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Kinder des Judas

Titel: Kinder des Judas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz , Markus Heitz
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flucht er böse und sticht in meine Richtung.
    Ich weiche der Klinge aus, dabei ziehe ich die Thermoskanne aus dem Mantel und dresche sie ihm gegen den Unterarm; gleichzeitig reiße ich mein Knie nach oben und ziele damit auf seinen Ellenbogen. Das Hebelgesetz greift: Es kracht laut, als das Gelenk bricht.
    Mit einem Aufschrei lässt Lobitsch das Messer fallen und taumelt rückwärts, stolpert über die am Boden Liegende und fällt rücklings in den Schnee.
    Bevor er sich erheben kann, stehe ich neben ihm, trete ihm gegen die Nase und befördere ihn zurück ins Weiß. »Ich habe dich damals gewarnt, Hendrik«, sage ich klar und deutlich.
    Er schreit mir einen lauten Fluch entgegen, doch ich höre das verräterische Knistern des Elektroschockers trotzdem, mit dem er nach mir schlägt.
    Um ihm zu zeigen, dass es mir nicht so viel ausmacht, wie er sich erhofft hat, lasse ich mich treffen und spüre die Spannung durch mich hindurchjagen. Ich beiße die Zähne zusammen und trotze dem Gliederzittern.
    Spätestens jetzt wird ihm klar, dass er sich in ernsthafter Gefahr befindet. Mit weit aufgerissenen Augen krabbelt errückwärts, zieht sich an einem Baum hoch und versucht zu entkommen.
    Ich nehme die Verfolgung nicht sofort auf. Hat er meine Stimme erkannt? Ob er sich gerade fragt, warum er die Warnung damals nicht ernst genommen hat?
    Lobitsch rennt und rutscht durch den Wald, duckt sich unter Ästen, springt über Hindernisse hinweg und eilt auf die Straße zu. Wenn er die Böschung erreichen sollte, wird es für mich schwierig. Zu viele vorbeifahrende Autos, zu viele Zeugen, zu viele Handys, mit denen man die Polizei herbeirufen kann.
    Ich werde schneller und schneller, hole unbarmherzig Meter für Meter auf, bis meine rechte Hand seinen Nacken packt, als er gerade den Abhang hinabspringen möchte. Ein kurzer, kräftiger Ruck, und er fliegt wieder nach hinten, schießt drei Meter durch die Luft und kracht mit dem Rücken gegen eine kleine Fichte; Schnee rieselt von den Zweigen auf Lobitsch und verpasst ihm einen weißen Überzug. Ächzend richtet er sich auf, der unverletzte Arm hält sich das Kreuz.
    Langsam gehe ich auf ihn zu und bleibe schließlich vor ihm stehen. Meine Gedanken schweifen kurz ab, hin zu der Frau, die irgendwo hinter uns im Wald liegt. Sie wird nicht an den Folgen des Schockers sterben, erfrieren wird sie auch nicht so schnell. Ich kann mir ein paar Minuten Zeit lassen.
    »Wir haben uns schon einmal gesehen, weißt du noch?«
    Lobitsch atmet schnell, er schaut nach rechts und links und sucht einen Ausweg. »Was soll das?«, will er wissen und hält sich seinen verletzten Arm.
    »Das frage ich dich.«
    Einen Meter von ihm entfernt bleibe ich stehen und setze mich auf einen Baumstumpf. »Warum hast du meine Warnung nicht beachtet?«
    »Dreckiges Miststück«, bricht es aus ihm heraus. »Das warst du vor …«
    »… einem halben Jahr«, ergänze ich mit ruhiger Stimme. »Genau, Hendrik. Es war in der Nähe der Agra-Messehallen, und ich habe dich vor einer Dummheit bewahrt und gehofft, dass du damit aufhörst.«
    Er spuckt aus. »Zu viele Comics gelesen? Hältst du dich für eine Superheldin, die Leipzig beschützt?«
    »Es ist richtig, dass ich eine Verantwortung trage, die mir mehr und mehr zur Last wird«, berichtige ich ihn. »Jedenfalls in deinem Fall, Hendrik. Wir sind verwandt, weißt du.«
    »Wir?« Jetzt glotzt er reichlich ungläubig.
    Ich nicke.
    »Nein, ich kenne dich nicht.«
    Ich lächle traurig. Woher soll er es auch wissen? »Ich kann dir versichern, dass es so ist. Und deswegen habe ich eine gewisse Verantwortung dir gegenüber.« Mein Blick sucht seinen, doch er weicht mir aus. Vermutlich hält er mich einfach nur für verrückt. Für eine verrückte Grufti-Schlampe, die nach zu viel Filmen und Drogen im Park um das Völkerschlachtdenkmal ihren Wahnsinn auslebt. »Hendrik, es tut mir sehr leid, doch ich denke, dass du zu gefährlich bist.«
    Er schluckt und merkt, dass sich das Gespräch in eine Richtung bewegt, die nicht gut für ihn enden wird. »Dann hol doch die Bullen und zeig mich an.«
    »Das würde nicht viel bringen. Ich beobachte dich schon lange.
Sehr
lange. Glaub mir, es ist zu spät. Ganz egal, was du in den Jahren, die dir noch bleiben, machen würdest – wenn du stirbst, kommst du als noch viel schlimmere Bedrohung zurück.« Ich lehne mich nach vorne. »Das darf ich nicht zulassen, Hendrik.«
    Er versucht, sich am Baumstamm nach oben zu schieben. »Was willst du

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