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Kinder der Ewigkeit

Kinder der Ewigkeit

Titel: Kinder der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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und Sie haben es ebenfalls gewusst, Präfekt. Woher?« Erebos, dachte er. Sein in die Datennetze eingeschleuster Hinweis hat nicht nur El'Kalentar erreicht, sondern auch die Präfektur des Direktoriats.
    Akir Tahlon stand auf, und dabei bemerkte Esebian, dass eine Tasche an seiner dunkelblauen Hose gut gefüllt zu sein schien. Er trat zur Wand, und das Gesteninterface des Zimmers ließ graues Stahlkomposit transparent werden. Lahor erschien, mit der kontinentalen Hand, die den halben Planeten umfasste. Das Schiff des Präfekten befand sich offenbar in einem recht hohen Orbit, denn zahlreiche Lichter weiter unten verrieten die Präsenz von anderen Raumschiffen und mehreren Orbital-Ports.
    »Seit einer Woche sind wir hier«, sagte der Präfekt langsam und fast wie zu sich selbst. »Zehn Tage habe ich auf Ihre Vernehmungsfähigkeit gewartet.« Er drehte sich um. »Ich hätte auch einen mentalen Crawler einsetzen können, um Ihren Gedächtnisinhalt auszulesen.«
    »Ohne meine Einwilligung?«
    Tahlon wölbte die Brauen. »Wollen Sie sich etwa auf Ihre Privatsphäre berufen? Mörder haben keine Privatsphäre.«
    Esebian schnaufte leise. »Warum sind alle so sehr an meinem Gedächtnis interessiert? El'Kalentar lenkte mich mit mehreren Transfers ab, um meine Erinnerungen aufzuzeichnen.« Der Mentalblocker in seiner Großhirnrinde fiel ihm ein, und er griff vorsichtig darauf zu. Er existierte noch, reagierte aber nicht, als er eine Statusanfrage an ihn richtete. »Und jetzt Sie.«
    »Was wollte El'Kalentar von Ihnen wissen?«
    Esebian zögerte und dachte an das Gefühl des Schrittes, der über eine lichtjahrweite Kluft führte. »Ihm ging es um meine Erlebnisse im Labyrinth«, sagte er ausweichend.
    »Warum hat er danach gefragt?«
    Esebian wollte den rechten Arm heben – vom linken war nur ein Stumpf übrig –, aber das Stützgerüst hinderte ihn daran. »Keine Ahnung.«
    »Wenn Sie nicht bereit sind, mir Auskunft zu geben, entscheide ich vielleicht doch noch, einen Crawler in Ihr Hirn zu schicken.«
    Esebians Gedanken waren noch immer träge, aber nicht so träge, dass er die Verletzung der Regeln übersah.
    »El'Kalentar ist nicht tot«, sagte er klar und deutlich, als wollte er sich mit diesen Worten selbst Gewissheit verschaffen. »Ich habe ihn nicht ermordet. Sie haben mich eben als Mörder bezeichnet, und was auch immer Sie mir zur Last legen wollen: Ich bestreite es, Präfekt. Worte allein genügen nicht. Sie müssen beweisen , dass ich einen oder mehrere Morde begangen habe, und Sie müssen diese Beweise einem Magistergericht vorlegen. Alles andere ist leeres Gerede. Schlimmer noch: Schon Ihre Drohungen sind ein Verstoß gegen die Regeln, über deren Einhaltung Sie als Erster Hochkommissar und Präfekt wachen sollten.«
    Akir Tahlons Gesicht blieb ausdruckslos, als er langsam näher trat, dicht vor dem Stützgerüst stehen blieb und einen kalten Blick auf Esebian richtete. »Wissen Sie, was ich von Leuten wie Ihnen halte?« Er beugte sich ein wenig vor. »Sie sind Abschaum , Esebian. Sie sind menschlicher Dreck, der Bodensatz unserer Gesellschaft. Für Leute wie Sie gibt es keine Regeln. Sie stellen Ihre eigenen Wünsche über alles andere und gehen im wahrsten Sinne des Wortes über Leichen, um Ihre Vorstellungen zu verwirklichen. Moral ist Ihnen fremd, und Ihre Ethik ist grenzenloser Egoismus. Während sich andere Menschen bemühen, die Prinzipien einer solidarischen Gesellschaft zu verwirklichen, in der Verdienste um die Gemeinschaft Motor der allgemeinen Entwicklung und des individuellen Aufstiegs sind, macht sich Gesindel wie Sie daran, all das zu untergraben, was wir aufbauen. Dreck wie Sie, Esebian, ist der Klotz am Bein der modernen Menschheit, ein Klotz, der sie langsamer vorankommen lässt. Und jemand wie Sie pocht darauf, dass für ihn die Regeln eingehalten werden? Jemand, der immer wieder getötet hat, um sich mit fremden Meriten Leben zu kaufen?«
    Was ist mit den Gemischten Gebieten?, wollte Esebian fragen. Was ist mit dem Makel, der vielen Menschen den Weg zur Unsterblichkeit versperrt? Aber er schwieg, denn er spürte plötzlich, dass die Trauer in Tahlons Augen auch eine Gefahr für ihn bedeutete. Der Präfekt war über irgendetwas zutiefst enttäuscht, so sehr, dass er sich vielleicht dazu hinreißen ließ, gegen die eigenen Prinzipien zu verstoßen. Wenn er provoziert wurde. Wenn er keinen anderen Ausweg sah.
    Aber vielleicht war genau das der Ansatzpunkt, den Esebian brauchte.
    »Was wollen Sie

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