Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Killerspiel

Killerspiel

Titel: Killerspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marshall
Vom Netzwerk:
Kerl, der hinter diesen Karten steckte, nicht. Ich hätte sie genauso gut behalten können. In meinem Wagen lag außerdem ein Laptop mit Ordnern – und einer Festplatte –, die alle umbenannt und mit ein und demselben Wort bezeichnet worden waren. Ich besaß eine Kopie der E-Mail, die in meinem Namen verschickt worden war, und eine Fotokopie der Zustellungsbenachrichtigung zu dem Buch von Amazon. Und dann fiel mir ein, dass es vielleicht noch etwas gab: die Tischreservierung bei Jonny Bo’s für unseren Hochzeitstag. Janine hatte behauptet, ich hätte ihr diesbezüglich eine E-Mail geschickt – wenn sie noch weniger als gewöhnlich ausgelastet schien, gab ich des Öfteren kleinere Erledigungen an sie ab –, doch ich konnte mich nicht daran erinnern. Offenbar hatte sich schon vor letzter Woche jemand an meiner digitalen Identität zu schaffen gemacht, um die Amazon-Bestellung aufzugeben. Dieselbe Person könnte Janine die E-Mail geschickt haben, in der sie gebeten wurde, den Tisch bei Jonny Bo’s zu reservieren.
    Möglicherweise gehörte das auf denselben Stapel, auch wenn es bedeutete, dass jemand meine Gewohnheiten ziemlich gut kannte. Wieso hatte mir das nicht gleich zu denken gegeben? Wie konnte ich nur derart mit meinen Machenschaften im The Breakers beschäftigt sein, dass ich die Sache einfach auf sich beruhen ließ?
    Als ich diese Beweise im Kopf auflistete, wurde mir aber auch bewusst, wie trivial sie klangen – wie leicht man über solche Details hinwegsehen konnte, wenn man mit höheren Dingen beschäftigt war. Genau das war vermutlich der springende Punkt. Jede Sache für sich genommen war wie eine kleine Chilischote, die ich durchaus gegessen haben könnte, viel zu banal, als dass sich jemand anders damit abgeben würde.
    Außer den Fotos von Karren natürlich.
    Das war eine ernstere Angelegenheit, mit deutlich mehr Zündstoff und außerdem schwerer zu organisieren. Daran kämen die Cops nicht so leicht vorbei.
Aber
 … die hätte ich genauso gut selbst schießen können. Mein »Beweis« dafür, dass ich an dem Abend absichtlich von zu Hause ferngehalten worden war – um mir die Fotos unterzuschieben –, hatte sich in dem Moment in Luft aufgelöst, als Melania den Cops erklärte, sie hätte noch nie mit mir gesprochen. Jede gegenteilige Behauptung ließ mich als Lügner und Phantast dastehen.
    »Scheiße!« Der ganze Schlamassel, der mir im Kopf herumschwirrte, entlud sich in diesem einen Wort und hallte von den Wänden wider.
    Das Haus sagte nichts. Das Haus erschien mir irgendwie fremd, wie ein Freund, den man eines Nachmittags aus der Ferne sieht, wie er mit einem anderen aus dem gemeinsamen Freundeskreis vor einem Café sitzt, ein Treffen, zu dem man selbst nicht eingeladen wurde. Niemand hat einem was getan, und dennoch muss man sich, allein auf der anderen Straßenseite, abgetrennt durch den Verkehrsstrom, bei diesem Anblick notgedrungen eingestehen, dass man keineswegs der Mittelpunkt der Schöpfung ist. Das Haus war nur ein Haus und ein Leben nur ein Leben. Beides mochte sich so anfühlen, als gehörten sie mir, doch sie hatten Lücken in ihrer Textur, und Lücken bedeuteten, dass sie für Fremde zugänglich waren. Das Leben erschien mir plötzlich wie eine willkürliche Abfolge von Ereignissen und Menschen, alles war nur durch Zufall miteinander verknüpft. Deine Freunde haben sich also auf einen Drink getroffen, und vielleicht ist man ja sogar selbst dabei und hat auch noch Geburtstag: Heißt das etwa, es müsste sich alles um einen selbst drehen? Nein. Das könnte sich rein zufällig so ergeben haben, oder vielleicht weil sie sich ein Baseballspiel ansehen wollten. Man selbst könnte sich im Lauf des Abends verdrücken, und nachdem sie fünf Minuten darüber gerätselt hätten, würden sie sich das nächste Bier bestellen, enger zusammenrücken, und es sähe so aus, als wäre man nie da gewesen. Man könnte sterben. Und binnen Wochen würde dasselbe passieren.
    Es geht nicht um einen selbst, man ist nicht das A und O – von irgendetwas. Es gibt kein Haus. Es gibt kein Leben. Es gibt nur einen selbst. Einen Punkt in Raum und Zeit.
    Ich schüttelte heftig den Kopf, um diese Gedanken loszuwerden. Natürlich konnte das Haus nichts dafür, dass jemand darin eingedrungen war. Mir wirbelte nur alles ein wenig zu schnell im Kopf herum. Ich wusste, dass ich mich nur dann wieder unter Kontrolle bringen konnte, wenn ich mit jemandem reden konnte. Aber Steph war nicht da.
    Und genau das

Weitere Kostenlose Bücher