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Kinder des Judas

Titel: Kinder des Judas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz , Markus Heitz
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verurteilt hatten. Dennoch ängstigte sich Scylla nicht. »Mein Freund Marek deutete mir im Vorfeld des Treffens an, dass Ihr uns womöglich mit einer Sache überraschen wollt, die keinem hier gefallen wird«, hob er an. »Wollt Ihr sie daher vielleicht zuvor mit mir besprechen, ehe sie vor aller Augen und Ohren in die Welt dringt und einen Tumult auslöst, Baronin Illicza?«
    »Ich danke Euch für die Offerte, Ischariot, doch ich fürchte mich nicht vor dem, was kommen wird.« Scylla legte die Unterarme auf den Tisch und nickte den Baronen zu, die nun den Saal betraten. Sie lächelte unverbindlich, doch innerlich stieg ihre Aufregung. Marek hatte etwas eingefädelt, und der Ischariot schien dabei eine wichtige Rolle zu spielen. Wer gehörte noch dazu? Es gab eine Möglichkeit, das herauszufinden.
    Sie tat so, als sei ihr etwas zu Boden gefallen, und bückte sich. Unter dem Tisch besah sie sich das Schuhwerk der Anwesenden.
    Scylla wollte nicht glauben, was sie sah:
Alle
Schuhe – mit Ausnahme der von Lydia – waren an manchen Stellen mit dem gleichen auffälligen Schmutz versehen! Die einen mehr, die anderen weniger, kaum jemandem war die Zeit geblieben, sich um die Beseitigung des Drecks zu kümmern.
    Sie richtete sich auf, ließ den Blick schweifen und verharrte mit den Augen auf Marek. Sie hatte ihn unterschätzt. Nun hoffte sie, dass es ihm in wenigen Augenblicken umgekehrt ebenso erging.
    Nach und nach erschienen die übrigen Mitglieder der Cognatio, und endlich eröffnete der Ischariot die Zusammenkunft.
    Um sämtlichen insgeheim geschmiedeten Plänen zuvorzukommen, erhob sich Scylla von ihrem Stuhl. Man starrte sie an, aber niemand hinderte sie daran, das Wort zu ergreifen. Ganz im Gegenteil, sie hatten anscheinend darauf gewartet.
    »Es gibt Wahrheiten, die niemals ausgesprochen werden dürfen, weil sie mehr Schaden anrichten als die Lüge«, sagte sie klar und deutlich. »Mein Vater fand eine Wahrheit heraus, die er für sich behielt und die ich nun mit ihm teile. Es sind Erkenntnisse über die Herkunft der Cognatio und der Kinder des Judas.« Sie schaute zu Lydia, die ihr immer noch ein warmes, herzliches Lächeln schenkte. »Ich habe den Entschluss gefasst, die Cognatio zu verlassen und mich vom heutigen Tag an von ihr loszusagen. Weder möchte ich mit ihr noch etwas zu schaffen haben noch mit Euch, edle Damen und Herren.«
    Der Ischariot schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. »Seid Ihr Euch darüber im Klaren, dass niemand die Cognatio lebend verlässt?«
    »Wer will mich daran hindern?«, erwiderte sie neugierig. »Möchte man mir den Bruderkuss geben und erwarten, dass ich freiwillig in den Tod gehe? Werden gleich alle auf Euren Wink über mich herfallen und mich zerfetzen, Ischariot? Oder lässt man mich gehen und sendet mir anschließend einen Attentäter nach oder hetzt eine wütende Dorfmeute auf mich?« Scylla sah in jedes einzelne Gesicht.
    Einer der jüngeren Barone, Tomsky, sprang voller Zorn im Gesicht auf und zeigte mit ausgestrecktem Arm auf sie. »Was Ihr beabsichtigt, ist ein Frevel an unserem Gründervater Judas Ischariot!«
    »Das ist wahr.« Rubin nickte in die Runde. »Sie verleugnet und entehrt seine Hinterlassenschaft an uns. Es ist nicht gestattet, dass sie …«
    »Ihr stammt nicht von Judas ab«, fiel Scylla ihm ins Wort, die das Gefasel über höhere Ziele nicht mehr länger ertrug. »Ihr und ich, wir sind untoter Abschaum! Nichts weiter als Upire und Dämonendiener!«
    Jetzt brach der Sturm los. Aufgebrachte Rufe brandeten ihr entgegen, manche bewarfen sie empört mit leeren Blättern, die gegen sie trudelten und raschelnd zu Boden flatterten, Fäuste wurden geschwungen, sogar ein Dolch blitzte in der Hand des eifrigen Tomsky auf, bevor sich der Ischariot mit lauten Befehlen Gehör verschaffte. Einzig Marek und Lydia waren ruhig geblieben und verfolgten das Schauspiel.
    »Baronin Illicza, Ihr wisst, dass es einem Sakrileg an der Cognatio gleichkommt, an unserer Herkunft zu zweifeln. Judas Ischariot selbst hat …«
    »
Unser
Judas hieß Kasparzek und kam aus Ungarn, gelebt hat er vor etwas mehr als sechshundert Jahren«, schmetterte Scylla ihm entgegen. »Ich habe die Wahrheit nicht sagen und Euch schonen wollen, doch ich werde es nicht hinnehmen, dass ich des Frevels an Judas bezichtigt werde. Weil«, sie hob den Kopf, »er
nicht
unser Gründer ist!«
    »Ungeheuerlich!«, brüllte Tomsky außer sich, den Dolch hielt er noch immer in den Fingern. »Ich …«
    Der

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