Kim Schneyder
anscheinend wirklich nur das billige Volk, und dieser eine Typ ist noch dazu ein Spanner.
Alles klar. Dagegen müssen wir auf jeden Fall schleunigst etwas unternehmen. Ich werde mit Bodo reden, der muss dem Kerl bei nächster Gelegenheit die Leviten lesen. Übung hat er darin ja schon. Bleibt allerdings zu hoffen, dass der Spanner nicht auch einen Bodyguard mithat, sonst gehen dem armen Bodo noch die Augen aus, durch die er gucken kann.
Durch meine Nachforschungen ist mir jetzt gleich noch wärmer geworden. Ich brauche dringend eine Abkühlung. Wasser, das ist das Zauberwort, und zwar möglichst kühl. Da die Brühe im Hafenbecken jedoch nicht gerade vertrauenerweckend aussieht, muss ich wohl oder übel mit einer Dusche vorlieb nehmen. Bodo hat vorhin etwas von einer Dusche an Deck der Scene it erwähnt, und tatsächlich finde ich nach einigem Suchen am hintersten Ende eine Klappe, unter der sich ein ausziehbarer Duschschlauch samt Brausekopf befindet.
Gerade als ich das kühle Nass über meinen Körper rinnen lasse, höre ich auf einmal: »Also, falls du mich scharf machen wolltest, dann ist dir das gelungen!«
Es ist Bodo. Sehr gut. Ich habe ihn gar nicht kommen sehen. Er steht mit vollen Einkaufstüten an der Pier und betrachtet mich mit einem breiten Grinsen.
»War nicht meine Absicht«, sage ich, »aber wo du schon mal da bist, Bodo: Wir haben ein Problem. Weißt du, ich hasse Spanner, und …«
»Dafür kann ich doch nichts, wenn du gerade jetzt eine Dusche nimmst«, rechtfertigt er sich schnell.
»Nein, doch nicht du! Ich meine den Kerl, der mich heute früh in meiner Kabine begafft hat.«
»Welcher Kerl denn?«, fragt Bodo verwundert.
Ich erzähle ihm von der ganzen Geschichte, während ich mich abtrockne und er seine Tüten auspackt. Zwischendurch zaubert er auch zwei frische Hotdogs hervor.
»Ich komme an diesen Buden einfach nicht vorbei, ohne etwas mitzunehmen. Du willst doch auch?«, sagt er und reicht mir eines.
»Sehr gerne, danke«, sage ich und nehme einen herzhaften Bissen. Es schmeckt köstlich, und jetzt erst merke ich, dass ich schon wieder ziemlich hungrig war.
»Und du hast da nur in deinem Höschen gelegen?«, kommt er dann auf meine Geschichte zurück.
»Ja«, antworte ich zwischen zwei Bissen.
»Das wusste ich gar nicht, interessant«, meint er kauend. »Und BH hattest du auch keinen an? Hattest du ihn ausgezogen, oder trägst du gar keinen?«
»Nein … also, gestern zumindest … das tut jetzt gar nichts zur Sache. Tatsache ist jedenfalls, dass der Typ mich angeglotzt hat«, behaupte ich trotzig.
»Vom anderen Boot aus, sagst du?«, wiederholt er.
»Ja.«
»Hm.« Er betrachtet das Segelboot und scheint nachzudenken. Wahrscheinlich überlegt er, ob er auf der Stelle rübergehen und gleich Klartext reden soll, oder vielleicht doch erst später …
»Also, ganz ehrlich verstehe ich gar nicht, weshalb du dich so aufregst«, sagt er stattdessen. »Es ist zwar nicht unbedingt die feine Art, in die Kajüte des Nachbarn zu gucken, aber wenn man so knapp nebeneinander im Hafen liegt, ergibt sich das manchmal ganz von selbst. Und jetzt mal ehrlich, Heidi, wenn ich dich so daliegen sähe, würde ich wahrscheinlich auch einen Blick riskieren.«
Wie bitte? Ich glaube, mich verhört zu haben. Ergreift er jetzt auch noch Partei für den Spanner?
»Aber der hat mich regelrecht angestarrt «, sage ich empört. »Und falls dir das noch nicht reicht: Gerade eben ist er auch noch mit einem Kajak an mir vorbeigefahren, während ich mich sonnte.« So, das hat jetzt wohl gesessen.
Doch Bodo lacht dazu nur reichlich unpassend auf. »Ja, und? Vielleicht wollte er Sport machen, hast du daran schon gedacht? Was kann er denn dafür, dass du in der Sonne liegst? Außerdem, Heidi, die anderen hier im Hafen können dich genauso beobachten, was ist schon dabei?«
Ich hole spontan Luft für eine scharfe Entgegnung, doch dann zögere ich.
Also, genau betrachtet … Was Bodo sagt, klingt irgendwie logisch, und von seinem Standpunkt aus wäre dann ja eigentlich alles harmlos gewesen. Was dann bedeuten würde …
Na, so was. Habe ich etwa überreagiert? Ich meine, Bodo hat schon recht, wenn ein Mann zufällig einen Blick auf das Nachbarboot wirft und da kugelt eine halb nackte Frau herum, dann ist es wohl natürlich, dass er einen Blick riskiert, nicht wahr? Von einer Sekunde auf die andere komme ich mir reichlich naiv vor.
»Ja, wenn du das so siehst«, lenke ich widerstrebend ein. »Aber es war
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