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Kinder der Ewigkeit

Kinder der Ewigkeit

Titel: Kinder der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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das war eine der Voraussetzungen dafür, zu einer Hohen Welt zu werden. Und seit vielen Jahren waren die Magister damit beschäftigt, eine weitere Voraussetzung zu schaffen. Mithilfe der Kernzapfer, die fünftausend Kilometer tief in den Planeten reichten, entstanden ausgedehnte subplanetare Produktionsanlagen. In einigen Jahrhunderten würde vom ursprünglichen Planeten Lahor vielleicht nicht mehr übrig sein als etwa zehn Kilometer Kruste und das, was sich darauf befand; darunter wartete dann ein gewaltiger, von Magistergedanken gesteuerter Maschinenmoloch darauf, seine industriellen Muskeln spielen zu lassen und praktisch jeden Produktionswunsch zu erfüllen.
    »Und wenn Lahor jenes Stadium erreicht hat, haben wir nicht mehr einundzwanzig Hohe Welten, sondern zweiundzwanzig«, fügte Esebian seinen Erklärungen hinzu und hoffte, dass Leandra nichts bemerkt hatte. Der Mentalblocker schuf eine dicke, hohe Mauer um seine Gedanken, doch mit ihren Worten hatte Leandra bewiesen, dass sie durchaus imstande war, winzige Lücken und Ritzen in dieser Mauer zu entdecken. Er erinnerte sich genau: Nur die ersten Worte der von Talanna mit Erebos vereinbarten Losung – ein Zitat des von der Lahor-Muse geküssten Dichters Jai Jalkut Escoe – hatte er an Felton, Kaspari und Jacinta gerichtet. Der Rest war erst beim Brainer gefallen, wo Leandra sie nicht hatte hören können. Zumindest nicht mit ihren Ohren.
    Sprich weiter , flüsterte es in ihm. Lenk sie ab, bis du einen Orbit-Port erreichst.
    »Aber die Muse ist nicht das einzige besondere Merkmal von Lahor«, fuhr Esebian fort, während das Navigationssystem die Antares durch eine den Planeten umhüllende Wolke aus Tausenden von Raumschiffen steuerte. »Lahor ist vor allem für das Labyrinth bekannt. Es könnte sogar der Grund sein, warum der Planet zu einer Hohen Welt werden soll. Vielleicht wollen die Erlauchten alleinige Herren über das Labyrinth sein.«
    Leandra richtete einen fragenden Blick auf ihn.
    Esebian ließ ein Lächeln auf seinem Gesicht erscheinen – kein großes, kein zu herzliches; nicht übertreiben –, während die Finger der rechten Hand mithilfe der virtuellen Kontrollen vor der Armlehne die Kommunikationsprozessoren der Antares programmierten. Sie hatten gerade ein codiertes Signal empfangen, nur drei Nanosekunden lang und Teil des Datenstroms der Leitstationen, die den Raumschiffverkehr über Lahor überwachten und organisierten. Esebians Zeigefinger berührten ein grünes Bereitschaftssymbol, nicht einmal halb so groß wie die Fingerkuppe, und das Signal wurde direkt in seine Kom-Erweiterungen übertragen. Leandra hing noch immer an seinen Lippen; nichts deutete darauf hin, dass sie etwas bemerkt hatte.
    Die Antares glitt an einem mehr als vierzehn Kilometer langen interstellaren Habitatschiff der Malangatar vorbei, als Esebian sagte:
    »Das Labyrinth befindet sich auf Pertea. So heißt die subtropische Landmasse im Süden.« Ein Wink verschob das Indikatorlicht in die südliche Hemisphäre des Planeten, zu einem grünbraunen Bogen unter dem »Daumen« der kontinentalen Hand. »Ein erloschener Vulkan bildet den Zugang. Als man die oberen Abschnitte des Labyrinths vor achthundert Jahren entdeckte, glaubte man zuerst, Hinterlassenschaften der Lahorta gefunden zu haben, aus ihrer legendären Dritten Dynastie.« Die Informationen stammten zum Teil aus dem »Buch«, dessen Inhalt er in der Datennetzbibliothek aufgenommen hatte, durch die er mit Erebos unterwegs gewesen war.
    »Lahorta?«, fragte Leandra.
    Faszinierend, dachte Esebian. Sie schien alles vergessen zu haben: das instabile sekundäre Filigran, den dort stattfindenden Kampf, die Kriegsschiffe, denen sie unterwegs begegnet waren, von den Ereignissen auf Drossos ganz zu schweigen. Umso besser , raunte es in ihm.
    »Eine der drei intelligenten Spezies auf Lahor«, antwortete er. »Landbewohner und Mammalia. Die beiden anderen sind maritim und zählen zu den Aquae. Heute leben sie vor allem in den Tälern des Himmlischen Rückgrats, aber vor hunderttausend Jahren waren sie über den ganzen Planeten verbreitet. Die Exosoziologen teilen ihre Blütezeit in sechs Dynastien ein; die dritte soll eine hochtechnische Epoche gewesen sein und etwa tausend Jahre gedauert haben. Hinterlassenschaften aus dieser Dritten Dynastie gibt es nur wenige, aber in den Mythen und Legenden der Lahorta spielt sie eine große Rolle.«
    Inzwischen hatten Esebians Kommunikationserweiterungen das Antwortsignal decodiert und

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