Killerinstinkt: Serienmördern auf der Spur (German Edition)
Psychiatrie eingewiesen. Und das war auch gut so, denn ich wollte mir das Leben nehmen. Ich hatte keinen Willen und keine Kraft mehr, das alles auszuhalten. Es war eine verdammt schwere Zeit.«
Drei Tage nach der Festnahme des mutmaßlichen Serienmörders liegt das Sachverständigengutachten des Bundeskriminalamts vor: Demnach steht fest, dass die in Franz Rawskis Wagen sichergestellte Pistole des Schweizer Herstellers Hämmerli sowohl auf dem Parkplatz an der L 3228 als auch auf dem Parkplatz an der A 5 abgefeuert wurde. Jetzt besteht kein vernünftiger Zweifel mehr an Franz Rawskis Täterschaft.
Seine Beweggründe dagegen liegen weiter im Dunkeln. Erscheint die Sache in Rottweil noch wie ein missglückter Raubüberfall, so bleibt das Motiv für die Morde in Eiterhagen und Rastatt eher diffus. Die Ermittler vermuten, dass die Gründe für das Abgleiten des Mannes in die Kriminalität mit seinen Lebensumständen zusammenhängen. Denn schnell hat sich bei den Ermittlungen herausgestellt, dass Franz Rawski über viele Jahre hinweg ein bizarres Doppelleben geführt hat: Biedermann und Lebemann, Macho und Mörder.
»Ich habe davon erst erfahren, als mich zwei Kriminalbeamte in der Klinik besucht und befragt haben. Natürlich wusste ich nicht, dass mein Mann mich in all den Jahren mit einer Arbeitskollegin betrogen hat. Natürlich wusste ich nichts von seiner Bisexualität. Natürlich wusste ich nicht, dass er unser gesamtes Vermögen durchgebracht hatte. Das war schon ein schwerer Schlag. Mit einem Mal stand ich vor dem Nichts.
Er war für mich jetzt nicht mehr nur ein Mörder, der mich obendrein um mein Geld gebracht hat, sondern er war mit einem Mal auch ein Mensch, der mich wahrscheinlich nie richtig geliebt hat, der mir wohl von Anfang an was vorgespielt, mich nur benutzt hat. Die Kripo hat das doch alles herausbekommen: die Besuche in den Clubs und im Pornokino für Schwule, die Fahrten zu den Schwulenparkplätzen, die Frauenbekanntschaften im Internet. Man hat das ja alles rekonstruiert, was er gemacht hat. Und da habe ich halt gemerkt, was für ein Doppelleben er geführt, wie er mich verarscht, wie er mich die ganze Zeit über angelogen hat. Das hat mir wirklich den Boden unter den Füßen weggezogen, weil er für mich doch immer ein Mensch gewesen war, von dem ich geglaubt habe, dass er mich liebt. Ich war auf einmal mit einem Fremden verheiratet.«
Und doch hält Elisabeth Rawski an ihrem Mann fest, steht zu ihm und hofft darauf, dass alles vielleicht doch nur ein großer Irrtum sein könnte. Schon der erste Brief, den sie von ihrem Mann bekommt, lässt ihr das Herz schwer werden.
»Täubchen, mein süßes Täubchen«, schreibt Franz Rawski an seine Frau, »mein Kopf ist so leer, und mein Herz ruft nach Dir. Es ist das erste Mal, dass wir es so lange getrennt voneinander aushalten müssen. Schlimm! Sicher stürzen viele Sachen auf Dich ein. (…) Wenn ich an Dich denke, dann muss ich weinen. Aber das muss ich mir hier verkneifen, das würde ganz schnell als Schwäche angesehen und mich gefährden. Bitte bleib stark. Ich werde Dich immer lieben. (…)«
Selbst in den täglichen Briefen an seine Frau geht Franz Rawski mit keinem Wort auf die ihm vorgeworfenen Taten ein. Und weil der Mann auch weiterhin partout nicht aussagen will, befragen die Ermittler Personen aus seinem Umfeld. Dabei offenbart sich eine längere Krankheitsgeschichte.
»Bereits in den 1970er Jahren musste er mehrere Monate in einer Klinik verbringen. Damals war er noch mit seiner ersten Frau verheiratet und hatte mehrere Geliebte. Damit ist er irgendwann nicht mehr klargekommen, die Sache ist ihm über den Kopf gewachsen. Sein Sexualleben muss wohl sehr ausschweifend gewesen sein. Jedenfalls bekam er später Depressionen. Dagegen wurden Medikamente verschrieben. Vielleicht ist er deshalb auch beruflich nie weitergekommen. 2001 ist er dauerhaft krankgeschrieben worden, zwei Jahre später ging er in Rente.«
Wer nichts zugibt, kann sich auch nicht dazu äußern, warum er zwei Menschen ermordet hat. Auch Wochen nach Franz Rawskis Verhaftung fischen die Ermittler im Trüben, weil der Beschuldigte die Aussage verweigert. Gestützt auf die vorliegenden Untersuchungsergebnisse kann deshalb nur gesagt werden, dass sich der Täter seine Opfer kurzfristig und willkürlich ausgesucht hat. So bleibt den Ermittlungsbehörden nur die Hoffnung, Franz Rawski könnte sich im Verlauf der Gerichtsverhandlung offenbaren.
Schwerverbrechen wie die Morde an
Weitere Kostenlose Bücher