Kinder des Donners
lockermachten, deren Direktoren Angst hatten, daß es in der nächsten Generation keine Rohöl-Geologen oder Freiwillige für Mondforschungsprojekte mehr geben könnte — jedenfalls nicht mehr außerhalb Rußlands, Europas und Japans.
Ihre Widersacher waren naturgemäß die Anbeter der Idee vom Allmächtigen Dollar, die durch eine computer- gesteuerte Manipulation der Börsenmärkte viel schnel-
ler viel reicher wurden, als es irgend jemand heutzutage mit echter Arbeit schaffen konnte.
Peter gab wieder einen Pfiff von sich. Nie war ihm diese spezielle Spaltung der amerikanischen Gesell- schaft so plastisch vor Augen geführt worden. Natür-
lich, hier in Großbritannien ...
Und während er noch die Lippen kräuselte, ver- schwammen die Linien auf dem Bildschirm für einen Moment zur Unlesbarkeit, dann erschienen sie wieder deutlich, doch als Buchstabensalat. Er sprang zornig auf.
Diese Schweine! Diese Schweine!
Er begriff die Warnung. Special Branch (oder SIS oder was auch immer — die Unterscheidung zwischen den einzelnen Spezialeinheiten der englischen Polizei war nur noch gering) hatte Big Brother in Langley unver- züglich gehorcht. Hier waren Daten im Spiel, die einem normalen Bürger des Vereinigten Königreichs nicht zu- gänglich sein durften!
Das paßte alles gut zusammen. Im Fernsehen würde man nichts darüber erfahren. Auch in den Zeitungen nichts dar- über lesen ... außer vielleicht im Programm TV-Plus oder im Comet!
Einen Moment lang dachte er voller Freundlichkeit an Jake Lafarge, der ihn in letzter Zeit etwas knauserig mit Aufträgen bedacht hatte.
Seine Gedanken schossen wieder zurück zu dem, was Claudia über die an Besessenheit grenzende Geheim-
niskrämerei der britischen Regierung gesagt hatte, und er schlug sich mit der Faust in die Handfläche. Dieser grauhaarige Rechtsanwalt tat ihm einen Gefallen (aber warum? Logischerweise, weil Claudia etwas mit den Struggern zu tun haben mußte, sonst würde ihre Uni- versität von den religiösen Fanatikern bedroht — Halt! Er hangelte sich mit seinen Mutmaßungen gleichzeitig in drei verschiedene Richtungen hoch und mußte versu- chen, wieder auf den Boden zu kommen) ...
Vielleicht hatte dieser Rechtsanwalt ihm unbewußt
einen Besuch der Bullen auf den Hals gewünscht.
Na ja, wie jeder in seinem Beruf, verfügte er über ge- wisse Verbindungen für den Notfall. Wenn sie nur nicht so teuer wären ...!
Mit einem Seufzer ließ er den Text aus Amerika in ei- nem Unterspeicher versinken, der eigentlich nach dem Datenschutzgesetz unantastbar sein müßte. Ganz be- stimmt war er das jedoch nicht, wenn man von der ge- waltigen Computerherrschaft, über die die Regierung heutzutage verfügte, ausging, aber zumindest war es ihnen vielleicht nicht der Mühe wert, das Gesetz zu bre- chen, das ihn schützte. Wenn sie wirklich beunruhigt
gewesen wären, hätten sie überhaupt nicht zugelassen, daß etwas auf seinem Bildschirm erschien, sondern hät- ten ihr Eingreifen einfach als Zusammenbruch des Computernetzes getarnt, indem sie im ganzen Block ei- nen Stromausfall inszeniert hätten, egal, wieviele un- schuldige Teilnehmer darunter zu leiden gehabt hätten.
An belebten Abenden wie dem heutigen konnte man in London so manche Viertel wie Warnlampen blinken se- hen — sofern die Straßenbeleuchtung überhaupt noch in Betrieb war.
Dann schaltete er sämtliche Alarmvorrichtungen an, damit das Eintreffen der Polizei so viel Aufsehen wie nur möglich erregen würde. Er gehörte zu einer Nach- barschafts-Garde. Als diese Einrichtung in den achtzi-
ger Jahren eingeführt wurde, hatten nur wenige Leute
vorausgesehen, daß diese Selbsthilfegruppen innerhalb so kurzer Zeit von der Polizei und der Regierung gehaßt würden, anstatt unterstützt zu werden. Keiner der an- deren Bewohner seines Hauses gehörte dazu, doch es gab fünfzehn Mitglieder in Hörweite seiner Alarmanla- ge, darauf vorbereitet, zu jeder Tages- oder Nachtzeit mit Fotoapparaten, Videokameras, Tonaufnahmegerä- ten zum Einsatz zu kommen ...
Herrje! So mußte es in Rußland vor Glasnost zugegangen sein! Außer daß die Nachbarn damals technisch nicht so per- fekt ausgerüstet waren.
Seine unerfreuliche Gedankenkette wurde durch das Läuten des Telefons unterbrochen. Im ersten Moment dachte er, es wären die Bullen, die von unten anriefen und fragen wollten, ob er ohne Aufsehen herunterkom- men würde. Dann sah er die Nummer des Anrufers auf
der Anzeigetafel. Es war die, unter der er Jim
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