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Kinder des Judas

Titel: Kinder des Judas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz , Markus Heitz
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als diese die Maße des Kopfs bekanntgab.
    Der Vorgang bekam etwas Magisches, und Benommenheit breitete sich in ihrem Verstand aus. Sie wurde von zahlreichen weichen, warmen Händen auf den Bauch gedreht und empfand es nicht mehr als unangenehm. Sie war von Wärme umgeben wie in einem Bad, sie glitt in einen Schlummer …
    »Scylla, mach die Augen auf«, hörte sie Lydia Metunova sagen.
    Beinahe erschrocken riss sie die Lider auf. Sie lag wieder auf dem Rücken und hatte sich getäuscht: Das Licht war hell und gnadenlos, und die fremden Männer und Frauen standen noch immer um sie herum.
    Ihr Körper erinnerte sich an die vielen Berührungen, Ekel und Abscheu stiegen in ihr auf. Ihre Brüste wurden gedrückt, ein Mann vermeldete »fest und prall«, die Hüfte von einer Frau als»etwas zu schmal« deklariert, »schlecht fürs Kinderkriegen«. Scylla versuchte, sich der letzten alchemistischen Aufgabe zu entsinnen, doch mit jedem ausgerufenen Maß, jeder neuerlichen Berührung an den intimen Stellen wuchs der Widerwille gegen diese Behandlung; schließlich wollte sie den Fingern nur noch entkommen.
    »Gleich ist es vorbei«, sagte Metunova. »Ich möchte, dass du die Beine anwinkelst, damit ich deine Weiblichkeit besser untersuchen kann«, sagte sie nüchtern und verlor nicht ihr freundliches Lächeln.
    Scylla sah um sich herum die gespannten Gesichter. Der Ischariot verharrte neben der Baronin, die sich gerade von ihrer Elevin den Ärmel des rechten Arms nach oben krempeln ließ und sich sodann in einer Schüssel mit warmem Wasser die Finger wusch.
    Noch niemals hatte Scylla etwas so viel Überwindung gekostet. Weder das Aufschneiden von noch warmen Leichen noch das Präparieren von Innereien, noch der Anblick entstellter Gesichter von Unfalltoten, deren Schädel von Kutschrädern oder Pferdehufen zerquetscht worden waren. Der Tod mit all seinen vorstellbaren Gesichtern hatte den Schrecken für sie verloren, aber ihre Weiblichkeit zur Schau zu stellen, als sei sie ein Präparat, ließ sie erbeben.
    Dennoch stellte sie zuerst das rechte, dann das linke Bein auf und spreizte sie dann ganz langsam.
    Metunova berührte sie vorsichtig im Schritt. Scylla zuckte zusammen. »Damit du dich vorbereiten kannst, sage ich dir, was ich nun tun werde. Meine Finger werden erkunden, ob du Jungfrau bist oder nicht. Dazu müssen sie in dich eindringen, aber nicht sehr tief.« Die Baronin stellte sich neben sie und blickte ihr genau in die Augen, die Hand ruhte dabei auf der Vulva. »Es wird gleich vorbei sein, liebes Kind.«
    Scylla vermochte den Blick nicht von Metunovas stahlblauenAugen zu wenden, und sie vergaß für wenige Lidschläge, wo sie sich befand und was mit ihr geschah. Es gab nichts mehr außer dem Gesicht der Frau, das sie anlächelte. Und lächelte und lächelte …
    Plötzlich richtete sich die Baronin auf. Es war zu Ende, und Scylla rang nach Atem. Sie hatte nicht einmal bemerkt, dass sie die Luft angehalten hatte.
    Metunova rieb Daumen und Zeigefinger aneinander, ehe sie die Hände ein zweites Mal mit Wasser und Seife behandelte. Wieder traf Scylla ein Lächeln. »Sie ist nicht defloriert«, teilte sie ihren Befund mit. »So, wie es sein sollte.«
    »Du darfst aufstehen«, sagte der Ischariot und kehrte an seinen Platz zurück, die Barone und Baroninnen taten das Gleiche.
    »Warte mit dem Ankleiden, bis wir über dich abgestimmt haben, mein Kind«, wies Metunova an.
    »Verehrte Cognatio, Barone und Baroninnen. Wir haben gesehen, wie es sich mit Scylla verhält, welche Vorzüge und welche Nachteile ihr Leib besitzt.« Der Ischariot bedeutete ihr, sich noch einmal zu drehen. »Begutachtet sie ein letztes Mal, und dann möchte ich von jedem Einzelnen wissen, wie er entscheidet.« Er winkte seinen Nachfolger nach vorne, drückte ihm Papier und Federkiel in die Hand, um ihn das Ergebnis genau notieren zu lassen.
    Karol bedachte seine Tochter mit einem freundlichen Lächeln, aber Scylla sah durch ihn hindurch. Er erkannte, dass sie die Examinatio noch verarbeitete. Sie war ein Schock für die junge Frau gewesen, ohne Zweifel, trotz all der Vorbereitung.
    »Wer ist dafür?« Der Ischariot sah von einem zum anderen, zählte die Hände, die sich auf seine Frage hin gehoben hatten. »Ich komme auf sechs.« Er sah zu seinem Eleven, der ihm bestätigend zunickte.
    Karol senkte seinen Arm, die Anspannung wuchs nun auchbei ihm ins Unerträgliche. Noch war alles möglich, sogar eine gutes Ergebnis für Scylla. Bei einem Gleichstand

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