Kim Schneyder
könnte es gehen! »… es ist eine wundervolle Frau, und dein sehnlichster Wunsch wird es sein, sie zu heiraten …« Ups, damit habe ich mich jetzt vielleicht ein bisschen weit aus dem Fenster gelehnt. Vielleicht hätte ich doch nicht gleich vom Heiraten reden sollen, wo er sich doch seit Jahren hartnäckig dagegen wehrt, seine eigene Freundin zu heiraten. Mit angehaltenem Atem beobachte ich seine Reaktion – doch er lächelt nur mit einem dusselig-glückseligen Gesichtsausdruck weiter, als wäre er mit allem einverstanden.
»Ich werde dir diese Frau jetzt beschreiben …«, rede ich erleichtert weiter, während ich gleichzeitig nervös registriere, dass der Bodyguard mich jetzt scharf ins Visier genommen hat und argwöhnisch jede meiner Bewegungen verfolgt. Bloß gut, dass der kein Deutsch kann, sonst hätte er uns schon längst an die Luft gesetzt, da bin ich mir sicher. Ich werfe einen hektischen Blick auf Sepia und überlege mir, wie ich sie am treffendsten beschreiben kann, sodass Albert sie hinterher als die Dame seines Herzens wiedererkennt. Dann fahre ich fort: »Sie ist groß … womöglich sogar größer als du …« Sepia ist größer als die meisten Männer, also dürfte sie auch Albert überragen. »Und sie hat breite Schultern …«, fahre ich fort, während Sepia überrascht eine Augenbraue in die Höhe zieht. Ich mache schnell eine hilflose Geste. »Ich muss dich doch so beschreiben, dass er dich später wiedererkennt«, flüstere ich ihr zu. Und dann wieder zu Albert: »Sie hat starke, sehnige Oberarme …« Mein Blick streift Sepia abermals auf der Suche nach weiteren auffälligen Merkmalen. »… Und ihr Gesicht ist schmal … sehr schmal … geradezu kantig … und sie hat blonde Haare, die sie kurz und nach hinten gekämmt trägt …« Mein Blick zuckt erneut zu Sepia, die jetzt ein bisschen säuerlich guckt, und dann fällt mir noch etwas an ihr auf, das sie unverkennbar macht. »Und ihre Ohren stehen ein wenig ab …«, füge ich hinzu und vermeide es dabei, sie anzusehen. »In diese Frau wirst du dich verlieben, und du willst sie unbedingt heiraten …« Dann fällt mir noch etwas enorm Wichtiges ein, damit er hinterher nicht mich beschuldigen kann. »Sobald du aus dieser Hypnose erwacht bist, wirst du diese Frau heiraten wollen, aber du kannst dich nicht mehr daran erinnern, dass ich dich in Hypnose versetzt habe …«
Auf einmal vernehme ich Geräusche, die mich aufschrecken lassen. Auweia, das kam von draußen. Sonjas Lied ist längst zu Ende, und jetzt kann man ganz deutlich laute Stimmen vernehmen, ganz so, als würde vor der Tür jemand lautstark diskutieren. Auch der Bodyguard hat es jetzt gehört, und entsetzt sehe ich, wie er sich von seinem Platz löst und langsam auf uns zukommt.
Mist. Das werden wahrscheinlich Alberts Gäste sein. Ich muss zusehen, dass ich hier zu einem Ende komme.
Hastig sage ich zu Albert: »Wenn ich jetzt bis drei zähle, wirst du erwachen, und du wirst dich an nichts mehr erinnern können, außer dass du diese Frau heiraten willst, und …« Ich zögere. Das mit dem Appetit muss ich ja auch noch unterbringen. Aber wie mache ich das, so auf die Schnelle? Ah, ich hab’s. »Und du wirst dich in nächster Zeit nur vegetarisch ernähren wollen und absolut nichts Süßes mögen …« Genau, das ist gut. Bei dem vegetarischen Zeugs nimmt man doch automatisch ab, und gesund ist das ja angeblich auch, nicht wahr?
Der Bodyguard hat sich uns jetzt bereits bedenklich genähert, und im selben Augenblick werden auch die Schiebetüren beiseitegeschoben.
»Eins, zwei, drei, du bist jetzt wach!«, rufe ich Albert schnell zu, dann weiche ich von ihm zurück und lasse mich in meinen Fauteuil fallen, als wäre nichts gewesen.
Der große Mann von vorhin steht jetzt an der Tür. Er wechselt ein paar Worte mit dem Bodyguard, wobei der ihm den Gesten nach erklärt, dass hier etwas total Schräges stattgefunden hat, dann tritt er an Albert heran und sagt etwas zu ihm.
Albert hat seine Augen wieder geöffnet, wirkt aber etwas weggetreten, was auch kein Wunder ist, blieb mir doch für die Rücknahme der Hypnose viel zu wenig Zeit. Aber wenigstens ist er wach, und seine Benommenheit wird sich bald wieder von selbst legen.
Die anderen Gäste strömen jetzt nach und nach herein, und sie mustern uns drei dabei ganz merkwürdig.
Sonja und ich tauschen fragende Blicke aus, weil wir beide nicht wissen, wie wir uns in dieser Situation verhalten sollen, während Sepia
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