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Kinder der Nacht

Kinder der Nacht

Titel: Kinder der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Kate viel zu laut vor. Lastwagen fuhren über die Brücke hinter ihr. »Du kommst nach Rumänien mit Voivoda Cioaba?«
    Kate spürte, wie ihre Knie weich wurden. »Ja«, flüsterte sie zurück.
    »Kommst mit preot? Priester?«
    Kate nickte.
    Die Frau packte Kates Pullover, knüllte ihn in der kräftigen Faust, stieß sie rückwärts ins Gras und hielt das Messer an Kates Gesicht. »Du Mutter von Strigoi.« Das letzte Wort zischte sie nur noch.
    Kate bewegte den Kopf langsam einen Zentimeter von der Messerspitze entfernt hin und her. »Ich hasse die Strigoi. Ich bin gekommen, um sie zu vernichten.«
    Die Frau sah sie blinzelnd an.
    »Sie haben mein Baby gestohlen«, flüsterte Kate.
    Die Zigeunerin blinzelte. Das Messer bewegte sich nicht. »Strigoi haben viele Zigeunerbabys gestohlen. Viele hunderte ani ... Jahre. Sie holen Zigeunerbabys zum Trinken. Jetzt nehmen sie Zigeunerbabys und verkaufen an Amerikaner.«
    Darauf wußte Kate nichts zu sagen.
    Die Frau nahm das Messer weg und kniete im Gras. Das Pferd graste in der Nähe weiter und beachtete sie gar nicht. »Ich bin hergekommen, weil ganze Familien von Romani diese Woche hergebracht worden. Soldaten haben geholt ... in Soldatenhaus bei Damm. Mein Mann und meine Tochter dort. Ich war bei Schwester in Ungarn. Soldaten lassen niemanden Straße entlang. Ich glaube, Strigoi werden heute nach Romani benützen. Ja?«
    Kate mußte an die Zeremonie denken. Sie und O'Rourke sollten, wie Radu Fortuna sich ausgedrückt hatte, das Sakrament liefern, ihr Blut für Joshua und die VIPs der Strigoi. Aber woran sollten sich die vielen hundert Strigoi- Gäste gütlich tun?
    »Ja«, sagte Kate. »Ich glaube, die Strigoi werden sie heute nacht töten.«
    Die Zigeunerin ballte die Fäuste. »Du tust etwas dagegen?«
    Kate holte tief Luft. »Ja.«
    »Du tötest sie irgendwie? Amerikanische Bombe, wie bei Saddam Hussein?«
    Kate lächelte nicht. »Ja.«
    Die Zigeunerin sah skeptisch drein, erhob sich aber und half auch Kate hoch. »Gut. Du willst Pferd?«
    Kate biß sich auf die Lippe und sah zur Straße. Militärlastwagen und Polizeifahrzeuge fuhren regelmäßig Patrouille.
    Der Berghang diesseits des Flusses war bewaldet, aber so steil, daß man unmöglich mit einem Pferd reiten konnte. Auf der anderen Seite erstreckte sich der Fluß bis zu den steilen Klippen am anderen Ufer.
    »Ich muß versuchen hinauf zur Zitadelle zu kommen ...«
    Die Zigeunerin schüttelte den Kopf. »Nicht Straße.« Sie deutete in den Wald hinter sich. »Dort alter Weg. Fast nicht mehr da. Aus Zeiten von Vlad Ţepeş ...« Die Frau verstummte, spie aus und wehrte den bösen Blick mit zwei Fingern ab, die sie Richtung Norden zu dem Leuchten hin hob. Sie ging zu dem Pferd und sagte etwas Schneidendes zu ihm, steckte das Messer in den Gürtel ihres Rocks und legte die hohlen Hände zusammen, was Kate als Aufforderung, auf das Pferd zu steigen, wertete.
    Kate stieg auf, aber alles andere als anmutig. Sie war manchmal in Colorado geritten, aber niemals auf so einem großen Pferd. Ihre wunden Schenkel schmerzten allein von dem breiten Rücken.
    »Komm«, sagte die Frau, hob das zusammengerollte Seil auf und führte das Pferd in Richtung Wald.
    Kate sah auf die Uhr. Es war 23 Uhr 46.
     
    Da schien kein Weg zu sein, aber die Frau führte das Pferd zwischen den Bäumen hindurch, und das Tier schien zu wissen, wohin es gehen mußte. Manchmal mußte sich Kate ducken und am Hals des Pferdes festklammern, damit sie nicht von Ästen abgeworfen wurde.
    Der Weg, wenn man die vageste Andeutung eines Trampelpfads überhaupt als Weg bezeichnen konnte, machte hinter der Felsklippe eine Biegung und führte steil über die Talsohle hinauf.
    Kate stellte fest, daß sich die Straße unten etwa eine Meile am Fluß entlang bis zur Zitadelle erstreckte, aber dieser Weg verkürzte die Entfernung um mindestens die Hälfte.
    Als sie zwei Drittel des Wegs den Berg hinauf zurückgelegt hatten, holte die Frau den Dolch heraus, schnitt das Seil durch, gab Kate das kurze Ende und sagte zu ihr: »Ich kehre jetzt um. Gehe zum Damm bei Bilea Lac. Wenn Mann und Tochter nicht befreit werden, ich bei ihnen.« Sie zögerte einen Moment, dann gab sie Kate das kurze Messer. Kate steckte es in den Gürtel und überlegte sich, wie absurd dieser kleine Doch gegen mehrere hundert Strigoi und deren Armee war.
    Die Zigeunerin verweilte und hob eine schwielige Hand. Kate hielt sie zu einem Handschlag Handfläche an Handfläche, dann verschwand die Zigeunerin

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