Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kinder der Ewigkeit

Kinder der Ewigkeit

Titel: Kinder der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
Vom Netzwerk:
Häuschen. Aber die Sensoren bestätigen es, Green: Instabilität voraus. Ich nehme den signalmarkierten Seitentunnel. Geh auf synchrone Navigation. Hast du verstanden, Green? Synchrone Navigation. Versuch nicht, schlauer zu sein als der Autopilot.«
    »Synchrone Navigation«, bestätigte Evergreen.
    Einige Sekunden verstrichen, während Esebian hinter dem Frachtmodul an der Wand lehnte, den Blick auf Titus Magobb gerichtet, der schlaff und reglos in den Gurten seines Formspeichersessels hing. Er hielt noch immer den kleinen Zylinder des Kombiwerkzeugs in der Hand, achtete aber darauf, dass die Finger den Sensorpunkten nicht zu nahe kamen. Als der Schmerz fast ganz abgeklungen war, machte er einen Schritt nach vorn, doch das Bein gab unter ihm nach, und er fiel der Länge nach hin. Im letzten Augenblick fing er den Aufprall mit den Händen ab und kniff dabei wie zuvor bei der Begegnung mit den Zeitschatten die Augen zusammen. Als er sie wieder öffnete, sah er das grauschwarze Kästchen mit Möbiusschleife, Transitweiche und dem von ihm selbst hinzugefügten Kom-Modul. Er streckte die Hand danach aus, doch der kleine Kasten rutschte fort, als sich der Schweber plötzlich zur Seite neigte.
    »Was stellen Sie da hinten an, Konsul?«, rief Evergreen. »Kommen Sie her. Es könnte noch ungemütlicher werden. Im Laderaum kann ich Sie nicht mit einem separaten Gravitationsfeld schützen.«
    »Bin … unterwegs«, ächzte Esebian. Er stemmte sich hoch, langte nach dem Kästchen, steckte es in eine Tasche des Therapieumhangs und stand auf. Als er nach vorn wankte, am immer noch reglosen Titus Magobb vorbei, schien der Schweber mit der rechten Seite gegen ein Hindernis zu stoßen. Stahlkomposit protestierte mit lautem Quietschen, Evergreen fluchte, und Esebian wurde von der Erschütterung auf die andere Seite des schmalen Durchgangs geworfen. Er stieß gegen die Wand, so heftig, dass ihn neuer Schmerz durchflutete und er zu spüren glaubte, wie sich etwas von ihm löste. Es war nicht nur ein Gefühl: Als er den Blick senkte, sah er auf dem Boden einen von der Biomaske abgefallenen Hautfladen.
    Eine halbe Minute später schloss der Kopilotensessel zwei Sicherheitsgurte um Esebian – er achtete darauf, die Hände frei zu behalten.
    Evergreen warf einen kurzen Blick zur Seite. »Sie sehen schrecklich aus, Konsul.«
    Esebian nickte nur und deutete nach vorn ins zentrale Displayfeld. »Wo sind wir?«
    »Das lässt sich derzeit unmöglich sagen«, erwiderte Evergreen, und ihre Finger stachen in virtuelle Kontrollen. »Wir müssen einige Minuten an Ort und Stelle bleiben, um unsere Position bestimmen zu können. Aber ich schätze, wir befinden uns jetzt in einer Tiefe von fast fünf Kilometern, und vermutlich haben wir den Omega-Abschnitt erreichte.«
    »Es wird kälter, Green«, ertönte die Stimme ihres Vaters aus dem Kom-Lautsprecher. In einem kleineren Displayfeld auf der linken Seite erschien kurz das Gesicht des Bärtigen und verschwand dann wieder hinter einem Vorhang aus Interferenzen. »Trotz der Tiefe. Es wird immer kälter.«
    »Das Labyrinth nimmt Ambientalenergie auf«, sagte Evergreen. »Und das bedeutet …«
    »Es bedeutet, dies ist keine gewöhnliche Aktivitätsphase. Sonst wäre die tote Zone sicher verschont geblieben.« Die Aufregung in Thadeus' Stimme war unüberhörbar. »Es ist ein labyrinthweiter Synchronisierungsversuch, an dem der Große Synchronisator beteiligt sein muss. Wir sind auf dem richtigen Weg, Tochter. Wir … Meine Güte!«
    Evergreen beugte sich vor, und das zentrale Displayfeld registrierte Bewegung und Blick, vergrößerte daraufhin einen Teil des Darstellungsbereichs. Einige hundert Meter vor ihnen endete der Tunnel in einer Höhle, die Thadeus bereits erreicht hatte – sein Schweber war zur Seite geschwenkt, um Platz zu schaffen. Wenige Sekunden später befanden sie sich ebenfalls in der Kaverne, und Evergreen machte große Augen, als sie die Geschwindigkeit ihres Schwebers mitten in der Höhle auf Relativnull reduzierte und das Licht der Scheinwerfer über die Wände streichen ließ. Die akustischen Sensoren übertrugen ein Knirschen und Rumpeln, und Esebian beobachtete, wie die horizontalen und vertikalen Riffelungen von den Wänden verschwanden, wie sie erst glatt wurden und dann halb transparent. Fächer entstanden, unterschiedlich groß, erfüllt von einem dichten Grau, das wie eingefangener Nebel wogte und wallte. Einige von ihnen schoben sich aus den Wänden und sahen aus wie …

Weitere Kostenlose Bücher