Killerwelle
los.
Ein lauter Ruf hallte durch die schlafende Ortschaft. Er kam von dort, wo der gefangene Soldat festgehalten worden war. Offenbar war einer der Wächter, die sie vorübergehend ausgeschaltet hatten, vorzeitig aufgewacht.
»Eddie, beeil dich!«, rief Juan. Sie hatten eine Minute oder noch weniger Zeit, ehe sich die Stammesmitglieder organisiert hätten.
Seng brachte die beiden Drähte in Kontakt, erzeugte einen winzigen elektrischen Funken und drehte die Drähte dann zusammen, um den Stromkreis geschlossen zu halten. Der Anlasser mahlte, doch der Motor wollte nicht anspringen. Er klang wie eine Waschmaschine mit einer ungleichmäßig verteilten Füllung. Eddie trat vorsichtig aufs Gaspedal und versuchte, den Motor wach zu kitzeln, aber er sträubte sich weiter. Ehe der Vergaser absoff, trennte Eddie die Drähte, wartete einige Sekunden und versuchte abermals sein Glück.
Der Motor knurrte unwillig und hustete, wollte jedoch abermals nicht anspringen.
»Nun komm schon«, bettelte Eddie.
Cabrillo achtete nicht auf das Drama, das sich vorn im Bus abspielte. Er starrte angestrengt aus dem Heckfenster und hielt Ausschau nach möglichen Verfolgern. Eine Gestalt tauchte aus einer schmalen Gasse zwischen zwei Häusern auf. Juan riss das REC7 hoch und löste einen kurzen Feuerstoß aus. Glasscherben regneten ins Innere des Busses, während die Geschosse den Erdboden vor den Füßen des Mannes aufwühlten. Drei kleine Staubexplosionen vor seinen Zehen ließen den Mann abrupt stoppen, er verlor das Gleichgewicht und kippte nach hinten.
Juan bemerkte gleichzeitig, dass sich der Mann nicht die Zeit genommen hatte, eine Waffe mitzunehmen, ehe er herausgerannt war, um sich über den Grund des Motorenlärms zu informieren. Er hätte ihn erschießen können, doch stattdessen ließ er zu, dass er in Deckung kroch.
»Eddie?«, rief Cabrillo über die Schulter, überzeugt, dass die Schüsse jeden Dschihadisten im Umkreis von einem Kilometer aufgeweckt haben mussten.
»Einen Moment noch«, antwortete Seng, wobei in seiner Stimme auch nicht der leiseste Anflug von Anspannung zu hören war. Das war typisch Eddie – eiskalt in absolut jeder Situation.
Cabrillo kontrollierte die Straßen so gut er konnte. Er sah, wie hinter einigen Fenstern Lampen angezündet wurden. Das gesamte Dorf würde sich gleich an ihre Fersen heften. Auch wenn ihm der Bus eine recht gute Verteidigungsstellung bot, verfügte das Team nicht über genug Munition für ein längeres Feuergefecht. Wenn sie nicht innerhalb der nächsten Sekunden aus dem Dorf herauskämen, würden sie es gar nicht mehr schaffen.
Endlich lief der Motor, und Eddie ließ ihm keine Zeit, warm zu werden, ehe er den ersten Gang einlegte und Vollgas gab. Der alte Bus ruckte an wie ein aufgeschrecktes Rhinozeros und schleuderte mit seinen blanken Reifen Geröll hoch.
Zwei Wächter kamen aus derselben Gasse, aus der auch der erste Mann aufgetaucht war, und begannen sofort mit ihren Gewehren zu schießen. Wütend jagten sie aus der Hüfte einen Feuerstoß nach dem anderen hinaus. Zwar traf nicht ein Projektil den Bus, aber die Salven nagelten Juan auf den Boden, und als er schließlich hochkam und sich einen Überblick verschaffen konnte, waren die Männer verschwunden. Er gab einen kurzen Feuerstoß auf die Mündung der Gasse ab, um sie weiterhin in Deckung zu halten.
Der Bus beschleunigte etwa so zügig wie eine schwindsüchtige Schnecke, so dass sie, während sie den Dorfplatz langsam verließen, ein willkommenes Ziel für jeden Schützen in einer der Gassen oder hinter den Hausmauern darstellten. Eine Salve fegte durch die Fensterreihe und überschüttete die Insassen mit einem Scherbenregen. Unerklärlicherweise wurde dieser Angriff abgebrochen, aber weitere Kugeln prasselten auf das Dach und die Motorhaube.
Und dann ließen sie ihre Verfolger hinter sich und rollten an der Moschee vorbei, von wo aus der graubärtige Imam sie mit stoischer Miene beobachtete. Juan blickte weiterhin durch das Heckfenster und hielt Ausschau, ob jemand auf sie Jagd machte. Mehrere Kämpfer rannten über die Hauptstraße und schwenkten ihre Kalaschnikows über ihren Köpfen, als hätten sie einen bedeutenden Sieg errungen.
Sollen sie doch glauben, was sie wollen, dachte Juan, während er sich auf eine der harten Sitzbänke sinken ließ. Die Polsterung hatte sich längst aufgelöst, und er spürte den Stahlrahmen, der sich in sein Sitzfleisch drückte. Dieses unangenehme Gefühl erinnerte ihn an ein
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