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Kinder des Judas

Titel: Kinder des Judas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz , Markus Heitz
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anschaute. Ihre Kleidung bestand aus einem fleckigen weißen Kleid, über dem sie eine Wolljacke trug; die Füße steckten in einfachen, dünnen Schuhen, die kaum mehr waren als ein paar zusammengebundene Lederlappen. »Ja?«
    »Ist Giure da?«, fragte Scylla und bemerkte, dass sie zu forsch für eine Fremde klang, die nichts Böses im Schilde führte.
    Die junge Frau musterte sie gründlich. »Wer bist du, und was willst du von ihm?«
    »Ich bin J …« Beinahe hätte sie ihren neuen Namen vergessen. Die Umgebung irritierte sie, plötzlich war sie wieder das kleine Mädchen mit dem bösen Blick und dem Feuermal. »Ich bin Scylla.«
    »Die Tochter des Medicus!« Ihr Gegenüber bekreuzigte sich hastig und senkte den Blick, um ihr nicht in die Augen schauen zu müssen, dann schob sie den Eingang wieder zu. »Geh weg! Mein Bruder ist nicht da, und er will dich auch nicht mehr sehen …«
    Scylla stemmte den ausgestreckten rechten Arm gegen die Tür, es strengte sie kaum an. »Wie geht es ihm? Ich möchte mit ihm reden.«
    »Geh weg«, sagte die junge Frau verzweifelt. »Wir wollen dich hier nicht haben.«
    »Wer ist da, Elisabetha?«, kam Giures Stimme aus dem Hintergrund. »Mach keinen solchen Lärm, Vater will sich ausruhen.«
    »Eine Bettlerin«, rief Elisabetha nach hinten. »Mach den Hund los, er soll sie vertreiben.«
    »Ich bin es, Giure, Scylla!«, rief sie. »Ich möchte dich sehen.«
    Schnelle Schritte näherten sich dem Eingang, Elisabetha verschwand, und der junge Mann erschien auf der Schwelle. Er trug eine lange braune Hose, Hemd und Stiefel; ein Schal lag schützend um seinen Hals. »Scylla«, sagte er freudig, und seine Augen leuchteten auf, doch dann wich das Gefühl. Misstrauen legte sich auf sein Gesicht. »Was willst du?«
    »Sprechen.« Scylla war erleichtert, ihn zu sehen. Ein warmes Gefühl ging von ihrer Körpermitte aus und verteilte sich gleichmäßig in ihr, ihr Mund wurde trocken und die Hände feucht. Sie beugte sich vor und flüsterte: »Über die Nacht, in der du gesehen hast, wie ich die Upirina tötete.«
    »Nicht hier.« Er langte neben die Tür und nahm einen Mantel, dann kam er heraus und zog die Tür zu. »Gehen wir ein paar Schritte.«
    Scylla war glücklich, ihren Freund wiederzusehen, gleichzeitig jedoch hatte sie das Gefühl, dass er sich zurückhaltend benahm. Die Angst, ihn zu verlieren, schwoll an. Bevor sie etwas sagen konnte, öffnete sich die Tür von Giures Haus, und Elisabetha erschien, in der Hand hielt sie eine Sichel. »Du wirst ihn nicht mit dir nehmen«, schrie sie und rannte auf sie zu.
    »Geh zurück ins Haus, Schwester«, befahl Giure. »Sie tut mir nichts.«
    Weitere Bewohner waren durch das Geschrei aufmerksam geworden, erschienen auf der Straße und sahen zu ihnen hinüber, einige Männer kamen sogar zögerlich auf sie zu und umringten den jungen Mann und Scylla.
    »Sie soll dich in Ruhe lassen«, verlangte die Schwester aufgelöst und baute sich vor Scylla auf. »Ich will nicht, dass du mit ihr etwas zu schaffen hast. Vater ist auch dagegen.«
    Einer der Männer trat vor, schob das Mädchen hinter sich undsah Scylla ins Gesicht, nicht aber in die Augen. Es war wie früher, als sie in Gruža gewohnt hatte. »Was willst du im Dorf? Du und dein Vater waren noch nie am helllichten Tag bei uns.«
    Giure lächelte beschwichtigend. »Ich habe nach ihr geschickt. Mir ist seit einigen Wochen übel, und ich wollte, dass sie mir Kräuter dagegen empfiehlt«, log er. »Wir waren eben auf dem Weg zu einer Stelle im Wald, an der sie im gefrorenen Zustand zu finden sind.«
    »Erst dann entfalten sie ihre ganze Wirkung«, sprang ihm Scylla bei und hätte ihn am liebsten für seine Ausflucht umarmt. »Der Frost muss über sie gegangen sein, sonst wirken sie nicht.«
    Der Mann sah zu Elisabetha. »Mir erscheint das einleuchtend. Was soll also der Aufstand?«
    Sie senkte den Arm mit der Sichel. »Sie führt Übles im Schilde. Ich weiß es. Und auch unser Pope hat gesagt …«
    Giure warf ihr einen Blick zu, und sie verstummte. Er wollte die Ansicht des Dorfgeistlichen hierzu nicht hören. »Geh wieder hinein, Schwester, ehe du dich erkältest.«
    Scylla lächelte süßlich. »Ich hätte ein gutes Mittel gegen Fieber. Falls es dich packen sollte, Elisabetha.«
    »Von dir und deinem Vater nehme ich nichts mehr. Ihr seid verflucht, auch wenn es manche nicht wahrhaben wollen! Alle, die in der Mühle leben oder dort ein und aus gehen, sind verflucht.« Sie wandte sich um und rannte

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