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Kinder der Nacht

Kinder der Nacht

Titel: Kinder der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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gebracht und werden dort wahrscheinlich erst morgen ... besser gesagt heute ... wieder freigelassen, nachdem die Strigoi ihre kleine Zeremonie hier veranstaltet haben.«
    Kate folgte ihm den Flur entlang und sah im Vorübergehen in die Zimmer. Das Licht der Kerze dehnte ihre Schatten an den rauhen Wänden entlang bis zur drei Meter hohen Decke. Kate war noch nie in einem Kloster gewesen und daher nicht sicher, was sie erwarten sollte: möglicherweise gotisches Interieur - kerkerartige Zellen, Holzschüsseln und Geschirr, möglicherweise einige abgenutzte neunschwänzige Katzen zur Selbstkasteiung.
    Reiß dich zusammen, Kate, dachte sie. Sie wollte wieder schlafen.
    Das Haus war größer und sauberer als die meisten, die sie in Rumänien gesehen hatte, nicht so vollgestopft, aber es hätte sich um die Behausung einer großen Bauernfamilie handeln können. Die Zimmer waren schlicht, enthielten aber Betten, die bequem aussahen, und Schränke. Nur die einfachen Kruzifixe an der Wand über jedem Bett deuteten auf ein Kloster hin. Die Küche war moderner als die meisten rumänischen Küchen: keine Holzschüsseln, aber jede Menge Plastikteller und Krüge, die Kate an ein Ferienlager erinnerten. Im Speisesaal stand ein abgenutzter und ungepflegter, aber dennoch eleganter, sechs Meter langer Tisch, der in jedem Antiquitätengeschäft in Amerika für mehrere tausend Dollar gehandelt worden wäre. Einer der Räume auf der anderen Seite des Speisesaals war in eine bescheidene Kapelle mit einem kleinen Altar und Kniebänken für rund zwanzig Personen umgebaut worden. Kate hatte selbst bei Kerzenschein den Eindruck von Schlichtheit, Sauberkeit und Gemeinschaftssinn.
    »Hast du dich hier aufgehalten?« flüsterte Kate. Es fiel schwer, in der Stille nicht zu flüstern.
    »Gelegentlich. Es war ein ausgezeichnetes Sprungbrett, wenn ich mit Kindern in den Bergstädten gearbeitet habe. Pater Danielescu und die anderen hier sind gute Menschen.« O'Rourke machte eine weitere Tür auf.
    »Ahhh«, sagte Kate. Das Bad war groß und tief und an drei Wänden gekachelt. Es war makellos sauber. Kate strich mit den Händen über Kacheln und das Emaille der Wanne selbst, dann runzelte sie die Stirn. »Wo sind die Hähne? Wie bekommt man Wasser in dieses Ding?«
    O'Rourke stellte die Kerze auf den Sims und ging in eine Ecke, wo sich auf einem Tresen eine Pumpe wie in Bauernhäusern über einem emaillierten Zuber befand, der wiederum auf einem kleinen Propangasbrenner mit einer einzigen Flamme zu stehen schien. »Es dauert eine Weile«, sagte O'Rourke, »aber es ist das heißeste Wasser in Tîrgovişte.« Er begann zu pumpen.
    Danach waren sie fünfzehn Minuten lang eifrig damit beschäftigt, zu erhitzen, zu schleppen und auszugießen, aber schließlich war die Wanne gefüllt. Dann machten sie Pause. Kate zeigte mehr Verlegenheit als O'Rourke. Ist er immer noch Priester? Mache ich etwas Wichtiges kaputt? War das in dem Heuschober nur ein Ausrutscher? Eine Sünde, die er beichten muß?
    Zur Hölle damit, dachte sie und knöpfte die schmutzige Bluse auf.
    »Ich überprüfe die Türen und Läden«, sagte O'Rourke, der unter der Tür stehenblieb. »Steig schon rein und laß dir Zeit, ich bade nach dir.«
    Kate stand in Unterwäsche vor ihm und sah ihm in die Augen. »Sei nicht albern. Das wäre eine Verschwendung von Zeit und heißem Wasser. Ich kann die Augen zumachen, wenn du kommst. Die Wanne ist groß genug. Wir werden nicht einmal bemerken, daß der andere da ist.« Sie legte BH und den weißen Slip ab.
    O'Rourke nickte und ging den dunklen Flur entlang.
    Als Kate sich in das dampfende Wasser sinken ließ, war ihr zum Weinen zumute. Es schien keine Heizung in dem Kloster zu geben, abgesehen von Kaminen in den großen Sälen, die Temperatur im Haus entsprach der herbstlichen Kälte draußen, und das Wasser dampfte buchstäblich und erzeugte einen köstlichen Nebel, der über den Rand der Wanne wallte, an den Kacheln hinabsank und sich auf dem Boden ausbreitete.
    Das Wasser war heiß. Auf dem Sims lag ein Klumpen Seife, der die Form eines Meteoriten hatte; sie seifte sich ein und ließ die Seife Schaum bilden, während sie bis zum Hals im heißen Wasser lag, den Kopf zurücklegte und die Augen zumachte.
    Sie hörte O'Rourke hereinkommen und beobachtete mit zugekniffenen Augen, wie er Handtücher und einen Stapel zusammengelegte Kleidungsstücke ablegte, dann machte sie die Augen wieder zu, während er sich auszog und zur Wanne kam. Er saß eine Weile

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