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Kinder der Ewigkeit

Kinder der Ewigkeit

Titel: Kinder der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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starken kinetischen Feld räumte die Drohne Trümmer beiseite, und Tahlons Nanosensoren wiesen ihn auf hohe Bereitschaftsenergie hin. Die intelligente Maschine machte ihnen nicht nur den Weg frei; die Magister hatten sie auch beauftragt, die beiden Menschen zu schützen.
    »Alles Zufall, Exzellenz?«, fragte Tahlon skeptisch. »Fünfundzwanzigmal?«
    »Fünfundzwanzigmal bei wie vielen Transitkontakten, Präfekt? Ich habe mit den Magistern gesprochen. Sie schätzen, dass sich in jeder Sekunde auf der anderen Seite etwa fünfzigtausend Transitmöglichkeiten ergeben, und das Sterben dieses Filigrans hat vor einer Woche begonnen, mit dem Tod des Webers.«
    Eine Woche, dachte Tahlon. Zehn volle Tage. Und in jeder einzelnen Sekunde fünfzigtausend mögliche Transite. Voller Unbehagen sah er sich um. Der Kapselraum war von einem Geschoss getroffen worden, dessen kinetische Energie großen Schaden angerichtet hatte. Die Sicherheitsautomatik war sofort aktiv geworden und hatte alle Löcher und Risse mit Siegelschaum gefüllt. Trotzdem trugen El'Kalentar und Akir Tahlon eine Schutzmembran, die ihr Überleben einen ganzen Tag garantierte, zwanzig Stunden.
    »Sieben Passagiere sind hier gestorben«, sagte El'Kalentar und deutete auf die dunklen Flecken am Boden und an den Wänden. »Sie waren so schwer verletzt, dass sich keine Rekonversion durchführen ließ.« Er trat zu einem geborstenen Schott, neben dem Siegelschaum eine braune Kruste bildete, wie Schorf auf einer Wunde.
    »Warum nur hier?«, fragte Tahlon, und wieder teilte ihm seine Intuition mit, dass der Erlauchte etwas vor ihm verbarg, dass er mehr wusste, als er zugab. »Warum kommt es nur bei diesem Falschen Filigran zu Angriffen? Bei dem von Hajok geschah nichts dergleichen, und bei den anderen ebenso wenig.«
    El'Kalentar machte eine vage Geste. »Vielleicht liegt es an seiner besonderen Struktur. Jedes Filigran ist individuell. Unsere Reise hat gerade erst begonnen, mein lieber Tahlon. Ich werde die wissenschaftlichen Untersuchungen selbst koordinieren, und die Magister haben mir ihre Hilfe zugesichert.«
    »Bei allem Respekt, Exzellenz …« Tahlon wusste nicht, woher er den Mut nahm. Vielleicht lag es an dem Gefühl, von immer mehr Chaos umgeben zu sein und nach und nach die Kontrolle zu verlieren. »Ich kann meinen Aufgaben als Präfekt und Erster Hochkommissar des Direktoriats nur dann gerecht werden, wenn mir alle Informationen zur Verfügung stehen. Verzeihen Sie meine Offenheit: Ich habe das Gefühl, dass Sie mir etwas verheimlichen.«
    Der sechstausendvierhundert Jahre alte El'Kalentar wölbte eine Braue, die ebenso dunkel war wie sein schulterlanges Haar. In den Mundwinkeln zuckte es kurz – ein Lächeln? »Ich weiß, was sich hinter dieser Schleuse befindet, und Sie wissen es noch nicht. Kommen Sie, mein lieber Tahlon.«
    Die Drohne richtete einen kinetischen Strahl auf das geborstene Schott, und die dünne Luft übertrug ein dumpfes Knirschen, als das Stahlkomposit in Bewegung geriet. Eine Lücke entstand, groß genug, damit die beiden Männer die Schleusenkammer betreten konnten. Als sie darin standen, legte die Drohne ein Kraftfeld über den offenen Zugang und sandte ein Warnsignal, das Tahlons Schutzmembran ebenso wie die des Unsterblichen veranlasste, sich über den Kopf zu stülpen. Pumpen saugten die Luft aus der Schleusenkammer, und dann öffnete sich, gespeist von Restenergie, das Außenschott.
    Nur hundert Meter entfernt, im Herzen des fast toten Filigrans, waberte schwarz der Rachen des zentralen Wurmlochs. Das Gerüst des Filigranports reichte mit der Katapultbahn für die Kapseln noch weiter nach vorn, und an einer der Kompositschienen hing aufgespießt ein fremdes Geschöpf.
    Tahlons Unbehagen wuchs, trotz des analytischen mentalen Modus. Er wusste um das defensive und offensive Potenzial der Magisterdrohne, was ihn aber nicht davor bewahrte, sich schutzlos zu fühlen. Dass sich ein Erlauchter wie El'Kalentar einer solchen Situation aussetzte, erschien ihm vollkommen absurd. Der Schlund des Wurmlochs vor ihnen konnte jederzeit neue Gefahren ausspucken.
    Allem Anschein nach war das Wesen tot. Als großer dunkelbrauner Klumpen hing es dort im Nichts, von der Beschleunigungsschiene des Katapults durchbohrt – wie ein Köder vor dem Rachen des Wurmlochs, fand der Präfekt. Es schien in eine Art Panzerung gehüllt zu sein, deren Segmente im Licht der noch funktionierenden Positionslampen des Filigranports metallisch glänzten.
    El'Kalentar

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