Killing Beauties: Thriller (German Edition)
gesagt. »Je mehr er in diesen Rausch gerät, desto größer sind unsere Chancen, ihn zu schnappen, er muss nur einen einzigen entscheidenden Fehler machen.«
Nachdem sie aus dem SUV gestiegen war, nahm Lindsay ihre Jacke vom Beifahrersitz und zog sie über, dann schloss sie den Wagen ab und marschierte schnurstracks auf die vordere Veranda zu. Als sie vor der Haustür stand, glaubte sie, Musik zu hören.
Musik? In Judds Haus? Unmöglich. Er wollte nicht fernsehen, nicht lesen, hörte fast nie Musik, tat überhaupt nicht viel von dem, was halbwegs normale Leute taten.
»Ich habe zweimal darüber nachgedacht, dich anzurufen«, hatte Griff gesagt. »Ich war der Meinung, du hättest mehr als genug von Judd und dem Beauty-Queen-Killer-Fall. Aber Yvette wollte, dass ich dich anrufe und dich selbst entscheiden lasse. Du musst das nicht machen. Du kannst nein sagen.«
Sie hätte nein sagen können, aber sowohl Yvette als auch Griff hatten gewusst, dass sie das nicht tun würde. Wenn es irgendetwas mit Judd Walker zu tun hatte, kannte sie keine Scham. So etwas konnte die Liebe bei einer Frau bewirken.
Als sie die Hand hob, um zu klopfen, hörte sie die Musik erneut. Leise. Schwermütig. Eine zu Herzen gehende Version von »Body and Soul«. Lindsay zögerte, ließ die Hand sinken und blieb auf der Veranda stehen. Ihr Puls raste. Sie erinnerte sich. Sie hatte Judd letztes Jahr zu Weihnachten ein paar Jazz-CDs geschenkt, weil sie wusste, wie sehr er Jazz liebte. Er hatte das hübsch verpackte Geschenk zur Seite gelegt, ohne es zu öffnen.
Stammte die Musik von einer dieser CDs?
Nachdem sie ein paarmal geklopft hatte, wechselte das Lied zu »Send in the Clowns«. Sanft, lieblich, voller Blues.
Als sie die Faust hob, um zum vierten Mal anzuklopfen, wurde die Eingangstür aufgerissen. Lindsay schnappte nach Luft.
Sie standen voreinander und starrten sich an. Ihr Mut sank. Es war offensichtlich, dass sich Judd seit Tagen nicht rasiert hatte. Seine Haare waren zerzaust und mussten nicht nur geschnitten, sondern auch gekämmt werden. Seine goldenen Augen waren blutunterlaufen, die Wangen eingefallen. Er sah schrecklich aus.
Instinktiv wollte sie die Arme um ihn legen und ihn trösten. Doch das tat sie nicht.
»Was machst du hier?«, fragte er. Sein Ton war weder feindselig noch einladend.
Es klang nicht so, als wäre er betrunken.
»Darf ich reinkommen?«, fragte sie.
Er trat zur Seite und machte eine einladende Geste. »Sicher.«
Die melancholischen Klänge von Klavier, Trompete und Schlagzeug kamen aus dem Wohnzimmer zur Linken. Sie blickte durch die offene Tür und bemerkte ein loderndes Feuer in dem massiven Steinkamin.
Lindsay war nie oben gewesen, dafür aber recht vertraut mit den unteren Räumlichkeiten: zwei große Wohnzimmer rechts und links der Diele, Esszimmer, Küche, drei Schlafzimmer und ein Bad, dessen sanitäre Einrichtungen gut vierzig Jahre alt waren.
Judd stand vor ihr, die Finger in den Taschen seiner Jeans, und strich mit den Daumen nervös über den Stoff.
»Willst du einen Kaffee oder vielleicht einen heißen Tee?«, fragte er.
Hatte sie richtig gehört? Hatte er ihr etwas zu trinken angeboten? War das wirklich aufrichtig gemeint?
»Nichts, danke.«
»Darf ich dir die Jacke abnehmen?«
Sie knöpfte ihre Navy-Jacke auf und reichte sie ihm.
»Geh schon mal ins Wohnzimmer«, sagte er, als er die dicke Jacke an den Garderobenständer in der Diele hängte.
Als sie den Raum zu ihrer Linken betrat, verspürte sie eine merkwürdige Unsicherheit. Was war los mit Judd? Warum war er so nett zu ihr?
»Nimm Platz«, sagte er.
Erschrocken darüber, dass er so nah war, nur ein paar Schritte hinter ihr, schnappte sie nach Luft, dann wirbelte sie herum und blickte ihn direkt an.
»Griff hat angerufen«, sagte sie. »Der Beauty-Queen-Killer hat wieder zugeschlagen.«
Judd nickte, sagte aber nichts.
»Eine ehemalige Miss Birmingham. Er hat ihr den Kopf abgehackt.«
Judd zuckte zusammen.
»Griff fliegt am Vormittag nach Birmingham«, fügte sie hinzu.
»Okay.« Er nickte. »Sollen wir runterfahren, oder sollen wir sehen, ob wir morgen früh einen Flug von Chattanooga aus erwischen?«
Sie starrte ihn an, verwirrt über sein ruhiges, vernünftiges Verhalten. »Willst du mir verraten, was hier vor sich geht, oder soll ich annehmen, du bist ein Außerirdischer, der sich Judd Walkers Körper bemächtigt hat?«
Seine Lippen zuckten. War es möglich, dass Judd so etwas wie ein Lächeln zustande
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