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Kinder des Feuers

Kinder des Feuers

Titel: Kinder des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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nehmen lassen, selbst anzureisen und Freundschaft zu heucheln.«
    »Und wir können beweisen, dass wir an Reichtum und Vornehmheit nicht hinter unseren Nachbarn zurückstehen«, sagte Bernhard. »Die Mitgift muss entsprechend hoch ausfallen.«
    Angesichts der vielen Namen von Menschen und Orten, die gefallen waren, drohte Arvids Konzentration nachzulassen. Ungewollt stieg wieder Mathildas Bild vor seinem inneren Auge auf. So lange hatte er es geschafft, sich von ihr fernzuhalten, so lange war es ihm gelungen, zu vergessen, dass sie – wenn Wilhelm Rouen verließ, um seinen Sohn zu sehen – in unmittelbarer Nähe lebte. Nur heute nicht. Heute hatte er gar nicht anders handeln können, als er sah, wie jener Wetzstein auf sie niederfiel. Ob es ihr wohl gut ging, ob ihr zarter Körper noch bebte?
    Sein eigener tat es, und er atmete tief durch.
    »Im Übrigen hat es sein Gutes, dass Hugo nach Lyons-la-Forêt kommen wird«, meinte Botho eben. »Das bietet uns einmal mehr die Gelegenheit, ihm zu zeigen, dass wir ein ernst zu nehmender Verbündeter sein können – falls Hugo doch noch nach der Krone trachten sollte. Gleichwohl dürfen wir nicht zu deutlich Partei ergreifen, müssen Ludwig vielmehr vermitteln, dass wir treu zu ihm stehen, solange er seinerseits nicht an der Unabhängigkeit der Normandie und der Herrschaft unseres Grafen rüttelt.«
    Arvid rief sich ins Gedächtnis, wie fragil die Herrschaftsverhältnisse im westlichen Frankenreich waren. König Ludwig, sein Onkel, der ihm nach dem Leben getrachtet hatte, hielt sich nun schon seit knapp drei Jahren an der Macht, aber konnte sich trotz allem jugendlichen Ehrgeiz, die Welt Gegenteiliges glauben zu lassen, nie recht aus der erdrückenden Bevormundung Hugos des Großen befreien, durch dessen Gnade er überhaupt erst König geworden war. Hugo residierte in Paris, besaß die mächtige Abtei Saint-Denis und ein ungleich größeres Gebiet als Ludwig, der nur lächerlich wenig Land beherrschen konnte. Kein Wunder, dass es ihn insgeheim nach der Normandie gelüstete. Doch sich gegen Hugo zu behaupten bedurfte all seiner Anstrengungen.
    Erstmals neigte sich Osmond vor, um sich an dem Gespräch zu beteiligen. »Wir haben noch nicht darüber gesprochen, dass Wilhelm Werghaupt zwar reich ist, Aquitanien jedoch immer noch zersplittert. Was, wenn er es langfristig nicht unter seiner Herrschaft vereinen kann? Einen schwachen Schwager kann der Graf nicht um Hilfe bitten, falls die Normandie je angegriffen werden sollte.«
    »Nun«, meinte Bernhard, »ein schwacher Schwager kann allerdings auch selbst die Normandie nicht angreifen. Gerade weil Wilhelm Werghaupt im eigenen Land mächtige Feinde hat, hat er gar keine Zeit, einen begehrlichen Blick auf die Heimat seiner künftigen Frau zu werfen.«
    Osmond nickte schweigend, und auch die anderen brachten kein neues Argument hervor. Die wichtigsten waren genannt – nun lag es an Graf Wilhelm, zu entscheiden. Wie immer war dessen Blick ein wenig entrückt, als wären seine Gedanken woanders, aber als Bernhard sich räusperte, gab er sich einen Ruck und erklärte entschlossen: »Nun gut. So spricht also mehr dafür, dass Gerloc Werghaupt heiratet, als dagegen.«
    Osmond runzelte die Stirn, war er doch insgeheim wohl der Meinung, dass das Bewusstsein eigener Stärke und glühend vorgetragene Überzeugungen zu einer Entscheidung führen sollten, nicht ein nüchternes Abwägen von Vor- und Nachteilen, doch in jener Runde hatte seine Stimme das geringste Gewicht, und so enthielt er sich eines Einwandes. Der pragmatische Bernhard hingegen schien zufrieden, den Grafen so schnell überzeugt zu haben, und erhob sich.
    Osmond war Wilhelm treu ergeben, aber Arvid hatte schon oft erlebt, dass er Versammlungen hastig aufhob, sobald er sein Ziel erreicht hatte. Alles zu tun, um seine Herrschaft zu sichern und zum Erfolg zu führen, bedeutete nicht, auch des Grafen Freund sein zu wollen, mit dem man so viel Zeit wie möglich verbrachte.
    Auch Arvid sah sich nicht als Freund Wilhelms, gleichwohl er sitzen blieb, während Osmond und Botho Bernhard folgten. So selbstverständlich der Graf hinnahm, dass seine Berater ihn scheuten, so großen Wert legte er darauf, sich stets mit seinen Mönchen zu umgeben. Er wurde nicht müde zu beteuern, dass sie seine wahre Familie seien, in deren Kreis er Gottesdienst feierte, betete, fastete und manche Nacht durchwachte. In Wahrheit erwies er sich ihnen gegenüber genauso unnahbar wie Bernhard oder Botho. Mit

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