Kim Schneyder
dass ich so etwas zu hören bekommen habe, umso mehr freute ich mich über das Kompliment.
Wobei ich jedoch insgeheim auch Sorge hatte, dass er das missverstehen könnte und versuchen würde … na ja … jedenfalls habe ich mir ein paar Ausreden zurechtgelegt, nur für den Fall, aber zu meiner Verwunderung waren die gar nicht nötig. Bodo machte keinerlei Anstalten, sich mir zu nähern, im Gegenteil hat er sich später sogar ganz verzogen, weil er schon wieder ein paar dringende Sachen zu erledigen hatte.
Wodurch ich jetzt gewissermaßen der Kapitän bin. Oder heißt das Kapitänin? Was weiß ich, jedenfalls räkle ich mich auf dem Sonnendeck wie ein waschechter Hollywoodstar und mache bei der Gelegenheit gleich meine Umgebung ein bisschen verrückt. Aah, herrlich ist das …
Aber zugleich auch ziemlich warm.
Die Mittagssonne brennt inzwischen gnadenlos herunter, und trotz der leichten Brise, die vom Meer hereinweht, stehe ich knapp davor zu schwitzen, was bei mir nur selten vorkommt.
Ich rapple mich hoch und überlege. Mein Getränk würde inzwischen auch schon als Weihnachtspunsch durchgehen, und einen Moment lang schwanke ich, ob ich mich noch für ein paar Minuten auf den Bauch drehen soll, damit die gut betuchten Voyeure auch meine Kehrseite begutachten können, oder mir stattdessen lieber ein paar frische Eiswürfel holen gehe.
Während ich noch mit dieser schwierigen Entscheidung kämpfe, sticht mir auf einmal ein Boot ins Auge, das in einem Abstand von vielleicht zwanzig Metern an der Scene it vorüberfährt. An sich nichts Besonderes – in einem Hafen fahren andauernd Boote an anderen vorbei –, aber das ist kein normales Boot, sondern ein Kajak. Seltsam genug, würde man so ein Ding doch eher in einem reißenden Gebirgsbach vermuten als im Hafen von Monte Carlo, aber mehr noch interessiert mich der Mann, der darin hockt.
Der kommt mir irgendwie bekannt vor. Ich kann sein Gesicht zwar nur von der Seite sehen, und er hat ein Käppi auf, aber ich bin mir sicher, dass ich ihn schon irgendwo gesehen habe. Unter seinem weißen T -Shirt zucken sehnige Muskeln im Takt des Paddels, und wie es scheint, steuert er auf die Hafenausfahrt zu. Plötzlich dreht er den Kopf und sieht zu mir herüber, und als ich sein Gesicht von vorne sehe, fällt es mir wie Schuppen von den Augen.
Das ist der Mann aus meinem morgendlichen Deckenfresko!
Also habe ich mir das doch nicht eingebildet, dieser Typ war echt! Als er merkt, dass ich ihn wiedererkannt habe, dreht er schnell den Kopf wieder weg und verstärkt seine Paddelschläge. Aha, der Herr hat also ein schlechtes Gewissen und sucht jetzt schnell das Weite.
Ein Verdacht keimt plötzlich in mir auf. Ob es am Ende gar kein Zufall ist, dass er ausgerechnet hier vorbeipaddelt?
Aber warum sollte er mich beobachten, ausgerechnet mich?, frage ich mich dann. In Monaco gibt es doch jede Menge Frischfleisch, und ich bin mir sicher, dass die meisten von denen leichter zu haben wären als ich.
Dabei fällt mir wieder ein, dass ich ja noch nicht einmal weiß, von wo aus er mich beobachtet hat. Am Vormittag habe ich ganz darauf zu achten vergessen, nachdem mich Bodos Riesen … äh … Dings völlig aus dem Konzept gebracht hat.
Ich sehe mich schnell um und überlege. Die Kabine, in der ich aufgewacht bin, befindet sich im rückwärtigen Teil, und zwar auf der linken Seite. Was bedeutet, dass er bei uns an Bord gewesen sein muss, um durch die Luke spähen zu können.
Oder vielleicht doch nicht?
Kurz entschlossen marschiere ich nach hinten und begutachte das Heck der Scene it. Entlang der Seitenlinie gibt es eine ganze Reihe von kleinen Fenstern, und ich versuche mir vorzustellen, welches davon zu meiner Heckkabine gehören könnte. Da es meines Wissens hinter der Kabine nichts mehr gibt außer vielleicht einem Maschinenraum, können es eigentlich nur die letzten beiden Fenster sein, überlege ich. Ja, das würde passen, eines für die Kajüte, und das andere für die Nasszelle. Beide liegen etwas tiefer, vielleicht einen Meter über der Wasserlinie, und wie ich jetzt feststelle, ist es gar nicht möglich, bei diesen Fenstern hineinzublicken, wenn man an Bord der Scene it ist.
Bleibt also nur die andere Möglichkeit: Der Mann ist auf dem anderen Boot gewesen, auf diesem Segler, der gestern neben der Scene it angelegt hat. Genau, so muss es gewesen sein.
Sepias Worte fallen mir wieder ein, und spontan muss ich ihr recht geben. Auf diesen Segelschiffen befindet sich
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