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Kinder der Ewigkeit

Kinder der Ewigkeit

Titel: Kinder der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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rosafarbenen Schleim hinzu. Die aus Stahlkomposit bestehende Hälfte des Kopfes wies tiefe Dellen auf, und in der anderen steckte ein mehr als zehn Zentimeter langer Metallsplitter. Die semiorganische Zellmembran des Gesichts war zerrissen, ein Auge geplatzt. Es grenzte an ein Wunder, dass überhaupt noch Leben in Lukas steckte.
    Das leise Kratzen, das Esebian zuvor gehört hatte, wiederholte sich. Es kam aus dem Artikulator an der Seite des Kopfes. Esebian berührte das kleine Gerät und stellte fest, dass es sich aus der Einfassung gelöst hatte. Vorsichtig drückte er es an die Kontaktstellen.
    »Alter Freund …«, hauchte Lukas. »Er ist noch hier, Caleb. Schnapp dir den Mistkerl.«
    Esebian ergriff die nächste Vari-Waffe, huschte zur Tür und spähte in den Gang. Die Finger seiner rechten Hand bewegten sich wie von allein, aktivierten die Waffe, betätigten den Regler und justierten den Variator auf gewöhnliche Nadelprojektile mit geringer Sprengkraft. Dies war ein phasenverschobener Bereich. Hochenergetische Entladungen konnten ihn destabilisieren, und wenn der »Korridor« unsynchronisiert in die normale Raum-Zeit-Phase zurückkehrte, versuchten die festen Wände der an Lukas' Laden grenzenden Gebäude vielleicht, den gleichen Platz einzunehmen wie Esebians Körper.
    Mit der schussbereiten Waffe huschte er durch den Korridor und warf kurze Blicke in die Räume rechts und links. Sie enthielten Regale, Vitrinen und manchmal auch Sicherheitszellen mit halb transparenten Wänden.
    Plötzlich bewegte sich etwas vor ihm, ein Schatten oder Schemen. Esebian warf sich zur Seite, und etwas fauchte dicht an seinem Kopf vorbei, begleitet von einem scharfen chemischen Geruch, verharrte einige Meter hinter ihm mitten in der Luft und kehrte zurück. Noch im Fallen drückte Esebian ab, und mehrere Nadeln jagten der kleinen Rakete entgegen, die es auf ihn abgesehen hatte. Eine traf das nur zwei oder drei Zentimeter lange Geschoss, und das grelle Licht einer Explosion vertrieb die Dunkelheit aus dem hinteren Teil des Korridors.
    Esebian prallte auf den Boden, ignorierte den Schmerz im linken Ellenbogen und betätigte erneut den Auslöser der Vari-Waffe. Wieder fauchten Nadelgeschosse aus dem Lauf und sprangen dorthin, wo sich eben noch der Schatten befunden hatte. An der Rückwand des Korridors blitzte es mehrmals, doch Explosionen blieben aus – das Phasenfeld absorbierte die Energie der Nadeln, und ein kurzes Schimmern wies auf beginnende Instabilität hin.
    Mit einem Satz war Esebian wieder auf den Beinen. Er schwankte für einen Moment, als die Knie unter ihm nachzugeben drohten, dann stürmte er los, vorbei an den Türen und zum letzten Raum, dessen offener Zugang jetzt wieder im Dunkeln lag. Als ihn nur noch anderthalb Meter von der Tür trennten, warf er sich nach vorn, hechtete durch den Zugang, suchte dabei in der Finsternis nach einem Ziel, bemerkte eine Silhouette und feuerte. Nadeln zischten und zerstoben mit blau-weißem Flackern an einem Schirmfeld. Dahinter stand einen große, hagere Gestalt, in eine semiorganische Zweite Haut gehüllt, wie sie manchmal von Angehörigen der Ehernen Garde bei gefährlichen Einsätzen getragen wurde. Ihr Tarnmodus schien nicht mehr richtig zu funktionieren: Anstatt sich den Farben und Mustern der Umgebung anzupassen, zeigte sie wirre, langsam wechselnde Fleckenmuster. Das Gesicht verbarg sich hinter einer Maske, und die eine Hand hielt einen offenbar gerade aktivierten Noder.
    Der zweite Aufprall auf den Boden war noch heftiger als der erste, und diesmal war der vom Ellenbogen des linken, geschrumpften Arms ausgehende Schmerz so intensiv, dass Esebian nach Luft schnappte und für einen Sekundenbruchteil die Orientierung verlor. Eine Minirakete verfehlte ihn um wenige Zentimeter, bohrte sich in das Wandimitat hinter ihm und explodierte mit einem seltsam dumpfen Krachen im Phasenfeld.
    Die Konturen des Raums mit den Vitrinen und Regalfächern verschwammen, und wie dünne Finger aus Licht wirkende Leuchterscheinungen tasteten nach dem Schirmfeld des Fremden. Es platzte mit einem hohl klingenden Plopp und den schillernden Farben einer Seifenblase.
    Esebian drückte ab, aber von seiner Vari-Waffe kam nur ein leeres Summen, und ihm blieb nicht genug Zeit, eine andere Einstellung zu wählen. Der Mann mit der Maske betätigte den Noder.
    Esebian mobilisierte alle seine Kraftreserven, kam erneut auf die Beine und stieß sich von der Wand ab. Mit einem weiten Satz erreichte er den

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