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Kinder des Judas

Titel: Kinder des Judas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz , Markus Heitz
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Aufzeichnungen Eures Vaters weiter entschlüsselt, werdet Ihr an die Stelle gelangen, wo Satan zu Judas kam und ihn verführenwollte, wie er es bereits mit Jesus in der Wüste versuchte. Weil Judas ihm widerstand, belegte ihn Satan aus Boshaftigkeit und Wut mit dem Makel der Upire, die seine Kreaturen sind. Gott der Allmächtige bot seinem treuen Diener an, den schrecklichen Fluch von ihm zu nehmen – doch Judas verlangte kein weiteres Wunder, sondern entgegnete, dass der rechte Glaube ihm stets helfen würde, den Drang zu unterdrücken. Und so halten es auch wir, seine Kinder.«
    Scylla sah ihren Vater vor sich, wie er unvermittelt seine Fertigkeiten gegen die Dörfler eingesetzt hatte. Aus dem braven, beherzten Wissenschaftler war vor ihren Augen ein brachialer Kämpfer geworden. »Ich werde es mir von heute an merken«, versprach sie Marek.
    »Das wird nicht ausreichen, fürchte ich. Ihr werdet es vor der gesamten Cognatio schwören müssen.« Er grinste sie herausfordernd an. »Denn Ihr werdet in sie Einzug halten. Für Euren Vater.«
    Sie setzte das Glas, das sie gerade an den Mund führen wollte, so rasch auf das Tischchen ab, dass der Likör überschwappte. »Ihr treibt Scherze mit mir!«
    »Niemals, verehrte Scylla.«
    »Aber die Cognatio hat mich abgelehnt, und Baronin Metunova …«
    »Das ist vergessen, verehrte Scylla.« Marek schlug die Beine übereinander, lehnte sich zurück und legte die Arme auf die Sessellehnen. Er wirkte sehr souverän, beinahe wie ein Herrscher und – Scylla wunderte sich über diesen Gedanken – ihrem Vater nicht unähnlich. »Es ging nach dem Tod von Baron Illicz hoch her in der Cognatio. Sein Platz wurde nicht mehr besetzt, die Baronin stand ohne Elevin da, und wir hatten mit Eurem Vater einen der besten Wissenschaftler in unserem Kreis verloren. Es erwuchs ein handfester Streit, den der Ischariot … Ihr erinnert Euch an ihn?«
    Scylla bestätigte mit einer Handbewegung und lauschte aufmerksam. Sie hatte die ganze Zeit über und erst recht nach ihrer vergeblichen Suche angenommen, dass sie niemals mehr etwas von der Cognatio hören würde, aber jetzt stand sie unmittelbar vor der Rückkehr in diesen Kreis.
    »Der Ischariot konnte den Intrigen keinen Einhalt mehr gebieten, und mein Mentor erhielt den Bruderkuss. Nach seinem Tod …«
    »Bruderkuss?«
    »Es würde zu lange dauern, Euch die Regeln im Einzelnen darzulegen, doch merkt Euch: Wer den Kuss erhält, ist des Todes. Ein altes Ritual, das uns an die Nacht im Garten Gethsemane erinnert.«
    »Was geschah dann?«
    Marek zuckte mit den Schultern. »Ich wurde in die Cognatio berufen. Das geschah ein halbes Jahr nach dem Brand in der Mühle. Alle hielten Euch für tot – bis mir etwas über die kalte Schönheit einer jungen Frau zu Ohren kam, deren Beschreibung meine Neugier weckte.« Er verzog die Lippen und hob eine Augenbraue. »Mein Interesse an Euch hatte etwas Gutes, wie Ihr Euch erinnern werdet. Seitdem bewache ich Euch aus der Ferne und habe manche Schwierigkeit von Euch abgewendet.«
    »Ich
wusste
es«, brach es aus Scylla heraus. »Ihr wart mein Schutzengel, teurer Marek. Ich spürte Euren Blick mehr als einmal auf mir, und ich freute mich zu wissen, dass Ihr in meiner Nähe wart.« Sie strahlte ihn an. »Und die Cognatio …«
    Er lachte auf. »… weiß nicht, dass Ihr noch lebt.«
    Sie war verwirrt. »Aber …«
    Er hob die Hand. »Lasst es mich Euch erklären, bezaubernde Scylla. Ich habe mit einigen aus der Cognatio gesprochen, und es wurde beschlossen, dass der Baron, der nun Euren rechtmäßigen Platz besetzt, schon bald den Bruderkuss erhalten wird. Ihr werdet den Sitz bei der nächsten Cognatio einfordern, undseid sicher, diesmal werdet Ihr eine Mehrheit haben, die Euch unterstützt.« Sie sah ihn an, dann sprang sie auf, nahm seine beiden Hände und drückte sie. »Ihr seid noch immer mein Schutzengel, Marek!«
    »Ihr unterstellt mir Uneigennutz, und das ist es sicherlich nicht«, erwiderte er und erhob sich ebenfalls. Seine Lippen kräuselten sich. »Ihr seid zu begabt, als dass wir auf Euch verzichten dürften.« Er schluckte, seine Daumen streichelten vorsichtig Scyllas Handrücken. Es war nur ein kleines Signal, aber zugleich ein unmissverständliches.
    Sie sah hinab, dann hob sie den Blick. »Es freut mich sehr, das zu hören. Möchtet Ihr so lange hier bei mir unter der Mühle wohnen, bis ich vor die Cognatio trete? Ihr müsst mir alles über die Kinder des Judas berichten.«
    »Das werde ich«,

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