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Kinder der Dunkelheit

Kinder der Dunkelheit

Titel: Kinder der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Ketterl
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tatsächlich Angst einjagten, ließen sie nicht nur ihre Schwerter sinken, sondern legten, so wie zuvor schon Sergej, auch ihre Ehrfurcht gebietende Aura ab. Langsam entspannten sich die Kämpfer und der Größte von ihnen trat vor, um zu sprechen.
    „Mein Name ist Rodrigo. Ich war Ares’ oberster Feldherr. Ares war es, dem ich vor fast einhundert Jahren die Treue geschworen habe. In all den Jahren habe ich nur für ihn gekämpft, nur für ihn getötet. Denen, die heute hier mit mir kamen, erging es ebenso. Alexandre war uns egal, Ares hat dessen Wahnsinn stets von uns abgehalten. Nun aber mussten wir mit ansehen, wie Alexandre unseren Herrn hinterrücks getötet hat. Dieser Geisteskranke hat seinen eigenen Sohn heimtückisch ermordet! Bitte lasst uns an eurer Seite kämpfen! Lasst uns Ares’ Tod sühnen, unsere Schwerter gehören euch.“
    „Nein! Nein, das ist nicht wahr! Er ist nicht tot, er darf nicht tot sein!“ Seldas herzzerreißender Schmerzensschrei hallte durch die Nacht.
    „Die Frauen sind hier, sie sind frei!“ Raffaele war der erste, der die schmalen Silhouetten aus dem Schatten der Burgmauer auftauchen sah, doch es gelang ihm nicht, rechtzeitig bei Selda zu sein. Vor allem, weil niemand der Männer sich ihre heftige Reaktion erklären konnte.
    Blitzschnell stürzte Saif nach vorn und fing die strauchelnde, schreiende Frau in seinen Armen auf, als sie ohnmächtig zu Boden fiel. Nun traten zögernd und sehr langsam auch die anderen Frauen aus dem Dunkel.
    „Luisa!“ Domingo trat zaghaft – so, als wage er nicht, seinen Augen zu trauen – einen Schritt aus der Deckung. Doch als er sah, dass es wahrhaftig seine Tochter war, die zwar müde und schmutzverkrustet, aber dennoch lebendig und leibhaftig vor ihm stand, gab es kein Halten mehr. Er eilte auf sein Kind zu und schloss sie in seine Arme. „Luisa, du lebst!“
    Massimo erging es ähnlich, doch war er, der im Gegensatz zu Domingo lange in dem Glauben gelebt hatte, dass seine Enkelin tot sei, nun vollkommen fassungslos vor Glück. Es gelang ihm nicht einmal mehr, einen vernünftigen Satz zu artikulieren. „Carla...“
    „Ja, Großvater, ich lebe. Mir tut einiges weh, aber ich lebe. Wir alle leben und das haben wir zwei Männern zu verdanken: Ares und ihm dort.“ Alle Blicke folgten ihrer ausgestreckten Hand.
    Es war Rodrigo sichtlich unangenehm, mitten im allgemeinen Interesse zu stehen. „Das war doch selbstverständlich“, murmelte er leise.
    „Das war es keineswegs! Ohne dich und Ares wären mein Kind und ich schon lange tot. Wir haben dir und Ares unser aller Leben zu verdanken. Das ist alles andere als selbstverständlich!“ Auf Audreys und Sabines Schultern gestützt, war Samira in das Blickfeld der verblüfften Anwesenden getreten.
    „Samira!“ Abdallahs Freude war nicht in Worte zu fassen, er schloss seine Tochter vorsichtig in die Arme. „Mein Kind, du ahnst nicht, wie erleichtert ich bin, wir waren verrückt vor So rge!“
    „Ihr hättet auch keine von uns lebend wiedergesehen, wenn Ares und Rodrigo sich nicht gegen diesen Tyrannen gewandt hätten. Rodrigo, ist es wirklich wahr? Alexandre hat Ares ... getötet?“ Sabine wandte sich an den tapferen Kämpfer, in dessen Augen es vor Freude angesichts der Dankbarkeit der geretteten Frauen und der Trauer über den Tod seines Herrn nun doch verräterisch glitzerte.
    „Ja, er … er hat ihn feige erstochen. Nicht einmal einen fairen Kampf gönnte er seinem eigenen Sohn.“
    „Sabine.“
    Sie hörte nur ihren Namen und wusste, ohne sich umzusehen, wer ihn geflüstert hatte. Sie wandte sich ihm zu, versuchte, die Fassung zu wahren, doch seine Stimme zu hören und ihn direkt vor sich zu sehen, war zu viel. Mit einem erstickten Schluchzen warf sich Sabine in Lucas geöffnete Arme. „Luca, mein liebster Luca, bitte verzeih mir, sei nicht böse! Ich könnte verstehen, wenn du mich wegschickst und mich nie wiedersehen willst. Ich war so dumm, so schrecklich dumm, bitte vergib mir!“ Sie war immer stolz darauf gewesen, stets und in jeder Situation irgendwie Haltung bewahren zu können. Lucas Gesicht, seine strahlenden Augen, sein glückliches Lächeln und seine Arme, die sie so fest umschlungen hielten, als fürchte er, sie könne jeden Augenblick wieder verschwinden, waren schlicht zu viel für Sabine. Sie konnte nichts gegen die Tränen tun, die ihr in Strömen übers Gesicht liefen.
    „Dumme kleine Prinzessin. Du musst mir vergeben. Ich hätte dir von Anfang an in allem die

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