Kinderfrei
Tierschutz engagiert. Und ich liebe meine Arbeit.
Ich glaube, dass die meisten Menschen, die Kinder haben wollen, nicht wirklich darüber nachdenken, was sie tun. Es wird von ihnen auch gar nicht erwartet, dass sie sich damit auseinandersetzen, weil es so »natürlich« ist, Kinder zu kriegen.
Außerdem muss man (vor allem bei Männern) zwischen dem Wunsch, Vater zu werden, und dem Wunsch, Kinder großzuziehen, unterscheiden. Der Wunsch, seine Gene weiterzugeben, ist für viele Männer wichtig, das höre ich immer wieder von Freunden. Einfach ein Kind zu haben, egal wo es herkommt, beispielsweise ein Adoptivkind oder das Kind der Frau von einem früheren Partner, das kommt für viele Männer nicht infrage. Nein, es muss selbst eins gezeugt werden – als Beweis der Liebe oder als Beweis der Männlichkeit. Dabei ist es keine Leistung, ein Kind zu zeugen, dafür verdient keiner ein großartiges Lob. Viele Männer widmen sich einfach weiter ihrer Karriere, sobald das Kind da ist, oder verschwinden sogar aus dem Leben des Kindes. Wer es hingegen schafft, Kinder so großzuziehen, dass aus ihnen intelligente, ausgeglichene, glückliche, unabhängige und soziale Persönlichkeiten werden, der hat wirklich was geleistet.
Aber in erster Linie ist der Kinderwunsch eben nicht der Wunsch, Kinder zu erziehen und diese harte Arbeit zu erledigen, sondern ein sozialer und biologischer Zwang, Kinder in die Welt zu setzen. Durch diesen Zwang werden viele Menschen zum Kinderkriegen motiviert, die (aus persönlichen oder finanziellen Gründen) gar nicht in der Lage sind, für ein gutes Leben dieser Kinder zu sorgen. Das ist so eine egoistische Sache, nach dem Motto »Jeder hat Kinder, ich will auch Kinder«. Diese ganze Fixierung auf die genetische Verwandtschaft kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Ich habe so ein Beispiel in meiner eigenen Familie. Meine Schwester ist durch eine Eizellenspende schwanger geworden (sie lebt in Großbritannien). Als sie das schließlich in der Familie »gebeichtet« hat, haben einige Familienmitglieder extrem empört reagiert. Sie fühlten sich allen Ernstes betrogen. Man hätte ihnen ein fremdes Kind untergeschoben, sie hätten ihre Zuneigung und Geschenke an ein Kind verschwendet, das gar nicht mit ihnen verwandt ist. Glücklicherweise hat sich das wieder gelegt, aber diese erste Reaktion hat mich ziemlich aufgeregt.
Über die Frage, was für mich die größten Vorteile oder Nachteile der Kinderfreiheit sind, habe ich noch nie wirklich nachgedacht. Ich lebe mein Leben so, wie ich es für richtig halte, so, wie es für mich am besten ist. Und da gehört Kinderfreiheit eben einfach dazu.
4 Keine Rente für Eltern behinderter Kinder
Der Hass auf Kinderlose – und vor allem auf Kinderfreie – tritt nirgends so deutlich zutage wie in der allen Ernstes erhobenen Forderung, ihnen im wohlverdienten Ruhestand die Rente zu kürzen oder gar zu streichen. Nur wer sich »bevölkerungspolitisch korrekt« vermehrt hat, d. h. mindestens zwei Kinder in die Welt gesetzt hat, soll demnach in vollem Umfang Anspruch auf die umlagefinanzierte Rente haben. Alle anderen, also auch Eltern, die nur ein Kind haben, sollten gezwungen werden, den fehlenden Teil ihrer Altersversorgung privat anzusparen, fordert Hans-Werner Sinn, der Präsident des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung. 26
› Hinweis
Andere Verfechter einer kinderabhängigen Rente sind beispielsweise der Bevölkerungsforscher Herwig Birg, der Sozialrichter Jürgen Borchert oder der CSU-Politiker Norbert Geis. Begründet wird dieses Ansinnen damit, dass Eltern eine Leistung erbrächten, indem sie zukünftige Beitragszahler in die Welt setzen und großziehen. Von diesen würden später dann die Kinderlosen profitieren – indem sie die Rente beziehen, die mit den Beiträgen der dann erwachsenen Kinder finanziert wird –, ohne selbst eine entsprechende Leistung erbracht zu haben. 27
› Hinweis
Kinderlose und Kinderfreie lebten somit auf Kosten der Eltern.
Da fragt man sich doch, warum Herr Sinn die Dinge nicht gleich beim Namen nennt und fordert, dass auch die Eltern behinderter Kinder eine Rentenkürzung hinnehmen müssen, denn nach seinem Verständnis des Generationenvertrags leben auch sie schließlich auf Kosten der anderen Eltern. Es wäre nicht überraschend, wenn ihm dieser Gedanke tatsächlich schon durch den Kopf gegangen wäre – aber ihm fehlt wahrscheinlich der Mumm, ihn auch auszusprechen. Lieber prügelt er auf die Minderheit der
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