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Kim Novak badete nie im See von Genezareth

Kim Novak badete nie im See von Genezareth

Titel: Kim Novak badete nie im See von Genezareth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Nesser
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Kaludis.«
    »Ja?«
    »Kennst du sie?«
    »Wir hatten sie als Vertretung in der Schule«, erklärte ich. »Im Mai und im Juni. Aber nur in ein paar Fächern, unsere Lehrerin hatte sich das Bein gebrochen.«
    Lindström nickte.
    »War sie eine gute Lehrerin?«
    »Oh ja. Das war sie auf jeden Fall.«
    »Weißt du, dass sie mit Bertil Albertsson zusammen war?«
    »Ja.« »Hast du sie im Sommer noch mal gesehen?«
    »Nein«, sagte ich. »Doch, ja sicher. Einmal im Lackapark.«
    »Im Lackapark?«
    »Ja.«
    »Nur dort?« »Ja.«
    »Und sonst nicht noch irgendwo anders, zufällig?« »Nein.«
    »Bist du dir da ganz sicher?« Ich dachte nach.
    »Jedenfalls nicht, soweit ich mich erinnern kann«, sagte ich. Lindström saß ein paar Sekunden lang wortlos da, ohne sich Notizen zu machen. Dann stand er auf.
    »Ich glaube, ich werde noch mal wiederkommen«, sagte er. »Und wenn du diesen Vorschlaghammer findest, dann ruf mich auf jeden Fall an.« »Das werde ich tun«, versprach ich.
    Wir gaben uns die Hand, und dann ging er fort.
    ***
    Einmal, als wir in die vierte Klasse gingen, pinkelte Balthazar Lindblom in die Hose. Das geschah während des Religionsunterrichts bei einem Vertretungslehrer, der Stengard hieß, der aber von allen nur Stenhard genannt wurde, weil er steinhart war. Irgendwie eisern, es hatte gar keinen Zweck, irgendetwas auszuhecken oder sich ihm in irgendwas zu widersetzen.
    Der Vorfall ereignete sich, als noch gut zehn Minuten Unterricht anstanden, und da wir alle still in unseren Büchern arbeiteten, konnten wir auch alle hören, wie es unter Balthazars Bank plätscherte. Stenhard auch.
    »Was ist los?«, brüllte er. »Was machst du da, du Idiot?«
    Balthazar pinkelte fertig, bevor er antwortete. Die Pfütze auf dem Boden schwoll zu einem richtigen kleinen See an, und wir, die ihm am nächsten saßen, bekamen die Erlaubnis, unsere Füße hochzuheben.
    »Aber der Herr Lehrer hat es doch gesagt«, erklärte Balthazar.
    »Was?«, fragte Stenhard. »Was willst du damit sagen?«
    »Der Herr Lehrer hat doch gesagt, dass wir zusehen müssen, unsere Toilettenbesuche auf die Pause zu begrenzen. Dass es gar keinen Sinn hat, während des Unterrichts zu fragen, ob man austreten darf.«
    Das war wahrscheinlich das einzige Mal während seiner gesamten Lehrertätigkeit, dass Stenhard eine Stunde zehn Minuten vor dem Klingelzeichen abbrach.
    Und Balthazar Lindblom ist der Einzige, von dem ich weiß, dass es ihm gelang, eine Art Held zu werden wenn auch nur kurzfristig -, indem er sich in die Hose pisste.
    Aber später war es nicht das Pinkeln an sich, sondern Stenhards Kommentar, der sich bei mir im Kopf festsetzte.
    Was er sagte, als er uns auf den Schulhof hinausschickte.
    »Korrekt. Du hast absolut korrekt gehandelt, mein Junge.«
    Stenhard fiel mir ein, als Kriminalkommissar Lindström Genezareth am Sonntagnachmittag verließ. Nicht, weil die beiden sich irgendwie besonders ähnlich gewesen wären, weder im Wesen noch äußerlich, aber sie hatten doch etwas gemeinsam. Etwas Eisernes, dachte ich. Etwas, an dem zu rütteln oder dem sich zu widersetzen, vollkommen sinnlos war. Ich wusste nicht, ob das gut oder schlecht war.
    Um ganz ehrlich zu sein: Es war wohl das erste Mal in diesem Sommer, dass Britt Laxman überhaupt Notiz von uns nahm. Von Edmund und mir. Also, an dem Montagvormittag, als wir unter der klingelnden Glocke das Geschäft in Äsbro betraten.
    Das erste und einzige Mal, genau genommen.
    »Ja, hallo«, sagte sie. Zeigte alle ihre sechzehn Vorderzähne und kümmerte sich kein Stück mehr um die grauhaarige Frau, die am Tresen stand und über irgendetwas klagte. »Hallo, Erik und Edmund. Wie geht es euch denn so?«
    Sie wusste zumindest unsere Namen. Ich sah Edmund an. Schaute mich dann im Laden um. Es waren ungewöhnlich viele Leute dort versammelt. Und ich begriff, dass Britt Laxman nicht die Einzige war, die wusste, wer wir waren. Mir war auch klar, dass die meisten nicht nur zum Einkaufen gekommen waren. Dieses plötzliche Schweigen und die Mundfaulheit der Leute hingen irgendwie mit Edmunds und meinem Auftauchen zusammen, das war so sonnenklar wie nur irgendwas. Einerseits war das natürlich sehr schmeichelhaft, aber gleichzeitig auch etwas bedrohlich, und ich glaube, dass Edmund das in dem Moment auch so empfand.
    Drei Sekunden, länger dauerte es nicht, aber die genügten. Wir sahen einander an und verstanden. Dann räusperte sich der alte Major Casselmiolke und nahm die Diskussion wieder auf, die er

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