Killing Beauties: Thriller (German Edition)
Seitenfenster. Sie hatten Knoxville hinter sich gelassen und waren jetzt auf der Interstate 40 auf dem Weg zur Ausfahrt nach Douglas Lake. Er blickte auf die Uhr am Armaturenbrett: zehn vor zwölf. Beinahe Mittag. In etwa dreißig Minuten wären sie in Griffin’s Rest.
»Wann hast du Cam zum letzten Mal gesehen?«, fragte Judd und stellte fest, dass er seit etwa sechs Monaten nicht mehr an seinen alten Kumpel gedacht und seit fast einem Jahr nicht mehr mit ihm gesprochen hatte. Wie alle anderen, Griff eingeschlossen, hatte Cam ihn weitestgehend abgeschrieben.
Lindsay schnappte nach Luft. »Ich dachte, du würdest noch schlafen.«
»Nein.«
»Ich habe Cam vergangenen Herbst getroffen. Er hat ein paar Tage in Griffin’s Rest verbracht«, sagte sie. »Wir waren angeln.«
»Ich bin überrascht, dass ihr zwei nichts miteinander angefangen habt. Er hat dich immer schon gemocht.«
»Hm …«
»Du hast wohl keine Lust, mit mir über dein Privatleben zu sprechen, oder?«
Als sie nicht antwortete, hätte er das Thema fallen lassen sollen, doch stattdessen sagte er: »Wenn du nicht mit Griff vögelst und Cam nicht dein neuester Lover ist, dann musst du wohl immer noch …«
»… dann muss ich wohl immer noch ein Faible für dich haben«, beendete sie den Satz für ihn.
»Hast du?«, fragte er.
»Ich treffe mich mit einem sehr netten Mann. Einem Arzt aus Knoxville.«
»Ist es etwas Ernstes mit ihm?«
»Es könnte etwas Ernstes werden.«
»Wie schön für dich. Du hast es verdient, glücklich zu sein.«
»Mein Gott, Judd, vielen Dank«, erwiderte sie sarkastisch. »Ich bin froh, dass du so denkst.«
Er lachte leise. »Es wird immer zwischen uns sein, oder? Dieses Knistern?«
Schweigen.
»Es ist der Grund dafür, dass ich dich hasse, musst du wissen«, erklärte er ihr.
Sie verzog keine Miene, was ihn überraschte. Es hatte eine Zeit gegeben, da hatte er sie so leicht aus der Fassung bringen, sie so leicht verletzen können. Vermutlich hatte sie sich ein dickes Fell zugelegt, was ihn betraf.
»Ich vermute, ich sollte geschmeichelt sein, dass du überhaupt in der Lage bist, irgendetwas für mich zu empfinden, selbst wenn es Hass ist«, sagte sie.
»Ich möchte gar nichts empfinden.«
»Ist zu schmerzhaft, nicht wahr?«
»Ich hoffe wirklich, dass sich die Dinge gut entwickeln zwischen dem Arzt und dir.«
»Vielen Dank.«
Lügner. Du willst ganz und gar nicht, dass sich Lindsay mit einem anderen Mann beschäftigt. Einen anderen Mann will. Einen anderen Mann liebt.
Selbst wenn er sie nicht liebte, wollte er doch nicht, dass ein anderer Mann sie bekam.
Barbara Jean konnte sich nur schwer mit dem abfinden, was ihr in den vergangenen Tagen zugestoßen war. Nichts erschien ihr wirklich, am wenigsten, dass sie ihre einzige Schwester verloren haben sollte. Sie und Gale Ann waren seit ihrer Kindheit sehr vertraut miteinander gewesen, hatten sich stets genauso als beste Freundinnen wie als Schwestern betrachtet, trotz der Unterschiede, was Alter und Persönlichkeit betraf. Sie hatte sich die meiste Zeit ihres Lebens um Gale Ann gekümmert und sie beschützt … bis zu diesem Autounfall vor fünf Jahren. Dann hatten sich ihre Rollen vertauscht, und Gale Ann hatte die Rolle der fürsorglichen Schwester übernommen.
»Guten Morgen, Ms. Hughes«, sagte Sanders, als sie in die Küche kam.
»Guten Morgen.« Sie bemühte sich um ein Lächeln, was ihr jedoch nicht gelang.
Als der kräftige, braun gebrannte Sanders ihr in einer knappen, höflichen Art und Weise zunickte, betrachtete sie ihn einen Augenblick. Vergangene Nacht hatte sie halb geschlafen, als er sie aus dem Auto und die Treppe hinauf in ein unglaublich schönes Gästezimmer getragen hatte. In dem Moment hatte sie gedacht, wie stark ein Mann doch sein musste, der in der Lage war, ihre dreiundsechzig Kilo zu tragen, ohne in Schweiß auszubrechen oder auch nur schwer zu atmen.
Seltsam, dass sie sich in Sanders’ starken Armen einfach nur umsorgt und beschützt gefühlt hatte, obwohl sie es für gewöhnlich hasste, wegen ihrer Behinderung bedient zu werden oder Umstände zu machen.
Ihr stromlinienförmiger motorisierter Rollstuhl verschaffte ihr Zutritt zu sämtlichen Räumen im Erdgeschoss von Griffin Powells Anwesen, aber sie war gezwungen gewesen, einen seiner Agenten darum zu bitten – einen großen, vierschrötigen Mann namens Shaughnessy Hood –, sie die Treppe hinunterzutragen und sie in ihren Rollstuhl zu setzen. Zu Hause, in ihrer
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