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Kinder des Wassermanns

Kinder des Wassermanns

Titel: Kinder des Wassermanns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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dieses Haus aller Kraft beraubt.“
    Haakon verweigerte ihm den Wunsch. „Wenn es uns mißlingt, werden alle vernichtet. Eine Flotte von Booten könnte den Tupilak nicht überwinden. Das ist schon versucht worden, wie du weißt … Drei konnten entkommen, während er die übrigen zerstörte. Diesmal liegt unsere Hoffnung hauptsächlich in dem Meermann begründet, und er ist allein. Außerdem …“ – für einen Augenblick durchbrach der Stolz seine Verzweiflung – „… bin ich Vogt des Königs für diese Grafschaft, und meine Aufgabe ist es, Leben zu schützen, nicht, es in Gefahr zu bringen. Wenn unsere kleine Zahl siegt, werden wir in den Sagas weiterleben, solange es Menschen in Grönland gibt.“
    Während die Boote ins Wasser gezogen wurden, zog Tauno sich aus und badete. Er würde keine Waffen erhalten, bis der Angriff erfolgte. Die meisten der Männer fürchteten ihn beinahe ebensosehr wie das Ungeheuer. Zwar hatten sie ihn niedergeschlagen und gebunden, aber er blieb ein unheimliches Wesen, und vielleicht hätte sie ein weniger unbeugsamer Wille als der Haakons niemals dazu gebracht, sich in Taunos Gesellschaft aufs Meer zu wagen.
    Schweigend nahmen sie ihre Plätze ein. Ruder knarrten in den Dollen, platschten ins Wasser, das zurück an die Planken schlug und die Boote stampfen ließ. Gischt sprühte Salz auf die Lippen. Die heimatlichen Wiesen fielen achtern zurück; der Fjord wurde breiter, dunkel und schaumgestreift erstreckte er sich zwischen den nackten Klippen. Unter den niedrigen Wolken flog eine Schar schwarzer Lummen dahin. Ihre Schreie gingen im schwermütigen Singen des Winds unter. Die Sonne war eine trübe, wärmelose Scheibe, die sich kaum über die Berge erhob. Es war, als strahlten die Schneegipfel und die Gletscher dahinter Kälte aus.
    Jeder Mann hatte ein Ruder, auch Tauno. Er saß bei Haakon im Bug. Vor ihm waren Jonas und Steinkil; das letzte Paar in diesem Boot waren schmierige Zwerge, deren Namen er weder wußte noch wissen wollte. Das zweite Boot hielt sich ein paar Faden nach Steuerbord an ihrer Seite. Er legte sich mit aller Kraft in die Riemen, froh darüber, sich bewegen und aufwärmen zu können, so düster die Aussichten auch waren. Nach kurzer Zeit sagte Haakon: „Immer mit der Ruhe, Tauno. Wir kommen mit dir nicht mit.“
    „Stark wie ein Bär, ha?“ warf Steinkil über die Schulter zurück. „Nun, vielleicht hätte ich lieber einen Bären an Bord.“
    „Verspotte ihn nicht“, legte sich Jonas unerwartet ins Mittel. „Tauno, es … es tut mir leid. Glaube mir, daß wir unser Wort halten werden. Mein Vater ist ein Mann von Ehre. Ich versuche, einer zu sein.“
    „So wie diese Nacht bei meiner Schwester?“ höhnte Tauno.
    Haakon ließ einen Schlag aus. „Was ist das?“
    Jonas warf Tauno einen bittenden Blick zu. Dieser dachte schnell nach und meinte: „Oh, das hat doch jeder gemerkt, wie er nach ihr verlangte.“ Er empfand keinen echten Zorn über die versuchte Vergewaltigung. Solche Dinge bedeuteten ihm und Eyjan wenig; wenn sie weniger Partner gehabt hatte als er Partnerinnen, dann lag es nur daran, daß sie zwei Jahre jünger war. Sie kannte den kleinen Zauber, der eine Empfängnis verhütete, wenn es nicht ihr Wunsch war. Er selbst hätte zu gern mit Jonas’ Schwester Bengta geschlafen, sollte sich ihm diese unwahrscheinliche Gelegenheit bieten – und das Begehren hatte ihn um so stärker gepackt, als er und seine eigene Schwester immer mehr Mühe hatten, sich auf ihrer langen Reise einander zu versagen, ihrer Mutter wegen, der so etwas ein Greuel gewesen war … Außerdem konnte es ihnen nichts schaden, wenn der Junge so erbarmungswürdig dankbar dreinblickte wie eben jetzt.
    „Eine Todsünde“, schimpfte Haakon. „Reiß dir diesen Wunsch aus dem Herzen, mein Sohn. Beichte und – bitte Sira Sigurd, dir eine richtige Buße aufzuerlegen.“
    „Halte es ihm nicht vor“, drängte Steinkil. „Sie ist der schönste Anblick, den ich je gehabt habe, und herausfordernd gekleidet.“
    „Ein Gefäß der Hölle.“ Haakons Worte kamen abgehackt heraus. „Hütet euch, hütet euch. In unserer Einsamkeit verlieren wir den Glauben. Es graut mir, daran zu denken, wo unsere Nachkommen enden werden, falls wir nicht … Wenn wir mit dem Tupilak fertig sind – wenn wir das geschafft haben, so … dann will ich meine Tochter suchen … Warum hat sie es getan?“ Er schrie beinahe. „Ihren Gott zu verleugnen … ihr Blut, ihr Volk … aye, ein Haus um sie, gewebte

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