Killerspiele: Palinskis fünfter Fall (German Edition)
in Singen angekommen. Unter diesen Umständen war er froh, dass Marianne nicht mit ihm gereist war, denn an eine Liebesnacht wäre in diesem Verschlag nicht zu denken gewesen.
Würde die Polizei jemanden in so etwas einsperren, die Menschenrechtsorganisationen würden protestieren. Und das war richtig so. Aber mit zahlenden Kunden konnte man so etwas ja machen.
Nicht einmal mit dem Frühstück hatte es geklappt. Und da er beim Umsteigen in Zürich nicht genug Zeit dafür gehabt hatte, hatte er sich im Anschlusszug mit einem, allerdings ausgezeichneten, Cappuccino begnügen müssen.
Dass er unter diesen Umständen froh war, ohne Marianne gereist zu sein, stimmte natürlich nicht. Aber der Gedanke daran und der dadurch genährte Zorn auf die Schlafwagengesellschaft halfen ihm, seine Sorgen besser zu ertragen.
Er hatte den größten Teil der wachen Zeit, und das war bei dem kurzen, harten Bett eine ganze Menge gewesen, damit verbracht zu überlegen, wie er sich verhalten und angemessen auf die Drohung reagieren sollte.
Einerseits konnte er nicht ›business as usual‹ mit allen möglichen Konsequenzen betreiben, andererseits auch nicht die Hände in den Schoß legen und nichts tun. Und so hatte er sich entschlossen, bis auf weiteres, also, bis er etwas von Palinski hörte, seinem geplanten Tagesablauf nachzugehen. Das bedeutete aber auch, nicht alle Möglichkeiten auszuschöpfen, was gegebenenfalls irreversible Folgen nach sich ziehen würde. Eine Gratwanderung möglicherweise, aber was sollte er sonst tun?
Was stand denn heute überhaupt auf dem Programm? Da war diese italienische Haushälterin von Webernitz und die raffgierige Verlobte des Herrn Konsul, die aus Zürich kommen wollte. Beide Damen musste er eingehend befragen.
Und am Abend würde es ihm großes Vergnügen bereiten, die Komplizin des Mistkerls, der Vondermattens ›Unfall‹ zu verantworten hatte, beim Betreten der Bundesrepublik verhaften zu lassen.
Dagegen konnten die Entführer Mariannes eigentlich nichts haben. Und die Recherchen nach der undichten Stelle in Konstanz, der die Warnung der Bande im ›Schlosshotel Gabensberg‹ zu verdanken war, mussten eben so diskret erfolgen, dass sie zunächst überhaupt nicht auffielen.
Hoffentlich würde sich Palinski bald melden.
* * *
In Wien hatte Oberinspektor Wallner, der für die ergänzenden Untersuchungen im ›Falle Mahrburger‹ zuständige Kriminalist, bereits die ersten Ergebnisse der noch in der Nacht tätig gewordenen Spurensicherung vorliegen.
Und siehe da: Ein einziger Umstand ließ bereits sehr großen Zweifel daran aufkommen, dass die bisherigen Ergebnisse und die darauf basierenden Schlussfolgerungen richtig waren.
Die Bürste, der die angeblichen Haare Gerda Mahrburgers entnommen worden waren, wies keinerlei Fingerabdrücke auf. Ebenso wie die Zahnbürste des angeblichen Opfers. Da nicht anzunehmen, ja nach menschlicher Erfahrung auszuschließen war, dass sich die Architektengattin mit Handschuhen frisiert und die Zähne geputzt hatte, stellte sich die Frage: Warum waren an beiden Gegenständen die Fingerabdrücke offenbar fein säuberlich abgewischt worden?
Als erste Konsequenz hatte Wallner der Versicherung mitgeteilt, dass es bei der Identifizierung der angeblichen Leiche Frau Mahrburgers noch einige Unklarheiten gäbe und damit die Auszahlung der fünf Millionen vorerst gestoppt.
Bereits eine knappe Stunde später hatte sich Mahrburgers Anwalt gemeldet und sich fürchterlich aufgeregt. Wieso und warum seinem Mandanten noch immer Steine in den Weg gelegt würden. Wo er doch ohnehin so schwer vom Schicksal geprüft worden sei. Und derlei mehr.
Wallner hatte zwar mit so etwas gerechnet, aber nicht so schnell.
Auf der Suche nach DNS-fähigen Proben der echten Gerda Mahrburger waren die Experten nach äußerst gründlicher Suche im Hause des Architekten auf einige interessante Dinge gestoßen. Darunter zwei Leintücher mit Spermaflecken, Kontaktlinsen, die angeblich der Verblichenen gehörten, und als Krönung des Ganzen: Madames Trost für einsame Stunden, ein Vibrator, Modell ›Blue night‹, Luxusausführung. Vielleicht gehörte die Verwenderin ja zu jenem Schlag Frauen, die nach einem Höhepunkt nicht sofort ans Waschen dachten.
In einer alten, offenbar nicht mehr verwendeten Handtasche hatte sich dann noch ein Lippenstift gefunden, auf dessen Gehäuse sich, sogar mit bloßem Auge erkennbar, Fingerabdrücke befanden. Vielleicht würde man diese zur Überführung
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