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Kinder der Nacht

Kinder der Nacht

Titel: Kinder der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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blinzelte.
    »Turbo-Automobil«, sagte der kleinere und vierschrötigere der beiden Führer. Als er grinste, reflektierte ein Goldzahn das Licht.
    Der Amerikaner holte einen Taschenrechner heraus und tippte Zahlen ein. »Hunderttausend Lei wären sechzehnhundertundsechsundsechzig Dollar beim offiziellen Wechselkurs, Liebes«, sagte er zu seiner Frau. »Mmmm ... nur etwa fünfhundert Piepen zum Schwarzmarktkurs. Aber das Auto ... ich weiß nicht ...«
    Der größere der beiden Führer grinste. »Nein, nein, nein«, sagte er. »Alle verlangen hunderttausend Lei. Nicht bezahlen. Diese Zigeuner ... sehen Sie? Sehr habgieriges Volk. Zigeunerbaby ist keine hunderttausend Lei wert. Ihre kleinen Kinder sogar noch weniger wert. Wir bieten ihnen dreißigtausend und sagen ihnen, wenn sie ablehnen, gehen wir anderswo hin.« Er drehte sich um und klopfte dem rumänischen Vater nicht allzu sanft auf die Brust. Der kleine Mann wand sich ein wenig und lauschte dem kaltschnäuzigen rumänischen Wortschwall.
    Kate verstand nur einige Worte - Amerika, Dollars, Narr, Behörden.
    Die junge Amerikanerin war zur Tür des dunklen Schlafzimmers gegangen und versuchte, das zweijährige Mädchen ins Licht herauszulocken. Der Ehemann war eifrig mit dem Taschenrechner beschäftigt; im Licht der schmucklosen Glühbirne glänzte Schweiß auf seiner Stirn.
    »Ahhh«, grinste der größere der beiden Führer. »Das kleine Mädchen, sehr gesund, sie sind mit fünfundvierzigtausend Lei einverstanden. Können heute nacht noch aufbrechen. Sofort.«
    Die Amerikanerin machte die Augen zu und flüsterte: »Lobet den Herrn.« Ihr Mann blinzelte und leckte sich die Lippen. Der kleinere der beiden Fremdenführer grinste seinen Kollegen an.
    »Das verstößt gegen das Gesetz«, sagte O'Rourke und betrat die Wohnung.
    Die Amerikaner zuckten zusammen und blickten verschüchtert drein. Die beiden Führer runzelten die Stirn und kamen nach vorn. Der Zigeuner sah seine Frau an, beiden stand die nackte Panik des entgangenen Geschäfts ins Gesicht geschrieben.
    »Es verstößt gegen das Gesetz und ist unnötig«, sagte der Priester, der sich zwischen die Führer und das amerikanische Paar stellte. »Es gibt Waisenhäuser, wo Sie eine gesetzliche Adoption beantragen können.«
    »Cine sînteţy dumneavoastră?« wollte der größere Führer wütend wissen. »Ce este aceasta?«
    O'Rourke beachtete ihn gar nicht und wandte sich direkt an die amerikanische Frau. »Keines dieser Kinder wurde zur Adoption freigegeben oder müßte adoptiert werden. Vater und Mutter arbeiten beide in der Raffinerie. Diese beiden ...« Er deutete mit einer wegwerfenden Bewegung der linken Hand auf die beiden Führer, als würde er sich zu sehr ekeln, sie anzusehen. »Das sind Gauner ... Informanten ... Gangster. Sie haben sich für diese Familie entschieden, weil schon andere in diesem Haus durch Einschüchterung dazu gebracht wurden, ihre Kinder zu verkaufen. Bitte bedenken Sie, was Sie vorhaben.«
    »Nun ...«, begann der Amerikaner, der sich wieder die Lippen leckte und mit beiden Händen seinen Taschenrechner festhielt. »Wir wollten nicht ...«
    Seine Frau schien den Tränen nahe zu sein. »Es ist nur so schwer, Visa für die kranken Kinder zu bekommen«, sagte sie. Ihr Akzent hörte sich nach Oklahoma oder Texas an.
    »Seien Sie still!« brüllte der größere der beiden Führer. Er schrie O'Rourke an, nicht das Paar. Der Führer machte drei schnelle Schritte nach vorn und hob die Faust, als wolle er den Priester in den Boden hämmern.
    Kate sah zu, wie sich O'Rourke langsam umdrehte, dann aber ausgesprochen schnell handelte, den erhobenen Arm des Führers am Handgelenk packte und ihn langsam nach unten drückte. Der Führer drehte die linke Hand und wollte O'Rourkes Handgelenk packen, aber der Arm wurde weiter nach unten gedrückt. Sie konnte sehen, wie das Gesicht des Rumänen vor Anstrengung rot anlief, konnte seine Sohlen auf dem Boden schlurfen hören, als er sich um einen besseren Stand bemühte, aber das umklammerte Handgelenk wurde einfach immer weiter nach unten gedrückt, bis O'Rourke den Arm samt der noch geballten Faust reglos an der Seite des Mannes festhielt. Das Gesicht des Führers war rot, fast schon Purpur geworden; sein ganzer Körper bebte vor Anstrengung, sich zu befreien. Der Priester selbst verzog nicht einmal das Gesicht.
    Der kleinere der Fremdenführer griff in die Tasche und brachte ein kleines Klappmesser zum Vorschein. Die Klinge schnellte heraus, er machte

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