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Kinder der Ewigkeit

Kinder der Ewigkeit

Titel: Kinder der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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oder der Mann, der ans Wohl der vielen denkt?«
    Da waren sie, die Konverterzellen. Esebian nahm die in ihnen gespeicherte Energie als angenehme Wärme wahr. Und die Kommunikationserweiterungen … Der Neuroprozessor, den ihm der TZ-Fürsorger in Titus Magobbs Auftrag an den Nacken gesetzt hatte, hinderte ihn daran, das System kontrolliert zu reaktivieren. Aber wenn es gezielt Energie empfing, würde es zu einer automatischen Reaktivierung kommen, den zuvor erklärten Notfall erkennen und das vorbereitete Signal senden.
    Das hoffte Esebian jedenfalls.
    Titus Magobb sprach mit den Fürsorgern, und Esebian hörte andere Stimmen – plötzlich schienen sich in diesem Teil des Therapiezentrums viel mehr Personen aufzuhalten, als er zuvor gesehen hatte. Vielleicht handelte es sich um Observanten und Ethikwächter.
    Er machte sich daran, die Konverterzellen zu öffnen. Fast sofort verwandelte sich die Wärme in Hitze, die zwar den kühlen Dunst zurücktrieb, aber auch eine Gefahr darstellte. Eine Entladung konnte ihn innerlich verbrennen.
    Das schmale, schiefe Gesicht des Verräters erschien erneut über ihm, und Titus hob ein kleines Gerät. Esebian erkannte einen Noder. »Ich bringe Sie jetzt zu jemandem, der großes Interesse an Ihnen hat.«
    »Tirrhel …«, ächzte Esebian.
    »Damit habe ich meinen Teil der Abmachung erledigt«, wandte sich Titus an jemanden, den Esebian nicht sah.
    »Zur Kenntnis genommen«, erklang eine Stimme.
    »Oh, bevor ich's vergesse …« Titus Magobb sah wieder auf die Diagnoseliege hinab und ließ die Hand sinken. Bevor der Noder aus Esebians Blickfeld verschwand, bemerkte er das Indikatorlicht am einen Ende. Das Gerät war eingeschaltet, und Sender und Empfänger hatten bereits eine Verbindung hergestellt – es musste nur noch das Transferfeld aktiviert werden. »Sie haben etwas, das ich von Ihnen zurück möchte.«
    Mit diesen Worten machte sich Titus daran, die privatversiegelte Tasche des weißen Umhangs zu öffnen.
    Esebian begriff, dass ihm nur noch einige wenige Sekunden blieben. Titus Magobb hatte es natürlich auf den grauschwarzen Kasten mit der Transitweiche abgesehen, und wenn er sie nahm, das Kom-Modul entdeckte und entfernte …
    Wie groß war die Entfernung zwischen Weiche und Noder? Esebian versuchte, in den grauen Schwaden der Benommenheit die Erinnerungen des technischen Spezialisten Yrthmo zu finden. Der Noder war eingeschaltet – konnte er mit der Transitweiche einen unkontrollierten Transit erzwingen, oder musste das Transferfeld aktiv sein?
    Das Siegel der privaten Tasche ließ sich ohne den richtigen Code natürlich nicht öffnen, aber mit einem Fingernagel, der sich in ein Vibromesser verwandelte, schnitt Titus durch den Stoff, nahm das Kästchen …
    »Oh, was haben wir denn da?«
    Esebians Gedanken rissen die Konverterzellen auf und drückten ihren heißen Inhalt in die Kommunikationserweiterungen. Licht flackerte über die weiße Zimmerdecke, als der Noder ein Transferfeld schuf, und eine Sekunde später verschwand die Decke.
    Der heftige Schmerz – wie von einer Axt, die sich in den Schädel bohrte – blieb diesmal aus, was vielleicht an der Benommenheit lag. Das Gefühl der Desorientierung blieb vage, und für einen Moment fragte sich Esebian, ob es ihm wirklich gelungen war, die Transitweiche zu aktivieren, und ob ein Transfer stattgefunden hatte. Dann verschwand die weiche Diagnoseliege unter ihm, und er fiel, umgeben von pechschwarzer Finsternis. Er prallte mit solcher Wucht auf etwas Hartes, dass er nach Luft schnappte, und einen Augenblick später rutschte er, denn der Untergrund war geneigt. Gegenstände trafen ihn im Gesicht, manche weich wie Schwämme, andere hart wie der Boden. Instinktiv versuchte er, sich irgendwo festzuhalten. Seine Hände schlossen sich um einen scharfkantigen Vorsprung, als die Beine plötzlich über Leere baumelten.
    Irgendwo in der Dunkelheit fluchte jemand.
    »Titus?«, krächzte Esebian. Die Hände waren halb taub, wie auch der Rest des Körpers, und es fiel ihm sehr schwer, sich festzuhalten. Der Zugriff auf seine Erweiterungen blieb ihm verwehrt, und er wagte es nicht, eine Hand vom Vorsprung zu lösen und nach dem Neuroprozessor im Nacken zu greifen.
    »Sie verdammter Narr!«, zischte es aus der Finsternis. »Wissen Sie, was Sie getan haben?«
    Esebian schwieg und konzentrierte sich darauf, die Hände um den Vorsprung geschlossen zu halten. Die Leere unter seinen Beinen konnte er nicht sehen, aber er spürte instinktiv

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