Killing Beauties: Thriller (German Edition)
hasste ihn mehr, als sie ihn liebte. Und ja, verdammt noch mal, sie liebte ihn tatsächlich. Sie würde ihn vermutlich immer lieben.
Gegen den Willen seines Herzens kommt man nicht an, selbst wenn es etwas Grausames, Zerstörerisches will.
Nachdem sie auf den Fahrersitz aus weichem, grauem Leder geglitten war, schloss sie die Augen und zwang sich, die Kontrolle über sich wiederzugewinnen. Keine Tränen. Keine einzige Träne. Sie hatte die letzte wegen Judd Walker vergossen. Ihretwegen konnte er in der Hölle schmoren.
Sie rief kurz Sanders an, um ihn auf den neuesten Stand über die Situation in Kentucky zu bringen. Sanders bat sie, Griff zu benachrichtigen, bevor sie Judd nach Williamstown brachte, doch das hatte zum jetzigen Zeitpunkt keinen Sinn. Sie steckte den Schlüssel in die Zündung und startete den Motor, dann machte sie den Fehler, aus dem Seitenfenster zum Jagdhaus hinüberzublicken.
Judd stand auf der Veranda vor dem Haus und beobachtete sie.
Verdammter Mist!
Sie hämmerte auf den Knopf, der das Fenster heruntergleiten ließ, und rief ihm zu: »Gale Ann Cains Schwester hat sie gerade noch rechtzeitig entdeckt und die Rettung gerufen. Die Schwester hat einen Blick auf einen Mann mit einem Trenchcoat und Sonnenbrille werfen können, der das Apartmenthaus in dem Augenblick verließ, als sie reinkam. Er könnte unser Mörder sein.«
Als Judd die Stufen herunterkam, raste Lindsays Puls. Er ging auf das Auto zu und beugte sich vor, so dass sie auf gleicher Augenhöhe waren.
Einige Minuten lang sagte er nichts, starrte sie nur an. Als sie die Hand nach dem elektronischen Fensterheber ausstreckte, sagte Judd: »Wenn du mir dreißig Minuten gibst, kann ich mich schnell fertig machen.«
Lindsay wurde klar, dass tief in Judds Innerem noch etwas war, er irgendetwas empfand. Selbst wenn es nur ein unauslöschlicher Durst nach Rache war, war es immerhin ein Gefühl.
»In Ordnung. Mach dich fertig. Ich rufe Griff an, bringe ihn auf den neuesten Stand und sage ihm, dass wir auf dem Weg sind.«
Pinkie begann, sich Sorgen zu machen. Er hatte über den Mord in Williamstown, Kentucky, weder etwas gelesen noch etwas gehört … nicht in den lokalen und auch nicht in den nationalen Medien. Ein paar Stunden nachdem die Rettungssanitäter eingetroffen waren, hatte ein Sprecher des Williamstown Police Department verkündet, eine junge Frau, eine ehemalige Miss USA namens Gale Ann Cain, wäre brutal überfallen und kurze Zeit später von ihrer Schwester entdeckt worden, die den Notruf gewählt hätte. Das war vor über achtundvierzig Stunden gewesen. Warum hatte die örtliche Polizeistelle das FBI eingeschaltet? Mit Sicherheit wussten sie, dass Gale Anns Tod auf das Konto des Beauty-Queen-Killers ging. Hatte er seine Handschrift nicht deutlich am Tatort hinterlassen? Das Opfer hatte einen Schönheitswettbewerb gewonnen. Ihr Plus bei diesem Wettbewerb war ihr Talent im lyrischen Tanz gewesen, also hatte er ihr die Füße abgehackt. Sie war eine Rothaarige, also hatte er eine gelbe Rose hinterlassen. Er hatte das gleiche Nylonseil verwendet, um ihre Hände zu fesseln, das er immer benutzte. Waren diese Bauerntölpel zu dämlich, das Werk eines Genies zu erkennen?
Viele Verbrecher kehrten an den Tatort zurück. Nicht so Pinkie. Er war viel zu klug, etwas so Dummes zu tun. Aber solange er nicht herausgefunden hatte, was im Mordfall Gale Ann Cain vor sich ging, blieb ihm keine andere Wahl, als noch einmal nach Williamstown zu fahren. Er könnte jederzeit einen legitimen Grund für seinen Besuch dort vorbringen. Ein Pferd kaufen. Einen Antiquitätenladen aufsuchen, wo er etwas ungeheuer Kostspieliges zu kaufen beabsichtigte. Oder er war einfach nur auf der Durchreise, auf dem Weg zu einem ganz anderen Ziel. Er könnte sich auch verkleiden und einen gefälschten Pass benutzen.
Er hatte sein Bestes getan, um einen verstörenden Gedanken zu verdrängen, einen Gedanken, der ihn seit dem Abend quälte, an dem er Gale Ann Cain getötet hatte. Genau in dem Moment, als er die Treppe hinunterging, um das Apartmenthaus zu verlassen, war eine Frau in einem Rollstuhl durch die Vordertür hereingekommen. Hatte sie ihn gesehen? Vermutlich nicht. Schließlich war sie voll und ganz darauf konzentriert gewesen, ihren Rollstuhl so in Position zu bringen, dass sie die Fahrstuhltür lange genug offen halten konnte, um hineinzurollen.
Was, wenn sie mich doch gesehen hat?
Tja, was wäre dann? Was genau würde sie gesehen haben? Einen Mann
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