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Kinder des Judas

Titel: Kinder des Judas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz , Markus Heitz
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Etliche sprangen vom Heuboden in die Tiefe, andere stürzten die Treppe hinab.
    Karol jagte ihnen nach.
    Vor den Toren braute sich ein gewaltiges Unwetter zusammen. Blitze schleudernd türmten sich schwarze Wolken auf und verdeckten den Mond, die Nacht wurde finster wie noch nie. Rauschend und klackend prasselte Hagel auf das Dach der Scheune, die Körner waren taubeneiergroß und trieben die Männer, die ins Freie flüchten wollten, zurück in Karols Fänge. Von den dreißig waren noch siebzehn am Leben.
    Er ging auf sie zu, von seinen Armen und Händen rann dasBlut, und sein Körper dampfte vor Wärme. »Ihr undankbaren Kreaturen«, flüsterte er ein weiteres Mal. »Wie einfach hätte euer Leben sein können, wenn ihr die Verluste unter euch ohne Murren ertragen hättet.«
    Ein Blitz schlug krachend in das Dach der Scheune ein, schlug ein Loch in sie und erfüllte die Luft mit einem elektrischen Knistern.
    »Ich weiß, was du bist!« Der Dorfpope hatte sich bisher im oberen Raum versteckt gehalten, nun zerrte er Scylla an die Balustrade und hob das Kreuz; mit der anderen Hand hielt er ein Messer an die Halsschlagader der jungen Frau. »Zurück, Kind des Judas!«
    »Wenn sie auch nur einen Kratzer abbekommt, wird niemand diese Scheune lebendig verlassen.« Karol sah hinaus in den tobenden Sturm, den er herbeigerufen hatte, um die Menschen an der Flucht zu hindern. Die Bahnen aus reiner Energie rauschten in kurzen Abständen aus den schwarzen Wolken und jagten mit lautem Donnern in die Erde. Man spürte ein Kribbeln im ganzen Körper, als die Macht der Blitze sich im Boden verbreitete.
    Karol hob die rechte Hand, öffnete und schloss sie und sah das Blut daran feucht glitzern. »Ihr hättet mich nicht herausfordern sollen«, sagte er vorwurfsvoll. »Ihr habt meine Kräfte entfesselt, meine Höllenfeuer entfacht, die sich nur mit Blut löschen lassen.«
    Der Pope sah ihn voller Entsetzen an. »Weiche zurück, im Namen des Herrn! Ich befehle dir im Namen Gottes und der Heiligen: Verlasse die Mühle und diesen Landstrich!«
    »Ich fürchte mich nicht vor Gott!« Karol riss sich das Hemd auf und zeigte so einen Rosenkranz, der um seinen Hals hing. »Im Gegenteil, ich glaube an ihn wie an Jesus Christus, unseren Herrn. Ohne ihn gibt es keine Erlösung.«
    »Das ist Lästerung!«, rief der Pope entsetzt. »Es ist ein entweihter Rosenkranz …«
    Karol wollte etwas entgegnen, doch dann bemerkte er den abwesenden Blick Scyllas. Sie sah verwirrt, vollkommen weggetreten aus. Er schlug das Kreuzzeichen und zwang sich zur Ruhe. »Lass meine Tochter frei, und wir gehen.«
    »Deine Teufelsbrut?« Der Pope nahm eine Lampe von einem Pfeiler. »Du wirst über uns herfallen, sobald du sie hast, Upir.« Er schleuderte die Laterne über Karol hinweg, sie prallte gegen die Wand und versprühte ihr Petroleum; die Flammen loderten sofort in die Höhe und breiteten sich im Stroh aus.
    »Ja!«, rief ein Mann. »Hier soll es genauso brennen wie in der Upirhöhle unter uns. Wir haben alles in Brand gesetzt, damit nichts davon bleibt.«
    Karol zuckte zusammen. Damit blieb wenig Zeit, die Aufzeichnungen aus den Laboratorien zu retten. »Geht, und wir verschwinden. Ich schwöre es bei Gott dem Allmächtigen, bei unserem Herrn Jesus Christus und seiner geheiligten Mutter Maria!«, rief er und trat auf die Männer zu. Das näher rückende Feuer trieb ihn vorwärts.
    Doch seine hastigen Schritte wurden missdeutet.
    Es gab ein lautes, Übelkeit erregendes, knirschendes Geräusch, Scylla hustete und schrie gleichzeitig.
    Aus ihrer Brust trat eine fingerdicke, blutige Spitze aus und zerriss das Kleid. Schlagartig wich die Abwesenheit aus ihrem Blick. Voller Panik riss sie die Augen weit auf. Sie bekam keine Luft mehr!
    Mit einem Mal zuckte ihr Körper, und voller Entsetzen starrte Karol auf den Pflock, der aus ihrer Körpermitte heraustrat und nach einem erneuten Hammerschlag auf sein hinteres Ende noch weiter aus ihr herausragte.
    Scylla erschlaffte.
    Ihr Körper stürzte über die Balustrade und schlug nach einem kurzen Fall auf dem Boden der Scheune auf.

2.
BUCH
Aeterna

X.
Kapitel
    16. November 1677
Osmanisches Tributland
     
    K arol hatte die Ermordung seiner Tochter nicht verhindern können. Sie fiel an ihm vorbei in den Schmutz des Scheunenbodens. »Ihr …«, brüllte er die Männer an und stieß sich ab, um sich mit einem gewaltigen senkrechten Sprung nach oben gegen den Popen zu werfen.
    Gleichzeitig krachten zwei Blitze durchs Dach. Einer

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