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Kinder der Ewigkeit

Kinder der Ewigkeit

Titel: Kinder der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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vor langer Zeit, noch vor den Filigran-Kriegen, Präfekt«, sagte El'Kalentar. »Einen Teil meiner Zeit habe ich dort genutzt, um mich mit der Kultur der alten Griechen und Römer zu befassen. Dabei handelt es sich gewissermaßen um die ersten wahren Hochkulturen der Menschen.«
    El'Kalentar nahm ein Werkzeug von der Hüftschlaufe und schaltete es ein. Ein blasser kinetischer Strahl berührte die Gegenstände an der Brustplatte des Wesens. Sie lösten sich und schwebten nach oben, der Drohne entgegen, die sie in ihren konusförmigen Leib aufnahm. »Vielleicht handelt es sich um Waffen«, sagte er wie zu sich selbst. »Eine Untersuchung könnte sich lohnen.«
    »Wie Sie wünschen, El'Kalentar«, erwiderte die Magisterdrohne, und auch Akir Tahlon empfing ihre Stimme.
    In der nahen Öffnung des Wurmlochs brodelte es. Tahlon öffnete den Mund, um den Erlauchten darauf hinzuweisen, doch El'Kalentar fuhr fort:
    »Das Römische Reich blühte über viele Jahrhunderte hinweg«, sagte der Unsterbliche, richtete den kinetischen Strahl auf den Mund des Geschöpfs und öffnete ihn. Die scharfen Zähne waren deutlicher zu sehen, und Tahlon betrachtete sie mit einer gewissen morbiden Faszination. »Aber dann fiel es, wenn man so will, einem eigenen Finalen Evolutionskollaps zum Opfer. Dekadenz machte sich breit, und Barbaren eroberten das Reich, Völker, die in zivilisatorischer Hinsicht weniger weit entwickelt waren. Für die Erde begann danach ein dunkles Zeitalter.«
    »Exzellenz, das Wurmloch …«, begann Tahlon.
    »Das Direktoriat, mein lieber Tahlon, ist die höchste Stufe der Zivilisation, die die Menschheit jemals erreicht hat.« El'Kalentar deaktivierte das kleine Gerät in seiner Hand; nicht mehr vom kinetischen Strahl gehalten klappte der Mund des Wesens zu. »Aber es könnte uns ebenso ergehen wie damals vor vielen Jahrtausenden dem Römischen Reich auf der Alten Erde. Die Hohen Welten, Tausend Tiefen und die Gemischten Gebiete, auch die anderen Mächte, der Kongress, das Poseidon, die Klerikalen, die sich Gott oder den Göttern so nahe glauben … Wir alle könnten hinweggefegt werden von neuen Barbarenhorden, die aus den Falschen Filigranen kommen. Fügen Sie das den Gefahren hinzu, die ich Ihnen in meinem Domizil auf Taschka genannt habe. Fünfzigtausend Transitfluktuationen in einer Sekunde bei diesem Wurmloch, und fünfundzwanzig Angriffe in einer Woche. Wenn die anderen Filigrane ebenfalls instabil werden, Präfekt, und wenn auch nur zehn Prozent von ihnen ähnliche Verbindungen schaffen wie dieses hier … Wir haben nicht genug Schiffe, um sie alle zu bewachen.«
    El'Kalentar wandte sich von dem Wesen ab, stand mit dem Rücken zum Wurmloch auf dem Wartungssteg und sah Tahlon an. Hinter dem dünnen Film der Schutzmembran schien die rote Eidechse in seiner Stirn plötzlich wie aus Blut geschaffen, und die hellblauen Punkte auf den Wangen und am Kinn waren dunkler geworden, wirkten wie ein pockennarbiges Muster im schmalen Gesicht des Unsterblichen.
    »Haben Sie sich jemals nach dem Grund für das große Interesse der Magister am Finalen Evolutionskollaps gefragt, Präfekt? Sie selbst waren es, die uns auf dieses Phänomen aufmerksam gemacht haben, vor nur vierhundert Jahren. Vielleicht wussten sie, was mit den Filigranen geschehen würde.« Ein Lächeln erschien kurz auf seinen Lippen und verschwand sofort wieder. »Haben Sie es gewusst?«, fragte er und hob den Blick zur Drohne.
    Etwas kam aus den Tiefen des Wurmlochs, ein Ungeheuer aus Metall und organischem Gewebe, in einer permanenten Umarmung vereint. Die Drohne sendete ein schrilles Alarmsignal, und nur einen Sekundenbruchteil später begriff Akir Tahlon, warum sich El'Kalentar so unbekümmert und sorglos für den Abstecher an diesen Ort entschieden hatte. Oh, ich habe nicht vor, mein Leben aufs Spiel zu setzen , hatte er gesagt, in dem Wissen, dass ihn die Drohne jederzeit mit einem Transferitor in Sicherheit bringen konnte.
    Plötzlich stand Akir Tahlon allein auf dem Wartungssteg des Filigranports, einem toten Wesen gegenüber und den Blick auf ein viel größeres heranrasendes Ungetüm gerichtet, von dem er nicht wusste, ob es ein Raumschiff war oder eine Verbindung aus Schiff und lebendem Geschöpf. Nur hundert Meter trennten ihn von der Öffnung des zentralen Wurmlochs, und eine Energieranke, die ihre Wurzeln in dem monströsen Gebilde hatte, das tief im Schlund durch die Dunkelheit pflügte, wuchs ihm entgegen.
    Es blitzte, und von einem Augenblick

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