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Kinder der Ewigkeit

Kinder der Ewigkeit

Titel: Kinder der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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besondere Verdienste. Ich erinnere Sie an den Paragraphen siebenundachtzig des Traktats.«
    Stille folgte, und Tahlons Gedanken rotierten.
    »Was ist damit?«, krächzte Esebian. »Was ist mit dem Paragraphen siebenundachtzig?«
    »Er ermöglicht dem Präfekten, Kandidaten für außergewöhnliche Leistungen ein Aufstiegsrecht zuzusprechen.«
    Esebians Augen wurden groß.
    Wieder herrschte einige Sekunden lang Stille, und dann sagte die Drohne: »Es wäre kein Verstoß gegen die Regeln, Präfekt. Das stelle ich hiermit fest.«
    »Er ist Konsul, nicht Resident.« Tahlon hatte das Gefühl, die Worte durch zusammengebissene Zähne pressen zu müssen. »Und Sie sehen ja, in welchem Zustand er sich befindet.«
    »Wir Magister haben die Therapien und die dafür notwendige Technik entwickelt«, sagte die Drohne. »Ich kenne Mittel und Wege. Wenn Esebian bereit ist, uns zu helfen …«
    Tahlon schnaufte. »Natürlich ist er das. Er …«
    »Ich helfe Ihnen, wenn Sie Aurora in Ruhe lassen«, brachte Esebian hervor.
    Tahlon musterte den Mann im Stützgerüst. Dass der Mörder es auch noch wagte, Forderungen zu stellen …
    »Wir sind abgeschnitten«, erwiderte er, die Stimme noch immer rau. »Sie haben es gehört. Die Kommunikation ist gestört.«
    »Nicht die mit quantenverschränkten Verbindungen. Für Magister mag die Bandbreite lächerlich gering sein, aber für eine Dringlichkeitsorder des Präfekten dürfte sie genügen.«
    Sekunden verstrichen, und Tahlon dachte daran, wozu El'Kalentar und die anderen Erlauchten diese Sekunden nutzten. »Mir bleibt keine Wahl«, sagte er schließlich.
    »Diesmal bleibt uns allen keine Wahl«, summte die Drohne.

 
     
     
    Was heißt die Zukunft, die uns Gräber decken?
    Die Ewigkeit, mit der du eitel prangst?
    Ehrwürdig nur, weil schlaue Hüllen sie verstecken,
    Der Riesenschatten unsrer eignen Schrecken …
     
DIE LETZTE GRENZE
62
     
    Noch immer hing der kleine Weber, nicht mehr als ein Kind, tot in seinem Netz. Esebian sah zu ihm hoch und dachte an das Wesen, das die letzte Grenze überschritten hatte, ohne Gelegenheit zu erhalten, jemals richtig zu leben. Mitgefühl regte sich in ihm, distanziert, mehr Gedanke als Emotion, und er fragte sich, ob Unsterbliche auf diese Weise empfanden, mit einer ruhigen Unerschütterlichkeit, die wie ein inneres Bollwerk war. Er senkte den Blick zu seinen Händen, die nicht mehr grau und kraftlos waren, und er drehte sie langsam, wie um sich davon zu überzeugen, dass sie tatsächlich ihm gehörten. Rege Aktivität herrschte um ihn herum, aber auch wenn sie ihn betraf: Sie blieb ohne Wirkung auf den inneren Frieden, der ihn ganz erfüllte. Alles in ihm war an seinem Platz. Die früheren Leben, Caleb, Talanna, Dorotheri und all die anderen, sie hatten schon vorher den Platz eingenommen, der ihnen gebührte, als einzelne Kapitel oder Abschnitte in dem großen Buch seines Lebens, das ihn in der Reife zu Esebian gemacht hatte, der sie alle in sich vereinte. Du wirst sie sehen, all die Wunder des Universums , dachte er und erinnerte sich an die von Caleb vergossene Träne. Wir haben es geschafft. Der Tod ist besiegt.
    Aber das stimmte nicht ganz. Der Tod blieb auf der Lauer, und vielleicht wartete er auf der anderen Seite der Transitmembran. Auch die Existenz von Unsterblichen konnte ausgelöscht werden – mit Gewalt. El'Hantor war gestorben.
    »Wie fühlt man sich als Erlauchter?«, erklang eine Stimme an seiner Seite.
    Esebian drehte den Kopf. Akir Tahlon trug einen schwarzen Kampfanzug, wie die Grauen der Ehernen Garde, die weiter hinten Aufstellung bezogen, bei den sieben zusätzlichen Drohnen, die der Magister Jae geschickt hatte. Hinzu kam ein ganzer Schwarm von großen und kleinen Kriegsmaschinen: Waffen, mit Gravitationsmotoren und Handlungsautonomie ausgestattet; Kundschafter und Späher, ihre silbernen Nadeln so winzig, dass sie selbst mit visuellen Erweiterungen kaum zu sehen waren; Partikelwolken aus Nano-Saboteuren, dazu bereit, ihre Datenpakete in fremde Kommunikations- und Informationssysteme einzuschleusen. Allein die hundert Grauen und ihre Ausrüstung waren eine Streitmacht, mit der man einen kleinen Krieg gewinnen konnte, und die sieben Drohnen fügten ihr Potenzial und die Autorität eines Magisters hinzu. Was auch immer sich auf der anderen Seite der Transitmembran befand: Sie konnten damit fertig werden.
    Das glaubte der Präfekt. Aber hinter den festen Mauern seines inneren Bollwerks konnte Esebian komplexe Überlegungen

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