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Kinder der Ewigkeit

Kinder der Ewigkeit

Titel: Kinder der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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diesen Raum verlassen?«
    »Das Depot.« Lukas' Stimme klang etwas deutlicher. »Mein Hauptdepot. Man kann es von hier aus erreichen.«
    »Wie?«
    »Das Steuergerät …«, sagte Lukas. Er hatte keine Arme mehr und bewegte den Kopf, wodurch sich ein Fladen von der semiorganischen Gesichtsmembran löste.
    Esebian betrachtete den Klumpen aus Metall und synthetischem Material am halb verbrannten Unterleib. Es war nicht mehr viel davon übrig.
    »Ganz links«, knarrte es aus Lukas' Artikulator. »Der Schalter … ganz links.«
    Esebian berührte die Reste eines Schaltelements und sah sich um. Nichts geschah.
    »Das Ding funktioniert nicht«, sagte er. Ein neuerliches Knirschen kam von der Decke, und er beobachtete, wie einer der Risse länger wurde. Staub rieselte herab.
    »Ein kleiner Transferitor, auf … meine Biosignatur codiert«, ächzte Lukas. »Es gibt keinen anderen … Ausgang.«
    »Und wenn wir das verdammte Ding nicht aktivieren können?«
    »Lass es mich versuchen«, sagte Leandra und beugte sich vor. »Manchmal kann ich mit Maschinen … reden. Mit einfachen Dingen.«
    Esebian warf ihr einen erstaunten Blick zu und beobachtete, wie sie das Steuergerät berührte, das bei Lukas den Platz der Genitalien einnahm. Sie schloss die Augen, und ihre Fingerkuppen wanderten über verformtes Metall und die Reste von Schaltflächen.
    In der Decke knirschte es lauter.
    Wir könnten das Steuergerät von Lukas lösen und öffnen , flüsterte Yrthmo. Wenn ich die Möglichkeit habe, einen Blick hineinzuwerfen …
    Soll ich es ihm aus dem Leib reißen?, dachte Esebian und spürte, dass Caleb dazu bereit gewesen wäre, im Gegensatz zu Evan Ten-Ten und Talanna.
    Ein leises Knistern kam aus dem Steuergerät, und nur eine Sekunde später bildete sich in der Mitte des Raums ein summendes Transferitorfeld. Kniend schob Esebian die Hände unter die Reste von Lukas, hob ihn vorsichtig hoch und stand auf. Plötzlicher Schwindel erfasste ihn, und er taumelte mit dem sterbenden Lukas in den Armen. Leandra hielt ihn fest und stützte ihn, als er zum Transferitor wankte.
    Der matte Glanz des Kraftfelds nahm sie auf und trug sie fort, und wenige Sekunden später stürzte die Decke ein.

 
33
     
    Talannas Trauer erfüllte Esebian, als er hilflos zusehen musste, wie Lukas starb. Er hatte ihn sofort nach dem Transfer einer Biomaschine übergeben, der es jedoch an Intelligenz mangelte – die Anlagen des Hauptdepots waren autonom und nicht mit Gevedons Datennetzen verbunden. Angesichts der schweren Verletzungen wäre eine Ganzkörpererneuerung nötig gewesen, und die ließ sich nur von einem Bioingenieur durchführen, der über das notwendige Instrumentarium verfügte.
    Lass mich mit ihm reden, Esebian , sagte Talanna, und er zögerte nicht, ihrer Bitte nachzukommen.
    »Gibt es hier einen Transferitor, Lukas?«, fragte Talanna mit Esebians Mund.
    Lukas lag im Läsionsbad der Biomaschine und versuchte, den Kopf zu heben. »Talanna? Bist du das?«
    Esebian beobachtete, wie Talanna seine Hand bewegte und die zerrissene Gesichtsmembran berührte. »Ich bin es, ja.«
    »Talanna …« Der Mund verzog sich zu einem schiefen Lächeln. »Es ist schön, dich zu hören.«
    »Wenn es hier einen Transferitor gibt, könnten wir dich zu einem medizinischen Zentrum bringen«, drängte Talanna.
    »Dazu ist es zu spät.« Mehrere Schläuche, Kabel und dünne Sensorstränge verbanden ihn mit der Biomaschine. Lukas' Stimme kam aus deren Artikulator und nicht mehr aus dem an der Seite des Kopfes. »Die Bioingenieure müssten nicht nur mich zusammenflicken, sondern auch den Symbionten, und das ist noch keinem von ihnen gelungen.«
    »Es tut mir leid, Lukas«, sagte Talanna sanft. Esebian, jetzt Beobachter in seinem eigenen Körper, sah aus dem Augenwinkel, dass Leandra alles beobachtete und aufmerksam zuhörte. In ihren Augen lag ein sonderbarer Glanz, der ihm schon zweimal aufgefallen war, beim Sprunggenerator des Enha-Entalen-Transporters, bei seinem inneren Gespräch mit den früheren Identitäten, und im Alkoven, als sie von Ayanne und den Zwillingen erfahren hatte.
    »Ich bedauere es noch mehr als du, Talanna, glaub mir. Fünfhundert weitere Jahre habe ich erwartet, und jetzt dies.« Die zerfetzte semiorganische Gesichtsmembran konnte kein Mienenspiel mehr zeigen, aber in der Stimme erklang nicht nur Kummer, sondern auch Zorn. »Der Mistkerl hat Erlauchten-Technik eingesetzt. Fast wäre es mir gelungen, ihn zu überlisten. Aber eben nur fast. Ich bin

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