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Kinder der Nacht

Kinder der Nacht

Titel: Kinder der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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hinaus. Sie schob sich rückwärts, aber die andere Tür war versperrt.
    Ion heulte, taumelte und bemühte sich, das Gleichgewicht nicht zu verlieren, als ihm die heruntergelassene Hose über die Knie rutschte. Der Strigoi drückte die Hand auf die Wange, drückte den Muskel- und Hautlappen fest, der vom Ohr bis zum Mund verlief, spie Blut aus und sagte: »Dafür töte ich dich.«
    »Nein«, sagte eine Stimme hinter ihm.
    Ion wirbelte herum, Lucian trat in Kates Gesichtsfeld, hob eine schwarze Pistole mit sehr langem Lauf und schoß Ion aus einem Meter Entfernung direkt ins Gesicht.

Kapitel 36
     
    Lucian kam zur offenen Tür des Mercedes, wo Kate den Rücken gegen die verschlossene Tür preßte und die Schere vor sich hielt, wobei sie den Daumen fest auf den oberen Teil der Schneide drückte. Sie keuchte und versuchte, nicht zu hyperventilieren, obwohl ihre Lungen nach mehr Luft verlangten.
    »Kate«, sagte Lucian, ließ die Pistole mit dem langen Lauf sinken und streckte die Hand aus.
    Kate knirschte mit den Zähnen und hob die Schere wie ein Messer. »Bleib mir vom Leibe. Rühr mich nicht an.«
    Lucian nickte und wich zurück. Er griff ins Gras unter dem Auto, hob ihren Slip auf und legte ihn vorsichtig auf den Rücksitz. »Ich warte hier draußen«, sagte er leise.
    Kate saß argwöhnisch mit der erhobenen Schere da, während Lucian den Leichnam des Fahrers hinauszog und dann zurückkam, um die beiden anderen zu holen. Sie zog das Höschen an, während sich ihr Körper noch vor Schock und Ekel krümmte, dann sah sie zur Autotür hinaus, bevor sie ausstieg.
    Lucian hatte die Leichen auf die andere Seite des Autos gezogen, neben die verfallene Scheune. Die Pistole hatte er in den Gürtel gesteckt, hielt aber eine Axt in den Händen. »Kate, kommen Sie her und sehen Sie sich das an.«
    Sie lehnte sich einen Moment an das Auto. Sie zitterte, und ihr Verstand weigerte sich zu arbeiten. Farben schienen sich zu verändern, und ein Teil von ihr wollte immer noch schreien oder weinen - oder beides.
    »Kate, bitte kommen Sie es sich ansehen.« Lucian kniete neben dem Leichnam des Fahrers.
    Sie ging langsam, mit der Schere in der Hand, auf ihn zu. Der Anblick des Fahrers, der noch zuckend auf dem Boden lag, löste einen Ärztereflex in ihr aus, sie kniete sich neben den Mann und tastete mit den Fingern am Hals nach dem Puls. Sie fand keinen. Die Hände und Beine des Mannes zuckten trotzdem.
    »Ich habe ihm in Stirn und Hals geschossen«, sagte Lucian emotionslos. »Finden Sie nicht auch, daß er tot sein sollte?«
    Kate sah den jungen Medizinstudenten an, als sähe sie ihn zum ersten Mal.
    Lucian berührte die zuckenden Finger. »Der Virus weigert sich zu sterben, Kate. Selbst jetzt versiegelt er Wunden, und die Gerinnung läuft mit unvorstellbarer Geschwindigkeit ab. Der Virus sorgt für Sauerstoffzufuhr zum Gehirn, während die Körpertemperatur schon auf die eines Leichnams sinkt.«
    Kate fühlte wieder den nicht vorhandenen Puls. Sie war überrascht, als sie ihre eigene Stimme hörte. »Er kann kein Blut ins Gehirn befördern. Das Herz steht still.«
    Lucian nickte und bohrte drei Finger tief in den Solarplexus des Fahrers. »Fühlen Sie hier. Nicht? Na gut ... aber das Schattenorgan, die Blutabsorptionsmutation, übernimmt minimale Kreislauffunktionen. Der Virus möchte überleben. Dieser Mann ist klinisch tot, Kate. Aber wenn er innerhalb der nächsten achtundvierzig Stunden oder so frisches Blut bekommt, wird sich der Körper regenerieren. Es wird nicht zu Gehirnschäden kommen - und wenn, sind sie minimal. Dieses ... Ding ... wird wieder auferstehen, wenn die Strigoi ihn finden und mit Blut versorgen. Gehen Sie zurück.«
    Kate stand auf und wich zurück, während Lucian die Beine spreizte, die Axt hob und diese mit einer einzigen heftigen Bewegung heruntersausen ließ. Blut spritzte, und der Kopf des Fahrers wurde vom Körper getrennt.
    »Mein Gott ...«, sagte Kate und wandte sich ab. Sie ging weg und lehnte sich an den Mercedes, während Lucian die Prozedur bei Ion und dem jüngeren Strigoi wiederholte.
    Lucian hatte die geköpften Leichen in die verfallene Scheune geschleppt. Jetzt hob er die Köpfe einen nach dem anderen auf, trug sie zu dem Hain und warf sie weit zwischen die Bäume. Er nahm Grasbüschel, rieb sich Blut von Hosen und Schuhen und kam zum Auto zurück. Dort stand Kate, rieb sich die Arme und hielt die Schere vergessen in der rechten Hand. Lucian nahm sie ihr weg und warf sie in das hohe Gras.

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