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Killerspiel

Killerspiel

Titel: Killerspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marshall
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wusste nicht, was einen, wenn man erst einmal getötet hatte, davon abhielt, es wieder zu tun – besonders, wenn man jemand ist, der eine Leiche in der Ecke sitzen hat, während er mit einem Mann plaudert, den er gerade in aller Öffentlichkeit gekidnappt hat.
    Ich wusste auch nicht, ob man sich erst mit jemandem unterhält, bevor man ihn tötet. Ich hoffte wirklich, dass das kein allgemeiner Brauch war.
    »Haben Sie … haben Sie auch Cass auf dem Gewissen?«
    »Ich weiß nicht mal, wer das ist.«
    »Ein Mädchen.«
    »Das war ich jedenfalls nicht. Wann ist das passiert?«
    »Gestern Nacht.«
    »Wissen Sie, um welche Uhrzeit?«
    »Nicht genau. Auf jeden Fall sehr spät.«
    »Hat sie Ihnen was bedeutet? Waren Sie zusammen?«
    »Nein«, sagte ich, und das waren wir ja auch nicht. Doch das Wort kollidierte in meinem Kopf mit der Erinnerung daran, wie wir auf dem Boden saßen, und so kam es falsch heraus. »Nur jemand, den ich kannte.«
    »Verstehe.« Er sah mich an, als hätte er gerade einen neuen Einfall, dann stand er auf und kam zu mir. Ich war froh, dass er die Pistole da ließ, wo sie war.
    Er ging vor mir in die Hocke, zog etwas aus der Innentasche seiner Jacke und hielt es mir so hin, dass ich es sehen konnte. Es war ein Foto, fünfzehn mal zehn.
    »Kennen Sie jemanden von diesen Leuten?«
    Der Abzug sah sehr neu aus, doch die Aufnahme war alt. Man sah das an den Farben und den Frisuren. Darauf war eine Gruppe an einem Restauranttisch zu sehen. Ich wollte schon den Kopf schütteln, doch dann sah ich, wo das Bild entstanden war – an einem der Tische auf dem Bürgersteig draußen vor dem Columbia Restaurant am Circle –, und danach erkannte ich langsam auch die Gesichter.
    »Der in der Mitte ist Phil Wilkins«, sagte ich. »Glaube ich jedenfalls. Ich bin ihm nur ein paarmal begegnet.«
    Unwillkürlich sah ich zu Hazel hinüber, als ich das sagte. Fast die ganze Zeit, seit ich nach Sarasota gekommen war, hatte ich sie als die Frau gekannt, die den geliebten Mann überlebt hatte. Neuerdings, so wurde mir bewusst, war dem nicht mehr so. Mir wurde klar, dass ihre Stellung dort an der Wand aus diesem Grund friedlicher wirkte, als es sonst vielleicht der Fall gewesen wäre.
    »Ja«, sagte der Mann gereizt, »ich habe sie getötet. Aber es war ein Unfall. Ich möchte, dass Sie das wissen.«
    Ich starrte ihn an, ohne zu wissen, wie viel ich ihm davon glauben sollte oder nicht. »Verstehe.«
    »Ich hab keinen Grund, Ihnen was vorzumachen«, sagte er. »Also. Was ist mit den anderen auf dem Bild?«
    »Keine Ahnung, wer der jüngere Mann neben Wilkins ist«, sagte ich. »Aber links, der mit der Blondine, das ist … ich glaube, das ist Peter Grant. Ich bin mir ziemlich sicher. Er ist der Eigentümer von Shore Realty. Da arbeite ich. Und … du liebe Güte, das Paar auf der anderen Seite. Die beiden kenne ich auch.«
    »Tony und Marie Thompson.«
    »Was hat es mit diesem Foto auf sich? Warum haben Sie es?«
    Der Mann verstaute es wieder in seiner Tasche. »Ist eine komische Geschichte«, sagte er, auch wenn alle Ungezwungenheit aus seinem Verhalten gewichen war. Er sah müde und gequält aus und nicht so wie jemand, für den die Dinge gut liefen. »Ich hab Sie mitgenommen, weil Sie gerade von den Thompsons kamen. Ich dachte, Sie könnten mir möglicherweise dabei helfen, ihnen einen Besuch abzustatten. Wir werden uns was einfallen lassen. Aber jetzt habe ich den Eindruck, dass uns vielleicht viel mehr verbindet, als mir klar war.«
    »Wie meinen Sie das?«
    Er griff sich an den Ausschnitt seines T-Shirts und zog es an der Vorderseite herunter. Dort hatte er, am oberen Rand der Brust, eine alte, amateurhaft aussehende Tätowierung, die eher danach aussah, als wäre sie durch eine Reihe Messerschnitte entstanden. Eine Buchstabenfolge, ein einziges Wort: MODIFIED .
    Meine Reaktion muss wohl unverkennbar gewesen sein. Er stöhnte und ließ den Stoff los.
    »Bin eines Morgens damit aufgewacht«, sagte er, während er die Flasche Wasser holte und sie mir reichte. »Sie hatten mich unter Drogen gesetzt, nehme ich an. Konnte mich absolut nicht erinnern, wie ich am Abend davor nach Hause gekommen war. Ich hatte Blutergüsse an den Seiten, Kratzer an den Armen, die aussahen, als stammten sie von Fingernägeln. Langen Fingernägeln, wie von einer Frau. Ich nahm eine Dusche, tupfte mir Peroxid auf die Brust, versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen. Eine halbe Stunde später fuhr ein Streifenwagen vor. Kennen Sie einen Cop

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