Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Killerspiel

Killerspiel

Titel: Killerspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marshall
Vom Netzwerk:
sagte er schließlich. Sein Ton war leise und ausdruckslos. »Aber Warner war es nicht. So viel ist gewiss. Zu dem Zeitpunkt war er noch an den Stuhl gefesselt, der hinter Ihnen liegt.«
    Ich schluckte, meine Kehle fühlte sich trocken an. Ich hatte die Blutflecken auf dem Boden gesehen. Demnach war Hazel wohl nicht der einzige Mensch, den dieser Mann getötet hatte. Das Verstörende war, dass er wie jeder andere aussah. Man rechnet immer mit einer Art Zeichen, einem Kainsmal oder einer Todesaura. Offensichtlich nicht. Manche Menschen haben andere umgebracht; manche rücken ihren Kollegen vom anderen Geschlecht zu sehr auf die Pelle; manche können fließend Französisch und verbringen ihr Leben damit, Farbe zu verkaufen. Wenn man sie nicht zufällig auf frischer Tat dabei ertappt, erfährt man nie davon. Im Wesentlichen sind wir das, was andere Menschen nicht wissen, das, was wir unter dem Deckel halten … im Klartext: Niemand wird je wissen, was wirklich Sache ist.
    »Hab ihn nicht umgebracht«, widersprach der Mann meinen Gedanken. »Hätte nicht übel Lust gehabt. Wenn ich bei irgendeinem Menschen absolut dazu bereit gewesen wäre, dann bei ihm. Aber … er ist entkommen.« Er hielt mir das Foto wieder hin. »Der Mann, den Sie nicht erkannt haben? Das ist Warner, hier.«
    »Das ist nicht der Kerl, den ich gesehen habe.«
    »Da kann ich Ihnen nicht weiterhelfen. Ich mach mir selbst Vorwürfe. Als ich gestern Abend von hier gegangen bin, hab ich ihm gesagt, die Polizei interessiere sich für sein Haus. Ich wollte ihn nur ein bisschen verarschen. Kann mir nur vorstellen, dass er sich, noch immer an den Stuhl gefesselt, von diesem Vorsprung da gestürzt hat.«
    Ich sah nach oben. »Oh Gott.«
    »Ja. Was treibt einen Mann zu so etwas?« Er schloss die Lider, rieb sie sich. »Mist«, murmelte er. »Ich muss einen klaren Kopf bekommen. Zu viel Informationen auf einmal. Ich muss das alles erst mal sortieren.«
    Wir saßen fünf Minuten lang schweigend da, bis wir plötzlich von einem summenden Geräusch aufgeschreckt wurden. Der Mann schien verwirrt. Auch ich brauchte einen Moment, um zu begreifen, was wir hörten. Erst als ich beim vierten Summen sah, dass mein Handy angefangen hatte, über den Betonboden zu wandern, fiel der Groschen.
    »Es ist auf Vibrationsmodus«, sagte ich.
    Der Mann sah aufs Display. »Hab mich immer noch nicht an die Dinger gewöhnt. Jemand namens Hallam. Wer ist das?«
    »Einer von Barclays Deputys.«
    »Wollen Sie mit ihm reden?«
    »Ist das Ihr Ernst?«
    »Ich kann mich doch auf Sie verlassen, dass Sie nichts über Ihren derzeitigen Aufenthaltsort sagen, oder?«
    Er griff zu seiner Waffe, sah mir ins Gesicht, um festzustellen, ob die Botschaft angekommen war, und brachte mir mein Handy.
    Ich drückte die Empfangs- und Lautsprechertasten zugleich und hatte ein mulmiges Gefühl, als der Mann sich daraufhin so hinstellte, dass er sich hinter mir befand.
    »Hey, Deputy«, sagte ich und ging ganz in meiner Rolle auf:
Alles paletti, und der Mann wird mir wahrscheinlich nicht gleich in den Kopf oder Rücken schießen.
»Danke, dass Sie sich melden.«
    Hallams Stimme klang blechern, und er schien ein wenig außer Atem zu sein. »Wo stecken Sie?«
    Als ich das letzte Mal versucht hatte, ihn zu erreichen, war ich drauf und dran gewesen, ihm alles zu erzählen, was ich wusste. Jetzt beschloss ich, mich an die derzeit wichtigsten Fakten zu halten. »Auf Lido.«
    »Ich hab Ihre Nachricht gerade erst abgehört. Sie klangen ziemlich aufgelöst. Ist Ihre Frau immer noch verschwunden?«
    »Nein, inzwischen weiß ich, wo sie ist.«
    Es trat eine Pause ein, und ich hörte bei ihm im Hintergrund das Geräusch einer lauten Bohrmaschine. »Geht’s ihr gut?«
    »Alles in Ordnung.«
    »Kommen Sie zu The Breakers«, sagte er, ein wenig geistesabwesend. »So schnell wie möglich.«
    »Mach ich«, versicherte ich. »Aber Sie kennen dieses Apartmenthaus am Ende des Ben Franklin Drive?«
    Er erhob die Stimme, um sich gegen den Hintergrundlärm durchzusetzen. »Was? Ja, das kenn ich. Was ist damit?«
    »Fahren Sie hin. Sehen Sie sich Wohnung 34 an.«
    »Wieso?«
    »Tun Sie’s einfach.«
    Ich beendete das Gespräch.
    Hinter mir war es still. Ich wartete vielleicht dreißig Sekunden – lange, zähflüssige Sekunden –, bevor ich zu dem Schluss kam, dass ich ihm lieber ins Gesicht sehen wollte, wenn er mir das Hirn wegpustete.
    Ich drehte mich langsam in der Taille um.
    Er war nicht da.

37
    D ie letzten Sätze des

Weitere Kostenlose Bücher