Kim Schneyder
Männer sich von Verpflichtungen frei machen können, wenn man ihnen hemmungslosen Sex in Aussicht stellt – marschierte er schön brav ins Stundenhotel Zur kurzen Rast , ließ sich den Zimmerschlüssel aushändigen, der schon für ihn bereitlag, betrat die Flitterwochensuite, die sich von den anderen Zimmern eigentlich nur dadurch unterschied, dass sie über eine Badewanne verfügte, zog sich splitternackt aus, verband sich mit seiner eigenen Krawatte die Augen, legte sich aufs Bett und harrte der Dinge, die da kommen sollten – alles genau so, wie ich es verlangt hatte.
Dann mein Auftritt: Ich schlich aus dem Badezimmer, wo ich auf Gerhard gewartet hatte, band ihm zusätzlich zu seiner Krawatte noch ein Seidentuch vor seine Augen, damit er nicht schummeln konnte, und fesselte ihn mit einem Paar Handschellen, das ich für unschlagbar günstige sieben Euro in einem Sexshop an der Bahnhofstraße erstanden hatte, mit nach oben gestreckten Armen ans Bett.
»Also, Heidi, ich muss schon sagen …«, brach er lustvoll keuchend das Schweigen, das ich ihm auferlegt hatte.
»Schscht!«, mahnte ich ihn streng zur Ruhe. Es war auch gar nicht nötig, dass er etwas sagte, denn sein Körper verriet nur allzu deutlich, wie sehr ihm die Situation gefiel. So wartete er freudig erregt auf weitere Aktivitäten meinerseits – die allerdings ausblieben, denn mein Werk war hier bereits zu Ende.
Stattdessen trat jetzt Honzo auf den Plan, der zusammen mit mir im Badezimmer gewartet hatte und den ich für sein weiteres Vorgehen genauestens instruiert hatte. Als wichtigste Vorbereitung hatte ich ihn von Kopf bis Fuß mit Angel – mein Lieblingsparfüm – eingesprüht, damit Gerhard den Unterschied nicht sofort bemerken würde, und schließlich das Wichtigste: Behutsam vorgehen, und das möglichst so, dass mein untreuer Ex nicht gleich mitbekam, dass hier keine Frau zu Werke ging, sondern ein vor Testosteron triefender Lustknabe – na ja, Lust mann eigentlich … mit ein bisschen Speck an den Hüften.
»Ich fasse es nicht. Das habt ihr wirklich durchgezogen?!« Sonja schlägt sich die Hand vor den Mund, als ich mit meiner Geschichte fertig bin. »Und wie kamt ihr auf Operation Kakadu ?«
»Das war Honzos Idee. Er hat irgendwo gelesen, dass mehr als fünfzig Prozent aller Kakadus in Gefangenschaft schwul werden«, erkläre ich.
»Ist nicht wahr! Wo stand das denn, in einer Schwulenzeitschrift etwa?«
»Keine Ahnung.« Rückblickend betrachtet kommt es mir eigentlich auch ein bisschen komisch vor. »Egal, Gerhard hat jedenfalls nur das bekommen, was er verdient hat«, behaupte ich trotzig.
»Aber natürlich, da bin ich ganz deiner Meinung. Respekt, Respekt«, sagt Sonja mit aufrichtiger Bewunderung in der Stimme. »Von dir könnte so manche Frau etwas lernen. Mensch, Heidi, das könntest du glatt in dein Programm aufnehmen: Beratung für betrogene Frauen, wie mache ich den Mistkerl platt? , oder so ähnlich. Da gäbe es sicher eine Menge Kundschaft!«
»Wahrscheinlich hast du recht.« Ich nehme einen Bissen von meiner Pizza. »Trotzdem kapier ich’s nicht«, sage ich dann nachdenklich. »Wieso entschuldigt er sich jetzt bei mir? Ernsthaft, Sonja, ich dachte, er würde ausflippen, sobald er draufkommt, dass nicht ich, sondern Honzo ihn … na ja, du weißt schon. Und das war eigentlich auch der Hauptgrund, weshalb ich den Rest des Tages und die Nacht vor unserer Abreise unbedingt in Sepias Wohnung zubringen wollte.«
Das gibt auch Sonja zu denken.
»Ja, wenn man die ganze Geschichte kennt, klingt es allerdings merkwürdig. Am besten laden wir dein Handy wieder auf und sehen nach, was Gerhard sonst noch geschrieben hat, dann sind wir schlauer. Und interessant wäre auch, was Honzo zu berichten hat. Wieso hast du den eigentlich nicht angerufen, um die Einzelheiten zu erfahren?«
»Hm, ich weiß nicht«, zucke ich die Schultern. »Wahrscheinlich aus Angst, die Sache könnte aus dem Ruder gelaufen sein.«
Sonja nickt versonnen.
»Ja … Aber wenigstens wissen wir jetzt, dass Gerhard nicht auf einem blindwütigen Rachetrip ist, sondern selber ein schlechtes Gewissen hat. Eigentlich brauchst du dir wegen ihm also keine Sorgen mehr zu machen.«
Nachdem sie das ausgesprochen hat, fühle ich mich gleich viel besser. Gerhard hat mir meinen Streich anscheinend nicht verübelt, sondern als das hingenommen, was es gewesen war: Seine gerechte Strafe.
Na denn. Das war’s dann wohl. Ende gut, alles gut.
Aber seltsam irgendwie. Müsste
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