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Kinder des Judas

Titel: Kinder des Judas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz , Markus Heitz
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sich ihrer Gedanken während des Kampfes bewusst wurde. Sie hätte ihn in ihrem Wahn ohne Zögern umgebracht, mitleidlos und trotz seiner Kapitulation. Scham bemächtigte sich ihrer, und sie schlug die Augen nieder.
    Karol schenkte Scylla Tee und Frans Kaffee ein, dann ging er schnell in die Scheune und kehrte mit einem Tiegel Salbe zurück, den er vor seiner Tochter abstellte. »Tragt das auf. Beide. Es verhindert, dass ihr Narben bekommt.«
    »Auf die paar Streifen in meiner Haut kommt es nicht mehr an.« Frans winkte ab. »Diese Lektion war es mir wert. Niemals mehr unterschätze ich junge Frauen, wenn es um den Messerkampf geht.« Er nicke Scylla zu. »Deine Art, die Klinge zu führen, ist eine andere, als ich gewohnt bin. Du hast deinen eigenen Stil entwickelt. Was dir an Kraft fehlt, machst du mit Niederträchtigkeit und Geschwindigkeit wett.«
    Sie wollte protestieren. »Niederträchtigkeit …«
    »Einen Mann in sein Gehänge zu treten ist nicht edel. Vor deinen Beinen werde ich mich in acht nehmen. Sie sind so stark wie die eines Pferdes.« Er kostete von dem Kaffee und grinste. »Das war nicht böse gemeint. Niedertracht ist gut. Es geht darum, zu gewinnen.«
    Scylla mied seinen Blick noch immer. Sie beruhigte sich, das Blut rauschte nicht mehr so laut und wie heißes Wasser durch ihre Adern, nicht so wie vorhin, als sie sich im Kampf befunden hatte. Es war vollkommen anders als sonst gewesen. Das Wissen, dass ein Gegner ihr keine blauen Flecken, sondernVerletzungen zufügen wollte, hatte sie in eine Art Rausch versetzt, in dem vernünftige Gedanken und vor allem Zurückhaltung nicht mehr existierten. Es war so wild, so gänzlich unwissenschaftlich! Ihr Blick richtete sich auf den Verband an seinem Unterschenkel, dann auf den zerkratzten Harnisch. Wenn dieser nicht gewesen wäre, dann …
    »Was?«, sagte Frans, der sie beobachtet hatte. »Nein, mach dir keine Vorwürfe. Ich muss mich bedanken, dass du mein Leben verschont hast.« Er tippte sich auf die gepanzerte Brust, lächelte verschmitzt und schüttelte dabei den Kopf. »Ein unglaubliches Mädchen … Verzeihung, ich meine: eine unglaubliche junge Frau«, sagte er und sah zu Karol. »Lasst sie ruhig durch die Gegend streifen. Sie wird sogar einen Upir zerlegen und ausbeinen, bevor er seine Fänge in sie schlagen kann.«
    Karol seufzte. Ein Wort war ein Wort. »Dann möchte ich, dass du in Zukunft einen ganz besonderen Dolch bei dir trägst«, eröffnete er ihr und erhob sich. Dieses Mal kehrte er erst nach geraumer Zeit wieder zurück. In seiner Hand hielt er einen in Leintuch eingeschlagenen, länglichen Gegenstand.
    »Diese Suche dauerte etwas länger. Wird jemand alt und langsam?«, neckte ihn Frans.
    »Ich
bin
alt und langsam«, erwiderte Karol und setzte sich. »Man sieht es mir nur nicht an.« Er schob den Gegenstand zu Scylla, die inzwischen ihren Tee ausgetrunken hatte. »Das ist für dich. Es ist Andenken und Mahnung zugleich.«
    Sie schob den Becher zur Seite und schlug den Stoff auseinander. Eine mit Intarsien übersäte Goldscheide kam zum Vorschein, die Motive und Muster darauf waren eindeutig türkischer Herkunft. Goldene Beschläge aus Blumen und Ranken liefen um die Hülle, und selbst der aus Holz gefertigte Griff wies einen Zierrat auf, der die Möglichkeiten eines einfachen Soldaten bei weitem überstieg.
    Frans pfiff durch die Zähne. »Mein lieber Freund, was habtIhr denn da für ein feines Stück?«, fragte er begeistert und gebannt zugleich. »Damit könntet Ihr das Land samt Wald und den Dörfern rings um die Mühle kaufen.«
    Scylla hatte ein einziger Blick genügt, um den Dolch zu erkennen: Er gehörte an den Gürtel des Janitscharen, der vor vielen Jahren die geliebte Mutter mitgenommen hatte.
    »Zieh ihn raus«, forderte Karol und sah, dass seine Tochter wusste, was sie in den Fingern hielt.
    Als die Klinge aus Damaststahl zum Vorschein kam, war sie vom Heft an bis zur Spitze in Blut gebadet. Es glitzerte rot und feucht, als sei sie eben erst in einen Körper gerammt, herausgezogen und danach weggesteckt worden.
    »Es ist das Blut des Mannes, der uns Gemahlin und Mutter genommen hat«, sprach Karol ernst.
    »Wann …«
    »Am Morgen, bevor ich dich vom Hof abgeholt habe, stellte ich ihn. Ich verfolgte ihn und habe ihn überrascht. Im Kampf war er mir unterlegen, und nach einem kurzen Gefecht ging er sterbend zu Boden.« Karol blickte nachdenklich in die Ferne, als ob er sich erinnerte. »Seinen Leichnam habe ich zerteilt und

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