Killing Beauties: Thriller (German Edition)
Nachdem er dieser Befragung beigewohnt hatte, hatte er eine Vorstellung davon, wie es für die Polizeibeamten und FBI-Agenten sein musste, die an den verschiedenen Fällen arbeiteten, wie es für Griff und Lindsay sein musste, für jeden, der aus erster Hand erfuhr, welches Unheil ein solcher Mord im Leben der Hinterbliebenen anrichtete.
Er wusste, wie es sich auf der anderen Seite anfühlte … als Ehemann eines Mordopfers. Aber nun hatte er eine Ahnung davon, was es die Leute kostete, die versuchten, ein Verbrechen aufzuklären.
Judd folgte Lindsay, als diese Paul Dryer zur Tür ihrer Suite brachte. Mit Tränen in den Augen blickte dieser Lindsay an.
»Ich hoffe, Sie finden ihn«, sagte Dryer. »Wenn Sie das tun …«
Verdammt noch mal, lass ihn nicht anfangen zu weinen , dachte Judd.
Lindsay griff nach Dryers Hand und drückte sie. »Danke, dass Sie mit uns geredet haben.«
Er nickte. »Es tut mir so leid, dass ich Ihnen keine größere Hilfe war.«
»Sie haben alles getan, was Sie konnten«, sagte Lindsay zu ihm.
Dryer drehte sich zu Judd um und streckte ihm die Hand entgegen. Judd zögerte, dann nahm er sie.
»Sagen Sie mir, dass es leichter wird«, bat Dryer. »Sagen Sie mir, dass der Schmerz irgendwann erträglicher wird.«
Was zum Teufel sollte er darauf erwidern? Sollte er ehrlich sein und dem Mann sagen, dass der Schmerz nie vergehen würde?
Stimmte das wirklich? Er war sich bei gar nichts mehr sicher.
Als Judd nicht antwortete, sagte Lindsay: »Sie werden einen Weg finden, mit dem zurechtzukommen, was passiert ist. Es wird dauern, und Sie werden Sonya niemals vergessen, aber …«
»Wenn Sie sich auf die Wut und den Hass konzentrieren, wird Sie das zerstören«, erklärte Judd. »Sie würde das gewiss nicht wollen.«
Woher zum Teufel kam denn diese Weisheit? Aus den Tiefen deiner verdrehten Seele , sagte Judd zu sich selbst.
Dryer schluckte schwer und biss die Zähne zusammen, um nicht zu weinen. Er nickte, das Gesicht zu einem gequälten Stirnrunzeln verzogen, und eilte dann zur Tür hinaus und den Korridor hinunter.
Lindsay sagte nicht das, womit Judd gerechnet hatte. Sie sagte nicht: »Jenny hätte das bei dir auch nicht gewollt, oder?« Stattdessen sagte sie: »Da wir das Frühstück ausgelassen haben, werd ich schnell irgendwo etwas zu Mittag essen, bevor ich Devin bitte, mich in Sonyas Viertel zu fahren. Du kannst mit mir kommen oder …«
»Mittagessen klingt gut.«
»Okay.« Sie nahm ihre Schultertasche vom Bett.
»Wenn es dir nichts ausmacht, würde ich dich heute Nachmittag gern begleiten.«
»Sicher, das ist okay für mich, aber höchstwahrscheinlich wird es nichts bringen.« Lindsay ging zur Tür. »Aber es besteht immer eine Chance, dass irgendein wichtigtuerischer Stubenhocker etwas gesehen hat.«
»Lindsay?«
»Ja?«
»Was ich zu Dryer gesagt habe …«
Die Hand auf dem Türgriff, hielt sie inne und blickte sich zu ihm um. »Du hast ihm einen guten Rat gegeben.« Sie öffnete die Tür, trat auf den Korridor hinaus und eilte davon.
War das alles, was sie darauf zu erwidern hatte? Keine Standpauke? Keine Moralpredigt?
Auf halbem Wege zur Lobby holte Judd sie ein. »Warte auf mich!« Als sie ihren Schritt verlangsamte, fügte er hinzu: »Du hast es ja eilig, etwas zu essen zu bekommen.«
Sie erwiderte nichts, aber sie wartete, bis er sie eingeholt hatte, dann durchquerten sie die Hotelhalle und gingen nach draußen zu der wartenden Limousine. Devin Chamness lächelte und wünschte ihnen einen guten Morgen, dann schloss er die Fondtüren hinter ihnen.
Judd wartete darauf, dass sie ihm eine ihrer berühmten Lektionen in Sachen Sich-wieder-Aufrappeln und Auf-den-richtigen-Weg-Zurückfinden erteilen würde. Seit fast vier Jahren predigte sie ihm dieselbe Leier, tat ihr Bestes, um ihn von ihrer Sicht der Dinge zu überzeugen. Das Leben ist dazu da, gelebt zu werden. Ihre Appelle waren auf taube Ohren gestoßen, doch nach sechs Monaten ohne Lindsay war er zu dem Punkt gekommen, an dem er feststellte, wie sehr er sie vermisste. Verdammt, er vermisste sogar ihre Mach-weiter-mit-deinem-Leben-Vorträge.
»Wegen letzter Nacht …«, setzte Judd an.
Sie hielt den Blick starr geradeaus gerichtet, darauf bedacht, jeglichen Augenkontakt zu vermeiden. »Du hast einen Alptraum gehabt. Ich habe dich wach gerüttelt. Du hast gedacht, ich wäre Jenny. Schluss, Ende.«
Sie flocht die Finger ineinander und legte ihre Hände in den Schoß. Judd musterte sie, während er sich
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