Killerspiel
war es gewohnt, die Menschen dahin zu bekommen, wo er sie haben wollte, war jedoch clever genug, ihnen gelegentlich das Gefühl zu geben, es wäre ihre Entscheidung gewesen.
Das Schicksal des Mannes war längst besiegelt. Das belauschte Telefonat half Hunter nur dabei, Ort und Zeit nach Belieben zu bestimmen.
Zwei Abende später fährt der Mann in ein Viertel am nordöstlichen Stadtrand. Als er vor einem Privathaus parkt, fährt Hunter wie sein verselbständigter Schatten an ihm vorbei und hält fünfzig Meter weiter an.
Und da wartet er seitdem.
Um Viertel nach zwei geht die Haustür auf, und der Mann kommt heraus. Er verabschiedet sich von der Frau, die im Morgenmantel im Eingang steht, und schlendert Richtung Bürgersteig. Er entriegelt seinen Wagen mit einem fröhlichen, elektronischen
Blip-Blip
– ohne daran zu denken oder sich darum zu scheren, dass sie vielleicht nicht von Nachbarn beobachtet werden möchte, die wissen, dass sie verheiratet ist. Sie zieht sich ins Haus zurück.
Hunter wartet, bis der andere Wagen losgefahren ist, wirft erst dann den Motor an und folgt ihm. Er hat keine Sorge, dass der Verfolgte ihn abhängen könnte. Er weiß, wohin die Fahrt geht.
Zwanzig Minuten später biegt der Mann von der Straße in eine Einfahrt ab. Hunter fährt hundert Meter weiter auf dem Highway und stellt den Wagen auf dem Parkplatz hinter einem italienischen Restaurant ab, das für diese Nacht schon geschlossen hat.
Er hat sich bereits vergewissert, dass ein dort abgestelltes Fahrzeug von der Straße aus nicht zu sehen ist. Er läuft zu Fuß zum Anwesen des Mannes zurück und den gewundenen Weg zu seinem Haus hinauf. Am Tor bleibt er stehen und zieht ein Paar OP -Handschuhe aus der Jacke. Er streift sie sich über, holt Werkzeug aus einer anderen Tasche, kramt zuletzt eine elektronische Vorrichtung heraus, die er sich auf Anraten eines Jungen besorgt hat, mit dem er sich in seinem letzten Jahr im Knast angefreundet hatte. Der Kleine wusste eine Menge über neue Technologie und war für den Schutz eines älteren, erfahreneren Insassen überaus dankbar, der noch dazu keinen Sex mit ihm haben wollte.
Hunter geht systematisch vor, indem er die Anweisungen befolgt, die er auf einer anrüchigen Website gefunden hat. Natürlich kannte er sich schon vor seiner Entlassung mit dem Internet aus. Das gab es im Knast, wenn man wollte, zusammen mit einem Rund-um-die-Uhr-Meisterkurs in so ziemlich allem, was verboten ist.
Zwölf Minuten später ist der elektronische Türöffner außer Kraft gesetzt. Er öffnet das Tor weit genug, um sich hineinzuschleichen. Er läuft über den gepflasterten Bereich dahinter zu dem Platz, auf dem außer dem Wagen, der jetzt dort steht und dessen deutscher Motor ehrfurchtgebietend in der dunklen, warmen Stille tuckert, noch mehrere weitere Autos parken könnten. Die Überwachungskamera, die diesen Platz im Visier hat, missachtet Hunter geflissentlich. Sie wird nichts weiter festhalten als eine dunkel gekleidete Person, die sich mit abgewandtem Gesicht zielstrebig der Seite des Hauses nähert. Der Mann im Haus wird nicht darauf achten, und bis irgendjemand Grund hat, das Material zu sichten, ist es längst zu spät.
Hunter schleicht ums Haus, an den gepflegten Palmen und dem Milchglasfenster des riesigen Küchenbereichs vorbei. Drinnen läuft ein CD -Player oder das Radio: orchestrale Trivialitäten, die Menschen gerne hören, wenn sie für klassische Musik nichts übrighaben oder sie nicht verstehen, sich anderen gegenüber aber gerne den Anschein geben möchten.
Eine der Glasschiebetüren an der Rückseite des Hauses steht weit offen, um das Rauschen des Meeres hereinzulassen – und so die Lage des Hauses und indirekt seinen Preis zu zelebrieren. Das ist für gewöhnlich die Schwachstelle der Sicherheitssysteme: Der Eigentümer begibt sich unter den Schutz einer höheren, technischen Macht. Üblicherweise existiert der Schutz, den sie gewähren, allein in der Phantasie. Höheren Mächten ist es egal, ob man trinkt. Es ist ihnen egal, ob man einen miesen Tag hat. Es ist ihnen sogar egal, ob man stirbt.
Hunter schleicht ins Haus. Er tritt in die Mitte eines großen Raums mit kamelfarbenem Teppich und luxuriösem Mobiliar. Das Licht ist gedämpft. Er bleibt kurz stehen und wendet sich zur Küche. Dort macht er die Tür weiter auf und wartet.
Die Musik ist hier lauter, wenn auch nicht besser. Der Hausherr hantiert klirrend mit Eiswürfeln und einem Glas. Nach ein paar Minuten
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