Kinderfrei
Töchter zu kümmern, die als Erwachsene wiederum als Mütter von Töchtern zu Hause bleiben, die ihrerseits nur aufwachsen, um dann ebenfalls zu Hause zu bleiben … So wie manche Familien über Generationen hinweg von der Sozialhilfe leben, könnte es zu Generationen von Töchtern kommen, die eine »Hausfrauenkarriere« machen und ebenfalls keinen Cent Beiträge zahlen. Welche Leistung für die Gesellschaft erbringt ein Mann, der in einem besoffenen One-Night-Stand eine junge Frau schwängert, die daraufhin ihre Ausbildung abbrechen oder ihren Beruf aufgeben und künftig von Sozialleistungen leben muss? Wie dankbar müssen wir den Eltern des Attentäters von Winnenden sein?
Die Welt ist voll von Menschen, die der Gesellschaft eher schaden als nützen. Die Vorschusslorbeeren, die ihre Eltern dafür erhalten haben, dass sie diese Menschen großgezogen haben, waren offensichtlich ungerechtfertigt. Dennoch ist es herrschender Grundkonsens, dass Elternschaft per se einen wertvollen gesellschaftlichen Beitrag darstellt. Dem entspricht auf der anderen Seite eine Verteufelung der Kinderfreiheit: Da Elternschaft stets gut ist, muss das Gegenteil von Elternschaft, also Kinderfreiheit, stets böse sein. Kinderfreie werden pauschal als »egoistisch« und »verantwortungslos« diffamiert. Dementsprechend anklagend lautet die Kapitelüberschrift in dem Buch Die Deutschlandakte des Verfassungsrechtlers Hans-Herbert von Arnim: »Dinks – Verweigerung der Verantwortung«. Was soll man dazu noch sagen? … Selbst Menschen, die eine niedrige Geburtenrate grundsätzlich positiv sehen, können sich offenbar nicht aus der Denkfalle »Kinder bekommen = verantwortungsvoll; keine Kinder bekommen = verantwortungslos« befreien. So beendete der Journalist Alan Posener seinen Artikel Schrumpfen wir uns gesund mit der Aussage: »Die Verantwortungslosigkeit der kinderscheuen Babyboomer mag sich so auswirken, als hätten sie sich bewusst verantwortungsvoll verhalten.« 19
› Hinweis
Der Reformpädagoge Hartmut von Hentig behauptet gar: »Kinderlosigkeit bringt eine moralische Verwahrlosung mit sich.« 20
› Hinweis
Das ist insofern ein wenig pikant, als Herr von Hentig, Lebensgefährte des ehemaligen Leiters der Odenwaldschule Gerold Becker, im Jahr 2010 verdächtigt wurde, von den Missbrauchsfällen an der Odenwaldschule gewusst und dazu geschwiegen zu haben. 21
› Hinweis
Sollten diese Vorwürfe wahr sein, so hat er möglicherweise nur einen häufigen, doch allzu menschlichen Fehler begangen, indem er von sich auf andere geschlossen hat. Wie moralisch verwahrlost muss letztlich eine Frau wie Lea Ackermann sein, die als Nonne wacker gegen Frauenhandel kämpft? Welch ein herausragendes Beispiel an Aufrichtigkeit und Redlichkeit ist demgegenüber eine Frau, die gegen den erklärten Willen ihres Partners absichtlich »aus Versehen« schwanger wird. Und erst der Dalai Lama! Ein Paradebeispiel moralischer Verwahrlosung. Betrachten wir im Gegensatz dazu Josef Fritzl: ein wirkliches moralisches Vorbild und ein Mann, der seine Verantwortung gegenüber der Gesellschaft mehr als wahrgenommen hat, indem er vierzehn Kinder gezeugt hat; sieben davon zwar mit seiner eigenen Tochter (sechs dieser Kinder überlebten), aber dennoch. Solche Männer brauchen wir in Zeiten sinkender Geburtenraten! Vielleicht sollten wir Herrn Fritzl die Ehrenbürgerschaft der Bundesrepublik Deutschland antragen?
Nun muss man fairerweise sagen, dass die meisten Menschen weder ein Monster zum Vater hatten noch selbst zu Monstern geworden und auch keine Straftäter oder Alkoholiker sind. Sie arbeiten, zahlen Steuern und Sozialbeiträge. Viele engagieren sich ehrenamtlich. Aber, und das wird häufig vergessen: Wir alle tragen nicht nur zur Gesellschaft bei, wir verursachen gleichzeitig Kosten und verbrauchen Ressourcen. Bis wir überhaupt soweit sind, dass wir selber einen wie auch immer gearteten Beitrag, etwa in Form von Berufstätigkeit oder auch gesellschaftlichem Engagement, leisten können, kosten wir den Staat erhebliche Summen. Die Kosten für Bildungsausgaben und Familienförderung belaufen sich nach Schätzung der Deutschen Bundesbank jährlich auf 151 Milliarden Euro. 22
› Hinweis
Das Institut für Weltwirtschaft an der Universität Kiel kam 2006 sogar auf die Summe von rund 240 Milliarden Euro (10,7% des BIP). 23
› Hinweis
Der Grund für diese divergierenden Zahlen liegt in der unterschiedlichen Beurteilung dessen, welche Ausgaben der Familienförderung
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