war wieder zurück auf seinen Stuhl gefallen. Das kantige Gesicht hatte er rasch zur Seite gedreht, weil er keinen Verdacht erwecken wollte. Die barbusige Kleine war zu einem Telefon gelaufen, hatte dort den Hörer abgenommen und so getan, als wollte sie jemanden anrufen.
Es war nicht so, das wußte der Gast. Er kannte sich aus, denn das hatte er bei seinen Besuchen öfter erlebt. Die Menschen erschraken, wenn er sich zeigte.
Jetzt stand er in der Bar. Direkt hinter dem Ein- oder Durchgang, dessen Vorhang wieder zugeklappt war.
Höllenfeuer hieß sie, und der Gast mußte lächeln, als er an diesen Namen dachte und das Innere des Schuppens damit verglich. Es war einfach naiv, sich so das Höllenfeuer vorzustellen. Man hatte die Wände mit roten Flammen bemalen lassen, aus denen kleine, nackte und weibliche Teufel sprangen.
Weibliche Teufel mit idealen Figuren und Gesichtern, wie man sie von den Modellen aus dem Versandhauskatalog her kannte. Nichts Besonderes, alles nur billig.
Wie auch die Gäste!
Der Machetenmann hatte sehr schnell erkannt, wer sich hier herumtrieb.
Touristen zumeist. Männer, die in Soho etwas erleben wollten und möglicherweise noch das alte Flair suchten, das es natürlich nicht mehr gab. Sie hockten auf den feuerroten Kunststoffsesseln, deren Rückenlehnen ebenfalls aussahen wie erstarrte Flammen.
Zu ihnen gesellten sich dann die Animiermädchen. Desillusionierte Geschöpfe, deren Lächeln so künstlich wirkte wie die Zähne eines gealterten Filmstars. Die Mädchen steckten in Flammentangas, und auf ihren Köpfen wuchsen kleine Hörner. Die Beleuchtung wechselte von Rot auf Schwarz, und das immerwährende Zucken konnte einen nervenschwachen Menschen schon nervös machen.
Die
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