Kinder des Donners
einer Dose ... Trotzdem, ich werde weitermachen.«
»Machen Sie das!« sagte Jake. »Machen auch Sie wei- ter!«
Während sie auf den Lift warteten — Bernie war noch geblieben —, sagte Claudia aufgeregt zu Peter: »Du
scheinst irgendeine Eingebung gehabt zu haben, eine Inspiration. Bist du dir schon klar darüber geworden,
was es damit auf sich hatte?«
Er schüttelte den Kopf. »Nein, verdammt! Es lag mir auf der Zunge und kam nicht heraus. Es kommt immer noch nicht. Es ist, wie wenn man versucht, sich an einen Traum zu erinnern; kennst du das? Aber wenigstens weiß ich, wodurch es ausgelöst wurde: Dr. Wilkinson, die Leute, die an der Klinik Samen spendeten, die Ver- bindung zu Computern, die Auseinandersetzung, die zur Auflösung der Partnerschaft zwischen ihr und Dr. Chinn führte ... Früher oder später werde ich da- hinterkommen. Ich werde vielleicht dem Computer die Aufgabe stellen. Oder Ellen.«
»Ellen?«
»Habe ich es dir nicht erzählt? Nein, ich glaube nicht. Wir haben uns in letzter Zeit nicht so oft unterhalten ... Also, sie entwickelt sich zu einem absoluten Intelligenz- freak. Sie hat bereits Bildschirmpost-Freunde auf der ganzen Welt. Ich mußte sie allerdings etwas bremsen, als ich herausfand, daß sie sogar Tafeln aus Australien abruft. Und das, obwohl sie — du wirst es kaum glau-
ben — anstatt zu der Hausaufgabenbetreuung, die von
der Schule empfohlen worden ist, zu gehen, nach dem Unterricht einen Teilzeitjob macht, indem sie einer alten Dame das Haus putzt! Und zwar, um für die Benutzung meiner Anlage selbst zahlen zu können!«
»Ich habe dir doch gesagt, daß sie eine ganz Helle ist, oder nicht?« meinte Claudia.
»Ja sicher. Ohne Zweifel! Ich habe ihr deshalb auch gesagt, daß sie, wenn sie sich auf Europa beschränkt und bereit ist, zur Seite zu rutschen, wenn ich arbeiten muß, damit herumspielen darf, soviel sie will.«
»Du läßt aber hoffentlich nicht zu, daß sie — nun, ei- ne Agoraphobie entwickelt, oder?«
»Im Gegenteil.« Peter schüttelte heftig den Kopf. »Ih- re Lehrer sagen, die Tatsache, daß sie so viel so schnell
lernt, bewirke Wunder hinsichtlich ihres Selbstvertrau-
ens. Der Wechsel zu einer neuen Schule, wo verhältnis- mäßig wenig ... ah ... gemischtrassige Kinder sind, hat- te ihr eine oder zwei Wochen lang Schwierigkeiten be- reitet. Tatsächlich war das sogar der Grund, warum sie nicht mehr zur Hausaufgabenbetreuung ging. Jetzt hat es den Anschein, als ob die anderen Kinder zu ihr kä- men, um sie um Rat und Hilfe zu bitten. Du hast recht:
sie ist sehr intelligent.«
»Und außerdem sehr nett«, bestätigte Claudia. »Grü- ße sie von mir!«
Der Lift kam. Sie sprachen beide kein Wort mehr, bis sie in der Eingangshalle angekommen waren. Dann sagte Claudia versonnen: »Ich hätte es mir nie träumen
lassen, daß ich einmal recherchierende Journalistin wer- den würde. Ich glaube nicht, daß ich als solche beson- ders gut sein werde — vielleicht kann ich mir mal bei dir den einen oder anderen Rat holen?«
»Stehe jederzeit zur Verfügung, meine Dame. Jeder-
zeit. Es kann allerdings sein, daß Ellen deine Gesprächs- partnerin sein wird.«
»Keine Angst. Ich werde höflich sein ...« Sie waren
am Eingang angekommen; das Pflaster davor war mit
hysterischen Flugblättern übersät, die sich gegen jegli- che Haustierhaltung richteten und auf denen Tollwut- opfer abgebildet waren. Auf gut Glück sagte sie: »Du bist bestimmt froh, daß du keinen Hund hast.«
»Ehrlich gesagt, ich habe schon daran gedacht, einen
anzuschaffen. Dann hätte Ellen Gesellschaft, wenn ich nicht zu Hause bin. Aber wenn man bedenkt, was zur Zeit so läuft...«
»Das wird sich totlaufen. Wir haben auch Tollwut in den Vereinigten Staaten. Wir leben damit.«
»Ich weiß, ich weiß. Wenn ich jedoch an die Hysterie denke, zu der man sich hier hinreißen läßt, dann kann ich mir vorstellen, wie das arme Kind eines Tages von der Schule nach Hause kommt und ihn gekreuzigt an der Haustür vorfindet. Sie hat schon genug durchma- chen müssen. Ich möchte nicht, daß so etwas auch noch dazukommt.«
»Wie sind deine Prognosen hinsichtlich der Schwei- ne?« entgegnete sie mit jüdischer Ironie, und ohne eine Antwort abzuwarten, drehte sie sich auf dem Absatz um und eilte zur nächsten Bushaltestelle davon.
Gute Frage! Die Organisation >Freilieit für Tiere<...
Peter schnalzte mit den Fingern. Das war ein neuer
Gesichtspunkt, den er für seine Schweine-AIDS-Story
brauchte.
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